Nacht der Hexen
überhaupt einen Bindezauber zustande brachte,etwas, das selbst ich noch nicht vollständig gemeistert hatte. Moment – Eingebung: Wenn ich keinen makellosen Bindezauber sprechen konnte, konnte es dann Cortez? Interessante Überlegung.
»Okay, Sie sind also ihr Anwalt«, sagte Flynn, während sie die Papiere von sich schob. »Sie können sich dazusetzen und mitschreiben.«
»Bevor ich auch nur ein paar Minuten Zeit gehabt habe, mich unter vier Augen mit meiner Mandantin zu besprechen? Also wirklich, Detective, ich habe meine Zulassung doch nicht erst gestern bekommen. Wenn Sie uns jetzt bitte einen privaten Raum besorgen würden –«
»Dieser hier tut es doch.«
Cortez schenkte ihr ein humorloses kleines Lächeln. »Ganz sicher tut er es, mit Einwegspiegel und Videokameras. Noch einmal, Detective, ich möchte um einen privaten Raum und ein paar Minuten unter vier Augen bitten …«
Er redete immer noch, aber ich hörte ihn nicht mehr. Meine ganze Energie ging in einen letzten Versuch. Plopp! Mein Bein zuckte. Cortez sprach weiter, ohne zu merken, dass ich seinen Bann gebrochen hatte.
Ich verhielt mich still, sagte nichts, wartete ab. Eine Minute später stelzte Flynn aus dem Raum, um uns ein privates Zimmer zu besorgen.
»Sie fälschen also Unterschriften auf juristischen Dokumenten, Magier?«, murmelte ich.
Zu meiner Enttäuschung fuhr er nicht zusammen. Er zuckte nicht einmal. Ich glaubte ein verblüfftes Aufblitzen in seinen Augen zu sehen, als ihm klar wurde, dass ich seinen Bann gebrochen hatte, aber es konnte auch an der Beleuchtung liegen. Bevor er mir antworten konnte, kam Flynn zurück undgeleitete uns in einen anderen Raum. Ich wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, und setzte mich dann.
»Was für ein Zufall«, sagte ich. »Wie Sie es nur machen, immer gerade dann greifbar zu sein, wenn ich einen Anwalt brauche.«
»Wenn Sie damit andeuten wollen, dass ich in irgendeiner Weise mit Gabriel Sandford oder der Nast-Kabale liiert bin, dann möchte ich Ihnen hiermit versichern, dass ich meinen Ruf nicht durch eine solche Verbindung aufs Spiel setzen würde.«
Ich lachte.
»Sie sind zu jung, um so zynisch zu sein«, sagte er, während er sich wieder seinen Papieren zuwandte.
»Da wir gerade beim Thema sind – wenn Sie für Sandford arbeiten, sagen Sie ihm doch bitte, ich finde es beleidigend, dass er es nicht mal für nötig gehalten hat, einen richtigen ausgewachsenen Magier zu schicken. Wie alt sind Sie? Siebenundzwanzig? Achtundzwanzig?«
Er sortierte seine Dokumente. »Fünfundzwanzig.«
»Was?! Sie haben die Zulassung ja wirklich gestern erst bekommen. Jetzt bin ich ernsthaft gekränkt.«
Er sah weder von seiner Akte auf, noch veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Himmeldonnerwetter, er
hatte
keinen Gesichtsausdruck, der sich hätte verändern können. »Wenn ich für die Nasts arbeitete, wäre es doch nur logisch, dass sie jemand Älteren und somit vermutlich auch Kompetenteren schicken würden, oder nicht?«
»Vielleicht, aber es hat auch seine Vorteile, einen Typen zu schicken, der mir im Alter ziemlich nahe ist, oder?«
»Zum Beispiel?«
Ich öffnete den Mund, um zu antworten, und sah mir Cortezdann noch einmal an – den billigen Anzug, die Drahtbrille, den unveränderlichen Leichenbestatterausdruck. Und ich wusste, dass niemand hier an Verführung gedacht hatte.
»Na ja, Sie wissen schon«, sagte ich. »Ich würde vielleicht besser reagieren, eher einen Draht finden …«
»Die Nachteile meiner Jugend würden die Vorteile unseres ähnlichen Alters bei weitem überwiegen. Was nun die Frage angeht, warum ich passenderweise immer dann auftauche, wenn Sie gerade einen Anwalt brauchen, so kann ich Ihnen versichern, dass dazu weder interne Kenntnisse noch eine telepathische Befähigung vonnöten sind. Mord und satanische Altäre sind in East Falls nicht gerade alltägliche Begebenheiten. Einem ambitionierten Anwalt bleibt gar nichts anderes übrig, als eine ebenso ambitionierte Kontaktperson vor Ort zu kultivieren und sie dazu anzuhalten, Gerüchte über neue Entwicklungen in Ihrer Situation aufmerksam zu verfolgen.«
»Sie bestechen jemanden in der Stadt, damit derjenige Sie über mich auf dem Laufenden hält?«
»Bedauerlicherweise ist dies einfacher – und billiger –, als man meinen sollte.« Cortez schob die Papiere zur Seite und sah mir ins Gesicht. »Dies könnte der Fall sein, der meine Karriere in Gang bringt, Paige. Normalerweise wäre die Konkurrenz
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