Nacht der Leidenschaft
Eine unvollkommene Frau. Ich habe ihn gerade erworben. Eine beachtliche Leistung, obwohl noch einige Korrekturen vor seiner Veröffentlichung notwendig sind.“
„Sie können ihn nicht haben1 rief sie und schluckte eine Tirade von Schimpfworten hinunter, da sie mit ihrem scharfen Ton bereits mehrere Gäste auf sich aufmerksam gemacht hatte. „Ich habe ihn an Mr. Grover Steadman verkauft, vor Jahren, für zehn Pfund. Kaum war das Geld bezahlt, verlor er das Interesse daran und ließ ihn, soweit mir bekannt ist, in einer Schublade verschwinden.“
„Ja, ganz richtig. Ich habe den Roman erst vor kurzem erstanden und mit ihm die Rechte. Steadman hat dabei ganz schön abkassiert. Ihre Aktien sind gestiegen, seitdem Ihr letzter Roman solch ein Renner war.“
„Er würde es nicht wagen, den Roman an Sie zu verkaufen“, sagte sie erhitzt.
„Leider ist dem so.“ Jack trat näher an sie heran und murmelte ihr vertraulich zu: „Ehrlich gesagt, dies ist der Grund, warum ich Sie an jenem Abend aufgesucht habe.“ Er war ihr jetzt so nahe, dass er den zarten Zitronenduft ihres Haares wahrnahm. Erinnerte sie sich an die knisternde Spannung, als sie sich in den Armen gelegen hatten?
An die aufwallende Leidenschaft? Stundenlang hatte er danach gelitten. Die Lenden hatten geschmerzt, die Hände sich danach gesehnt, ihre weiche, samtene Haut zu spüren. Es war ihm so schwer gefallen, sie in jener Nacht zu verlassen. Aber er hätte es nicht über sich gebracht, ihr die Unschuld unter einem falschen Vorwand zu nehmen.
Eines Tages würde sie wieder in seinen Armen liegen, ohne Täuschung. Und dann würde ihn keine Macht der Welt davon abhalten.
Amandas Stimme klang brüchig, als sie fragte: „Wieso kamen Sie dann genau zu dem Zeitpunkt, an dem ich einen anderen Gast erwartete?“
„Mir scheint, dass mich unsere gemeinsame Freundin Mrs. Bradshaw an der Nase herumgeführt hat.“
„Wieso sind Sie mit ihr bekannt?” Amandas Silberaugen zogen sich zu Schlitzen zusammen. „Gehören Sie zu ihrem Kundenkreis?“
Nein, mein Pfirsich, murmelte Jack. „Im Gegensatz zu Ihnen habe ich die Dienste einer professionellen Geliebten nie in Anspruch genommen.“ Ein unverschämtes Grinsen zuckte um seine Mundwinkel, als sich ihr Gesicht zusehends knallrot färbte. Oh, wie freute es ihn, sie aus der Fassung zu bringen! Um ihre Schmach nicht noch zu verlängern, sprach er mit leiser Stimme weiter. „Ich bin mit Mrs. Bradshaw bekannt, weil ich gerade ihr erstes Buch herausgegeben habe Die Sünden der Madame B.“
„Vermutlich unsittliches Zeug“, zischte Amanda leise. „O ja“, erwiderte er begeistert. „Jede Zeile ein Anschlag auf Anstand und Moral.“
„Es überrascht mich nicht, dass Sie darüber mehr Stolz als Scham empfinden“, erklärte sie spitz.
Bei dieser Bemerkung hob er die Brauen. „Ich schäme mich keineswegs, dass ich so viel Geld habe, um ein Buch zu kaufen und zu verlegen, an dem die Leser offensichtlich großen Gefallen finden.“
„Die Leser wissen nicht, was gut für sie ist.“
Er lächelte gelassen. „Und vermutlich sind Ihre Bücher genau die richtige Kost für das Publikum?“
Amanda errötete. Sie war verwirrt und wütend. „Sie können meine Arbeit doch nicht auf die gleiche Stufe mit den ordinären Memoiren einer verrufenen Frau stellen!“
„Natürlich nicht“, lenkte er beschwichtigend ein. „Schließlich kann man Mrs. Bradshaw nicht als Schriftstellerin bezeichnen … ihre Memoiren sind nichts als Klatsch und Tratsch, den man auf der Hintertreppe hört. Wohingegen Sie ein Talent besitzen, das ich aufrichtig bewundere.“
Amandas Gesichtsausdruck spiegelte die miteinander streitenden Gefühle. Wie die meisten Schriftsteller hatte auch sie das Bedürfnis nach Lob und Anerkennung und freute sich, wenn auch widerstrebend, über sein Kompliment. Da sie sich jedoch nicht traute, es als bare Münze zu nehmen, warf sie ihm einen ironisch-misstrauischen Blick zu.
„Ihre Schmeichelei ist fehl am Platz und vollkommen wirkungslos.“ ließ sie ihn wissen. „Sparen Sie sich bitte Ihre Bemühungen und fahren Sie mit Ihrer Erklärung fort.“
Jack kam ihrem Wunsch nach. „Bei einer Unterhaltung, die ich erst kürzlich mit Mrs. Bradshaw führte, erwähnte ich meine Neuerwerbung – Eine unvollkommene Frau – und meine Absicht, Sie kennen zu lernen. Zu meiner Überraschung erzählte mir Mrs. Bradshaw, dass sie mit Ihnen bekannt sei. Sie schlug mir vor, Sie Donnerstagabend um acht Uhr zu
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