Nacht der Hexen
den geschlossenen Vorhang und schauderte. »Ich komme mir vor wie … belagert.«
»Ja, aber betrachte es stattdessen als eine Abschirmung. Keine Kabale würde im Angesicht einer solchen Anzahl von Zeugen aktiv werden. Du bist hier sehr viel sicherer, als du es etwa in einem isolierten Motel wärest.«
»Aber wenn sie vor Zeugen nicht aktiv werden … was wardasin dem Bestattungsinstitut? Das war ja auch nicht gerade eine Privatvorstellung.«
»Nein, und ich kann dir versprechen, dass demjenigen, auf dessen Initiative es zurückgeht, eine sehr ernste Verwarnung sicher ist. Jemand hat hier ohne entsprechende Vollmachten gehandelt und wird dementsprechend bestraft werden. Ich habe den Vorfall bereits gemeldet. Er wird von einem kabaleninternen juristischen Ausschuss untersucht werden.«
»Oha. Und das, nehme ich an, bedeutet nichts Gutes.«
Seine Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns. »Ich werde dich nicht mit den Details langweilen, aber nein, es bedeutet nichts Gutes. Von jetzt an kannst du davon ausgehen, dass Gabriel Sandfords Team sich an die bei Kabalen üblichen Einsatzregeln halten wird.«
»Die haben Regeln für …?« Ich schüttelte den Kopf. »Ich hole besser diesen Kaffee, bevor ich wirklich irgendwas Stärkeres brauche.«
Ich ging zur Küche und drehte mich dann um. »Wie wäre es mit etwas Essbarem? Ich glaube, keiner von uns hat heute Nachmittag seinen Burger gegessen.«
»Wenn du etwas isst, schließe ich mich gerne an, aber du brauchst –«
»Wie wäre es mit Keksen? Magst du Cookies mit Schokoladenstückchen?«
Er nickte. Ich schaltete den Backofen ein, holte ein Blech heraus und nahm einen Tupperbehälter aus der Tiefkühltruhe. Ich nahm den Deckel ab und zeigte Cortez die kleinen Teigbällchen. »Frische Kekse im Schnellverfahren«, sagte ich.
»Gute Idee.«
»Die Idee meiner Mutter. Nicht meine. Mütter beherrschen sämtliche Tricks, stimmt’s?«
»Das Kochen gehörte nie zu den Stärken meiner Mutter. Wir haben es einmal mit Keksen versucht. Nicht mal der Hund wollte sie.«
Ich hielt mitten im Verteilen der Teigbällchen auf dem Blech inne. Er hatte also bei seiner Mutter gelebt? Offensichtlich. Bei Mutter
und
Vater? Überließen Magier ihre Söhne den Müttern? Oder heirateten sie? Ich hätte gern gefragt, um unsere Hintergrundstorys zu vergleichen. Ich war immer neugierig darauf gewesen, wie andere Spezies ihre Angelegenheiten regelten. Es war, wie wenn man Backtricks von seiner Mutter lernte; auch andere Spezies mussten Strategien für das Leben in der Menschenwelt gelernt haben, Strategien, die ich vielleicht auf den Zirkel übertragen konnte, um unser Leben einfacher und weniger verstohlen zu gestalten. Ich erwog nachzufragen, aber das kam mir dann doch zu aufdringlich vor.
Als die Kekse im Ofen waren, schaltete ich die Kaffeemaschine ein und entschuldigte mich kurz, um aufs Klo zu gehen. Als ich zurückkam, goss Cortez gerade den Kaffee in zwei Becher.
»Schwarz?«, fragte er.
»Schwarz bei Tee. Kaffeesahne bei Kaffee«, sagte ich, während ich den Kühlschrank öffnete. »Merkwürdig, ich weiß, aber schwarzer Kaffee ist mir einfach zu stark. So trinkst du ihn aber, richtig?«
Er nickte. »Etwas, das ich mir am College angewöhnt habe. Wenn man genug Nächte über juristischen Texten verbracht hat, lernt man, sich das Koffein stark und schwarz zuzuführen.«
»Dann bist du also wirklich Anwalt. Ich gebe zu, als du gesagt hast, du hättest dich anfangs unter falschen Voraussetzungeneingeführt, habe ich gehofft, dass nicht gerade
der
Teil dazugehörte.«
»Kein Grund zur Besorgnis. Ich habe die Zulassung letztes Jahr bekommen.«
»Ziemlich jung, oder? Du musst das Studium auf der Überholspur durchgezogen haben.« Ich schaltete die Backofenbeleuchtung ein und ging in die Hocke, um einen Blick auf die Kekse zu werfen.
»Ich habe meine Studien recht kompakt gestaltet«, sagte er.
»Ebenso wie du, wenn ich mich nicht täusche.«
Ich lächelte ihm zu, als ich aufstand. »Hausaufgaben gemacht, was, Herr Anwalt?«
»Ein Abschluss in Informatik, mittlerweile fast drei Jahre alt. Von Harvard außerdem noch.«
»Nicht annähernd so eindrucksvoll, wie es jetzt klingt. Für Informatik hätte es viel bessere Universitäten gegeben, aber ich wollte nicht zu weit von zu Hause weg. Meine Mutter ist nicht jünger geworden. Ich hab mir Sorgen gemacht.« Ich lachte. »Wow, ich habe mich so daran gewöhnt, das zu sagen, jetzt glaube ich’s beinahe selbst. Die
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