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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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ausgeschlossen und ihn aufgefordert, das Kloster zu verlassen. Er kann in eine Pension nach Montalcino übersiedeln, dann hat die Polizei ihn ebenfalls unter Kontrolle!»
    «Das ist vielleicht nicht mehr nötig», erwiderte Laura und warf Katharina Sternheim einen kurzen Blick zu. Das Gesicht der Therapeutin war grau. «Haben Sie eigentlich öfter solche schweren Auseinandersetzungen mit Klienten?»
    «Es ist schon vorgekommen», murmelte Katharina.
    «Und was ist mit Susanne Fischer? Rosa Perl erzählte, dass Sie auch Susanne Fischer ausgeschlossen haben.»
    «Susanne hat nie zur Gruppe gehört. Sie ist nur Zuschauerin. Sie verunsichert die anderen durch ihre bloße Existenz. Haben Sie bemerkt, wie sie sich beim Tod der Katze verhalten hat? Sie stand im Schatten und sah zu. Sah einfach nur zu.»
    Laura wurde in diesem Augenblick bewusst, dass sie Susanne Fischer bisher kaum wahrgenommen hatte. Sie erinnerte sich überhaupt nicht, ob die Frau an der Beerdigung des Kätzchens teilgenommen hatte.
    «Haben Sie eine Idee, warum Susanne Fischer hier ist?»
    Katharina stieß einen zischenden Laut aus.
    «In der ersten Sitzung hat sie eine sehr bedeutungsschwangere Erklärung abgegeben: Sie sei hier, um etwas Wesentliches für ihr Leben zu klären.»
    «Und dann kam nichts mehr?»
    «Wenig bis gar nichts. Nur scharfe, allerdings meistens zutreffende Bemerkungen über andere.»
    Sie hatten die Treppe zur Veranda erreicht.
    «Gab es eine Person, die von diesen Bemerkungen mehr betroffen war als die anderen?», fragte Laura.
    Katharina runzelte die Stirn.
    «Auf diese Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Warten Sie. Am Anfang war es Carolin. Aber es traf auch Rosa, Berger und Hubertus. Und mich natürlich. Weniger Britta und Monika.»
    «Hatten Sie jemals den Eindruck, dass Susanne Fischer und Rolf Berger sich kannten? Ich habe Ihnen diese Frage schon einmal gestellt. Denken Sie nach, Katharina. Es ist wichtig! Sie als Therapeutin müssten solche Schwingungen erkennen.»
    Katharina schüttelte den Kopf.
    «Manchmal dachte ich es, dann wieder nicht. Ich kann es nicht sagen. Berger hat Susanne einfach nicht beachtet. Wenn ich es mir genau überlege, dann hat er sie behandelt, als wäre sie nicht da. Nur ab und zu …»
    «Ja?»
    «… ab und zu kam es zwischen den beiden zu einem heftigen Schlagabtausch. Einmal habe ich sogar beide aufgefordert, sich zu entschuldigen.»
    «Haben sie es getan?»
    «Susanne tat es. Berger weigerte sich.»
    «Worum ging es dabei?»
    «Susanne nannte ihn einen Vorstadt-Casanova!»
    «Hatte sie wohl nicht so Unrecht, oder?»
    «Nein», murmelte Katharina. «Ich glaube, sie hat sich auch nur entschuldigt, um nicht weiter aufzufallen. Seltsam, nicht wahr?»
    «Ja, seltsam», erwiderte Laura.
    Rosa Perl kam ihnen zwei Schritte entgegen, umklammerte das Geländer.
    «Haben Sie etwas von Rolf gehört?» Ihre Pupillen erschienen Laura unnatürlich groß, als hätte sie Drogen genommen.
    «Nein», sagte Laura, «aber die italienischen Polizeibeamten werden gleich hier sein. Sie wollen das Gelände um die Abbadia absuchen.»
    «O mein Gott!», wisperte Rosa. «Wo ist er denn hin? Warum hat er mir nichts gesagt? Warum läuft er mitten in der Nacht weg?»
    «Wir wissen es nicht, Rosa.» Katharina legte ihre Hand auf Rosas Arm, doch Rosa zog ihn weg.
    «Du bist schuld!», flüsterte sie. «Du hast ihn dazu getrieben! Du hast gesagt, dass er ein Psychopath ist!» Ihre Stimme wurde lauter. «Du hast ihn in den Selbstmord getrieben! Er ist sensibel und empfindlich! Du hast es gewusst!» Rosas Stimme kippte, sie brach in Schluchzen aus, schlug mit der Faust gegen das Geländer. Katharinas fahles Gesicht zuckte. Einen Augenblick sah es so aus, als wollte sie heftig antworten, dann atmete sie tief ein und ging an Rosa vorbei nach oben. Laura betrachtete die Gesichter der anderen. Atemlos und stumm hörten sie zu, als sei diese Szene Teil einer Gruppensitzung. Als sie sich umdrehte, sah sie die verschwommenen Köpfe der drei Französinnen hinter einer Fensterscheibe.

K urz darauf brachen Jeeps und Mannschaftswagen der Carabinieri in den Hof der Abbadia, Motoren heulten, Staubwolken wirbelten, Hunde bellten. Es stank nach Abgasen. Tauben flüchteten mit knatternden Flügelschlägen. Laura ging den Uniformierten langsam entgegen, versuchte locker zu bleiben, in den Bauch zu atmen, trug den Kopf hoch.
    «Wer von Ihnen ist Maresciallo Pucci?», fragte sie und war froh, den festen Klang ihrer Worte zu hören. Sie hatte

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