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Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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verschwand im Inneren, bevor ich protestieren konnte. Ich schob Savannah hinein und folgte ihr in einen Lagerraum. Zwischen Kartonstapeln standen ein Klappstuhl und ein mit Akten bedeckter Tisch.
    Roberta Shaw trug ein Leinenkleid, modisch, elegant und maßgeschneidert; meine Mutter hat eine Damenschneidereibetrieben, ich kann ein gut gearbeitetes Stück also von einem WalMart-Sonderangebot unterscheiden. Aber obwohl das Kleid erstklassig war, war die Investition vergeudet. Wie viele üppige Frauen machte Shaw den Fehler, die Kleider zu groß zu tragen, und damit wurde aus einem teuren Kleid ein formloser Sack, der ringsum Falten schlug.
    Als meine Augen sich an den trüb beleuchteten Lagerraum gewöhnt hatten, setzte Shaw sich auf den Stuhl und begann sich mit ihren Papieren zu beschäftigen. Ich wartete ein paar Minuten und räusperte mich dann.
    »Ich – äh – würde das gern erledigen«, sagte ich. »Ich fühle mich nicht wohl hier.«
    »Moment.«
    Ich wartete. Noch einmal etwa zwei Minuten lang.
    Dann seufzte Savannah, bevor ich wieder etwas sagen konnte. Seufzte laut. »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, wissen Sie«, sagte sie.
    Shaw sah mich wütend an – mich, nicht Savannah, als könne Savannahs Unhöflichkeit nur meine Schuld sein.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Es geht ihr nicht besonders gut. Wenn Sie noch nicht so weit sind, gehen wir schnell zum Mittagessen und kommen dann wieder.«
    »Hier«, sagte sie, während sie mir einen Ordner hinschob.
    »Die Rechnung ist oben. Wir erwarten einen gedeckten Scheck, den Sie uns per Kurier zukommen lassen können. Unter keinen Umständen werden Sie sich mit den Carys in Verbindung setzen, sei es in Fragen des Honorars oder irgendeines anderen Aspekts Ihres Falles. Wenn Sie Fragen haben –«
    »Wende ich mich an Sie. Ich hab’s durchaus schon verstanden.«
    Ich ging zur Tür, riss am Knauf und stolperte rückwärts, als die Tür sich nicht öffnete. Ein eindrucksvoller Abgang, stimmt’s? Ich fand das Gleichgewicht und meine Würde wieder, griff nach dem Knauf, drehte ihn und schob. Immer noch nichts.
    »Gibt es da ein Schloss?«, fragte ich, während ich auf den Knauf hinunterstarrte.
    »Einfach drehen und ziehen wie bei jeder Außentür.«
    Miststück. Ich hätte es beinahe laut gesagt. Aber im Gegensatz zu Savannah gestattete mir meine Erziehung nichts dergleichen. Ich versuchte es noch einmal mit der Tür. Es passierte nichts.
    »Sie klemmt«, sagte ich.
    Shaw seufzte und wuchtete sich von ihrem Stuhl hoch. Sie kam zu uns herüber, winkte mich zur Seite, legte die Hand um den Knauf und zog. Die Tür blieb geschlossen. Von draußen hörte ich Stimmen.
    »Da draußen sind Leute«, sagte ich. »Vielleicht kriegen die die Tür von außen auf.«
    »Nein. Ich will nicht, dass Sie die Trauergäste behelligen. Ich sage dem Hausmeister Bescheid.«
    »Es gibt ja schließlich noch eine Vordertür, oder?«, sagte Savannah.
    Wieder stierte Shaw mich an.
    »Die Gründe, weshalb Sie die nicht nehmen werden, dürften offenkundig sein«, sagte sie, während sie nach ihrem Handy griff.
    Ich seufzte und lehnte mich an die Tür. Dabei fing ich einen gedämpften Wortwechsel von draußen auf. Ich kannte die Stimmen.
    »– einfach
zu
leicht«, sagte Leah.
    Sandford lachte. »Was hast du denn erwartet? Sie ist eine Hexe.«
    Die Stimmen verklangen; wahrscheinlich gingen die beiden zur vorderen Tür. Ich zerrte noch einmal an der Tür und murmelte diesmal eine Löseformel. Nichts.
    »Leah«, formte ich mit den Lippen zu Savannah hin und wandte mich dann an Shaw. »Vergessen Sie das mit dem Hausmeister. Wir gehen, und zwar jetzt.«
    »Sie können nicht –«, begann Shaw.
    Zu spät. Ich hatte die innere Tür bereits geöffnet und schob Savannah hindurch. Shaw packte mich am Rückenteil meiner Bluse, aber ich riss mich los und schob Savannah in den Gang hinaus.

Denkwürdige Gedenkfeier
     
    D raußen im Gang drängte ich Savannah vorwärts.
    »Nimm die erste Tür, die du siehst«, flüsterte ich. »Beeil dich. Ich bin direkt hinter dir.«
    Links von uns führte ein leerer Korridor ins Unbekannte. Sonnenlicht strömte durch eine Tür keine sechs Meter zu unserer Rechten herein – sechs Meter Gang, gedrängt voll mit düster gekleideten Trauergästen. Ich wandte mich nach links. Savannah allerdings hielt sich an meine Anweisung und wandte sich nach rechts, in Richtung Eingangstür – in Richtung Menschenmenge.
    »Sav–!«, zischte ich, aber sie war bereits außer

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