Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht der Leidenschaft

Nacht der Leidenschaft

Titel: Nacht der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
getäuscht. Charles Hardey war der lebende Beweis dafür.
    Die glühende Leidenschaft, die Amanda gequält hatte, erstarb wie die Funken eines einstmals lodernden Feuers.
    Trotzdem weilten ihre Gedanken immer noch viel zu oft bei Jack, auch wenn sie es nicht wollte. Bei ihren seltenen Begegnungen schossen ihr heiße und kalte Schauer durch den Körper. Dann packte sie das alte Verlangen, und sie sehnte sich nach etwas, das sie nicht haben konnte. Glücklicherweise trafen sie sich nicht oft, und wenn, dann verhielt sich Jack mit vollendeter Höflichkeit. Die tiefblauen Augen waren freundlich, aber kühl, und er sprach ausschließlich von geschäftlichen Dingen, die sie beide betrafen.
    Charles Hartley andererseits machte keinen Hehl aus seinen Gefühlen. Es war leicht, diesen netten, unkomplizierten Witwer zu lieben, der wieder eine Frau an seiner Seite haben wollte. Er hatte alles, was Amanda an einem Mann bewunderte: Er war klug, moralisch und einfühlsam – und er besaß einen herrlich trockenen Humor.
    Seltsam, dass ihr Leben nach so vielen Jahren schließlich doch an diesem Punkt angelangte … ein rechtschaffener Mann machte ihr den Hof, und sie wusste, dass er sie heiraten würde, wenn sie ihre Zustimmung gab. Irgendetwas an Charles Hartley unterschied ihn von allen anderen Männern, die sie kannte – es war erstaunlich leicht, ihm zu vertrauen. Ihr Herz sagte ihr, dass er sie immer respektieren würde. Außerdem teilten sie die gleichen Interessen. In kurzer Zeit war er ihr zu einem außergewöhnlich lieben Freund geworden.
    Wenn sie sich doch nur körperlich von ihm angezogen fühlte! Wann immer sie sich vorstellte, mit ihm ins Bett zu gehen, fehlte die Aufregung. Vielleicht würde sich dieses Gefühl mit der Zeit einstellen … vielleicht würde sie auch Zufriedenheit in einer harmonischen, aber leidenschaftslosen Ehe finden, so wie ihre beiden Schwestern.
    Sie schlug den richtigen Weg ein, versicherte sich Amanda immer wieder im Stillen. Sophia hatte Recht gehabt – es war an der Zeit, eine eigene Familie zu gründen. Wenn Charles Hartley ihr einen Antrag machte, würde sie ihn heiraten. Vielleicht würde sie ihre Karriere in den Hintergrund stellen oder auch ganz aufgeben und sich in den Alltäglichkeiten verlieren, mit denen eine Durchschnittsfrau zu tun hatte. Es ist immer schwieriger für die Menschen, die gegen den Strom schwimmen hatte Sophia zu ihr gesagt, und die Wahrheit dieser Worte wog mit jedem Tag mehr. Wie schön wäre es, wie angenehm, ihren fruchtlosen Sehnsüchten zu entsagen und wie jeder andere Mensch zu werden.
    Als sich Amanda für eine Spazierfahrt mit Charles umkleidete, bemerkte sie, dass ihr bestes Reisekostüm aus gerippter apfelgrüner Seide mit einem der Figur schmeichelnden, V-förmigen Mieder zu eng geworden war und sich kaum mehr schließen ließ.
    „Sukey“, sagte sie mit einem ärgerlichen Seufzer, als die Zofe ihr mühsam die Knöpfe am Rücken zumachte, „vielleicht kannst du das Korsett noch ein wenig enger schnüren. Ich glaube, ich muss eine Diät machen. Weiß der Himmel, wieso ich in den letzten Wochen so viel zugelegt habe!“
    Zu ihrer Überraschung lachte Sukey nicht, bedauerte sie auch nicht und war nicht wie sonst mit ihren guten Ratschlägen zur Stelle. Sie stand nur regungslos hinter ihr.
    „Sukey?“, fragte Amanda und drehte sich zu ihrer Zofe um. Der merkwürdige Ausdruck auf ihrem Gesicht erstaunte sie.
    „Es ist vielleicht besser, wenn ich Sie nicht enger schnüre, Miss Amanda“, sagte Sukey vorsichtig. „Es könnte Ihnen schaden, wenn Sie …“ Ihre Stimme verebbte.
    „Wenn ich was?“, fragte Amanda, durch das Schweigen der Zofe verunsichert. „Sukey, du sagst mir jetzt sofort, was dir im Kopf herum spukt. Du siehst ja fast so sofort, was dir im Kopf aus, als dächtest du, ich sei…“
    Sie brach plötzlich ab, als sie die unausgesprochene Frage der Frau begriff. Sie spürte, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich, und legte eine Hand auf den Bauch.
    „Miss Amanda“, fragte die Zofe zögernd, „wann hatten Sie das letzte Mal Ihre Tage?“
    „Oh, das ist schon länger her“, meinte Amanda mit einer wie von fern kommenden, fremd klingenden Stimme.
    „Vor zwei Monaten, würde ich sagen … es könnte auch länger zurückliegen. Ich war zu beschäftigt und abgelenkt, um mir darüber Gedanken zu machen. Erst jetzt …“
    Sukey nickte stumm; anscheinend hatte es ihr die Sprache verschlagen.
    Amanda drehte sich um und ging zu dem in

Weitere Kostenlose Bücher