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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Arm.
    «Geben Sie ihr einen Schubs!», sagte Katharina. «Sie betteln auf unverschämte Weise, und außerdem haben sie Flöhe!»
    Laura sah in das lächelnde Gesicht des Mannes, der ihr gegenübersaß. Er hatte rosige Wangen und kaum Falten, obwohl er sicher Ende fünfzig war. Sein graues Haar war voll und gut geschnitten, seine Augen hell und freundlich.
    «Es stimmt!», sagte er mit weicher Stimme. «Sie haben wirklich Flöhe. Und die beißen! Mein Name ist Hubertus Hohenstein.» Er deutete mit seinem Oberkörper eine leichte Verbeugung an.
    Laura schob die Katze sanft von der Bank. Das Tier antwortete mit einem klagenden Aufschrei.
    «Hören Sie nicht auf diesen Protest», sagte Hohenstein. «Wir füttern sie reichlich. Außerdem kommt jeden Tag die Verwalterin des Klosters und füttert sie ebenfalls.»
    «Danke für den Tipp», erwiderte Laura und lächelte. «Ich bin nicht scharf auf Flöhe!»
    Katharina reichte Guerrini und Laura Teller, wies auf die Käseplatte und den Obstkorb und schenkte beiden ein Glas Rotwein ein.
    «Zum Wohl! Salute! Willkommen im Kreis der Verdächtigen!» Alle starrten den zweiten Mann der Gruppe an, der sich halb erhoben hatte und sein Glas hochhielt. Laura empfand spontanen Widerwillen gegen ihn. Er sah  nicht schlecht aus, beinahe hübsch. Groß, schlaksig, braunes Haar, das ihm ein wenig in die Stirn fiel. Doch seine Augen unter den langen Wimpern waren zu klein, sein Mund zu weich. Als niemand seinen Toast erwiderte, trank er einen großen Schluck und setzte sich wieder.
    «Dann eben nicht!», sagte er mit brüchiger Stimme. «Meiner Meinung nach sollten wir das Beste aus dieser verrückten Situation machen. Mein Name ist übrigens Berger, Rolf Berger! Für Ihre Akten!»
    «Ich denke, das hat Zeit!», erwiderte Laura kühl. «Ich kann mir vorstellen, dass Sie alle unter großer seelischer Anspannung stehen. Ich werde mich in den nächsten Tagen mit Ihnen unterhalten. Mit jedem einzeln, vielleicht aber auch mit der Gruppe. Das wird sich ergeben. Ich bin mit Commissario Guerrini nur hergekommen, um mich vorzustellen und Ihnen zu erzählen, dass die deutsche und die italienische Polizei in diesem Fall zusammenarbeiten.»
    Eine große, magere Frau sprang auf, hielt sich an einer der Säulen fest und murmelte, dass ihr nicht gut sei. Eine zweite Frau stützte sie und führte sie ins Haus.
    Laura warf Katharina Sternheim einen fragenden Blick zu.
    «Das war Rosa Perl. Sie ist wirklich krank. Britta Wieland ist Krankenschwester und kümmert sich um sie. Wirklich ein Glück, dass wir zufällig eine Krankenschwester in der Gruppe haben.»
    «Was fehlt Rosa Perl?», fragte Laura.
    «Sie hat Krebs!» Es war Rolf Berger, der antwortete, und seine Antwort klang scharf, beinahe schrill, wie eine Kampfansage.
    Laura nickte leicht. Die Anstrengung der letzten Tage ergriff plötzlich von ihrem Körper Besitz. Ihr Rücken schmerzte, irgendwo in der Gegend der Lendenwirbel. Sie fragte sich, warum dieser Berger so angriffslustig war, sich derartig hervortat. Nach Lauras Erfahrungen hatte irrationale Wut meist etwas mit Schuldgefühlen zu tun. Sie trank einen Schluck Wein, nahm vom Käse, brach eines der großen Stücke Ciabatta, die in einem Korb lagen. Der Wein war gut, samtig und trocken zugleich.
    Vater würde ihn schätzen, dachte sie. Ich werde ihm ein paar Flaschen mitbringen. Rosso di Montalcino.
    Ein sanfter Wind wehte von den entfernten Hügeln im Westen, zauste die Geranien, die in großen Terrakottakübeln wuchsen. Am Himmel gingen die ersten Sterne auf, unversehens blitzten sie in der noch rosigen Dämmerung.
    «Haben Sie mit Carolins Eltern gesprochen?» Eine schüchterne Stimme brach das Schweigen. Sie gehörte einer kleinen rundlichen Frau um die dreißig mit praktischem Haarschnitt und kräftigen Oberarmen.
    «Ja, das habe ich», antwortete Laura.
    «Es muss schlimm gewesen sein.» Die Frau zuckte zusammen, als eine Katze neben ihr auf die Bank sprang, erstarrte sie.
    Hubertus Hohenstein verjagte das Tier.
    «Danke!», flüsterte die Frau. «Sie müssen wissen, dass ich an einer Katzenphobie leide.»
    «Dann ist das hier genau der richtige Platz, um sie loszuwerden», lächelte Laura.
    «Vielleicht», seufzte die Frau. «Es ist schon ein bisschen besser geworden. Aber sagen Sie, wie haben Carolins Eltern die Nachricht aufgenommen? Ich hab viel an sie denken müssen in den letzten Tagen.»
    «Sie waren erschüttert, ja verzweifelt, aber letztlich sehr gefasst. Ich habe mich gewundert,

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