Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
aussehender Typ, der sagte, dass er keine Hintergedanken habe.
Natürlich hatte Bill das nie zu verstehen gegeben, wurde Ziggy klar. Er hatte gesagt, dass er hier war, nicht weil er sich darüber Sorgen machte, ob Ziggy verschwinden wollte.
Vielleicht war er hier, weil Nate ihn hergeschickt hatte. Vielleicht war ihm bloß langweilig, oder er war Alkoholiker. Vielleicht war er ein Vampir-Groupie, und vielleicht war er am Ende nur geschickt darin, es gut zu verbergen. Vielleicht war er hergekommen, um Ziggy zu suchen, aber aus einem ganz anderen Grund.
„Ich versuche nicht, dich aufzureißen“, sagte Bill leise. Ziggy starrte ihn an. „Kannst du Gedanken lesen?“ „Nein.“ Bill lachte, aber seine Augen blieben ernst.
„Aber ich habe es dir angesehen. Jesus, hast du in der letzten Zeit ein paar schwierige Beziehungen hinter dich gebracht, oder was ist los?“
„Oder was ist los. Lass uns das Thema wechseln.“ Ziggy stand auf und drückte die Zigarette aus, bevor er einige Münzen auf die Theke warf. Er ging auf die Tür zu. Auf der einen Seite wünschte er sich, dass Bill verdammt noch mal verschwand, auf der anderen Seite wollte er, dass er ihm folgte. Seltsam.
Aber er tat nichts dergleichen. Er blieb einfach dort auf seinem Platz sitzen. „Du musst mir gegenüber nicht den harten Mann markieren. Ich meine, ich weiß, dass ich hier unglaublich beeindruckt von all dem sein müsste, aber das Unerreichbare wird schnell langweilig.“
Lustig. Ziggy lächelte, aber bemühte sich, wieder ernst auszusehen, als er sich zu Bill umdrehte. „Ich verstehe nicht, was du meinst.“
So wie Bill lachte, konnte Ziggy nur schwer erkennen, ob er ärgerlich war oder nicht. „Ich sage dir, dass du es lassen kannst, hier einen auf aufmüpfigen Teenager zu machen, dem alles egal ist, und dass du dich mit mir ein paar Minuten lang vernünftig unterhalten sollst. Wenn wir aufhören, uns mit unserem gewieften Geplänkel übertrumpfen zu wollen, könnten wir vielleicht miteinander auskommen.“Dieses Mal zeigte Ziggy sein Lächeln. „Ich dachte, wir kämen miteinander aus.“
„Und ich dachte schon, wir probten nur für eine miese romantische Komödie.“ Bill deutete auf den Hocker neben sich. „Setz dich, wir haben noch Zeit bis zur letzen Bestellung.“
Also redeten sie weiter. Und redeten. Und jedes Mal, wenn Ziggy das Bedürfnis hatte, sich ganz natürlich zu verhalten, folgte er seinem Instinkt. Und jedes Mal, wenn Jacob – falsch, der Souleater, so tat es weniger weh, wenn er an ihn dachte – versuchte, in seine Gedanken einzudringen und ihn mit seltsamer Unsicherheit oder mit der Idee, dass er niemals von einer anderen Person als seinem Schöpfer geliebt oder gar respektiert werden würde, zu irritieren, dann verdrängte Ziggy das auch.
Bill war eigentlich ein ganz cooler Typ. Er kannte lustige Geschichten über Vampire, Soldaten, über eigentlich alles. Sogar die Erzählungen, die an sich eigentlich nicht lustig waren, sprühten vor Witz, denn er war irgendwie … er war eben ein lustiger Typ.
Ja, er war toll. Ziggy fand ihn so toll, dass sie die Zeit vergaßen und die letzte Bestellung schneller kam als erwartet. Das stank ihm gewaltig.
Und als sie vor der Wohnung standen, war die obere Tür abgeschlossen, und das passte ihm ebenso wenig.
„Mich beschleicht das Gefühl, dass die Tür aufgrund privater Motive abgeschlossen ist, nicht aus Sicherheitsgründen“, sagte Bill und kicherte, woraufhin ihn Ziggy anstarrte. Er räusperte sich und versuchte zumindest reumütig auszusehen. „Tut mir leid. Niemand möchte sich seinen Dad vorstellen, wie er Sex hat.“
Zumindest war der Buchladen nicht abgeschlossen. Ziggy führte Bill hinein und deutete auf die hinterste Ecke, die hinterumgestürzten Regalen verborgen lag. „Vielleicht steh mein altes Bett noch in dem Hinterzimmer vom Laden. Da kannst du bequem schlafen.“
„Und wo gehst du hin?“, frage Bill, während sie sich einen Weg durch die Trümmer bahnten. „Gehst du zurück auf die Straße, um den brütenden Vampir zu spielen?“
Ziggy war empört. „Ich werde nicht weglaufen, falls du das meinst.“
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nicht davon ausgehe, dass du das tun wirst. Aber es scheint ein wenig einsam, in der Stadt herumzulaufen, die um einundzwanzig Uhr die Bürgersteige hochklappt, während du hier in guter Gesellschaft sein könntest.“
„Ich bin gern allein.“ Ziggy drehte sich um und ging zur Tür.
„Okay, verstehe.
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