Nacht der Leidenschaft
fließenden Rauch entwickelte.
Fretwell nahm auf einem Stuhl gegenüber Platz und paffte freundlich schweigend vor sich hin, während er Überlegte, wie er seinen Freund vorsichtig in die Pflicht nehmen konnte. Die Wahrheit war, dass Devlin wie der Leibhaftige in Person aussah. Die letzten Wochen, in denen er schonungslos arbeitete, trank und nur wenige Stunden schlief, forderten ihren Tribut. Fretwell hatte ihn kein einziges Mal in einem solchen Zustand gesehen.
Jack Devlin war in Fretwells Augen nie ein besonders glücklicher Mensch gewesen. Er schien das Leben eher als eine Schlacht zu betrachten, die man besser gewann. Ein gewisses Maß an Freude war nicht eingeplant. Bedachte man allerdings seine Vergangenheit, so war dies nicht verwunderlich. Aber Devlin wirkte trotz allem immer unbesiegbar. Solange seine Geschäfte Erfolg hatten, war er arrogant und lässig und schien alles auf die leichte Schulter zu nehmen. Gute wie schlechte Nachrichten quittierte er mit beißendem Humor und kühlem Kopf.
Jetzt war es jedoch offensichtlich, dass ihn etwas aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, ein schwerwiegender Grund. Der Mantel der Unbesiegbarkeit war von ihm abgefallen. Zurück blieb ein Mann, der sich in einer ausweglosen Lage befand und keinen Rat wusste.
Fretwell konnte auf Anhieb sagen, wann die Krise begonnen hatte – bei der ersten Begegnung Jack Devlins mit Miss Amanda Briars. „Jack“, sagte er bedächtig, „es ist offensichtlich, dass dich in letzter Zeit irgendetwas bedrückt. Ich nehme nicht an, dass du darüber sprechen möchtest …“
„Nein.“ Devlin fuhr sich mit einer Hand durch das dichte schwarze Haar und zupfte geistesabwesend an einer Strähne, die ihm in die Stirn gefallen war.
„Es gibt aber etwas, das ich mit dir besprechen möchte.“ Fretwell paffte nachdenklich an seiner Zigarre, bevor er fortfuhr. „Soweit ich weiß, sind zwei unserer Autoren … ich bin mir nicht sicher, wie ich es nennen soll … eine Art von Beziehung eingegangen.“
„Tatsächlich.“ Devlin hob eine dunkle Braue.
„Und da du immer über bedeutsame persönliche Entwicklungen bezüglich unserer Autoren informiert sein möchtest, halte ich es für richtig, dich auch auf gewisse Gerüchte aufmerksam zu machen. Es wird erzählt, dass Miss Briars und Mr. Charles Hartley in letzter Zeit oft zusammen gesehen wurden. Einmal im Theater, mehrere Male bei einer Spazierfahrt im Park, außerdem bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen …“
„Ich weiß“, unterbrach ihn Devlin mürrisch.
„Verzeih mir, aber ich dachte, dass du und Miss Briars eine Zeit lang …“
„Du wirst noch ein alter Kümmerling, der sich in alles einmischt, Oscar. Such dir eine Frau und hör auf, dich um das Privatleben anderer zu scheren.“
„Ich hatte eine Frau“, antwortete Fretwell förmlich. „Und ich würde mich niemals in dein Privatleben einmischen oder auch nur einen Kommentar darüber abgeben, es sei denn, es beeinträchtigt deine Arbeit. Da ich einen Anteil an diesem Verlag habe, wenn auch einen kleinen, steht es mir zu, besorgt zu sein. Wenn du dich in rückläufige Umsatzzahlen manövrierst, dann ist jeder Angestellte davon betroffen, einschließlich meiner Person.“
Jack machte ein finsteres Gesicht und seufzte. Nachdenklich drückte er den Zigarrenstummel in der Kristallschale aus. „Verdammt noch mal, Oscar“, sagte er müde. Nur sein Geschäftsführer und langjähriger Freund konnte ihn derart in die Enge treiben. „Ich kenne dich zu gut und weiß, dass du mich nicht eher allein lässt, bis ich dir eine Antwort gegeben habe … Gut, ich streite nicht ab, dass ich eine Zeit lang Interesse an Miss Briars gehabt hatte.“
„Ein außergewöhnlich heftiges Interesse“, murmelte Fretwell.
„Tja, aber das ist nun alles vorbei.“
„Wirklich?“
Devlin stieß ein leises, kaltes Lachen aus. „Miss Briars ist viel zu vernünftig, um sich länger mit mir einzulassen.“
Er rieb sich den Nasenrücken. „Mit Hartley hat sie eine gute Wahl getroffen, Findest du nicht auch?“
Fretwell fühlte sich verpflichtet, aufrichtig zu antworten. „Wenn ich Miss Briars wäre, würde ich Hartley ohne zu zögern heiraten. Er ist einer der anständigsten Männer, die ich kenne.“
„Dann ist ja alles geklärt“, sagte Devlin barsch. „Ich wünsche den beiden alles Gute. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie verheiratet sind.“
„Aber … was ist mit dir? Willst du daneben stehen und zulassen,
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