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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Giles
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und zog den ganzen Stoß fort. »Hier ist eine neue Karte, in der alle Fälle von gewaltsamem Tod in den letzten dreizehn Jahren eingezeichnet sind.«
    Er schlug die neue Karte auf. Jeder aufmerksame Beobachter mußte nun das Muster erkennen. Inmitten aller anderen Mordfälle des Bundesstaates existierte eine deutliche Zone der Gewalttätigkeit. Sie hatte die Form eines Kreises oder Rades.
    »Wie ihr seht, ist Sanscoeurville der Mittelpunkt«, sagte Zachary. »Der innere Rand beginnt etwa fünfzig Meilen um Sanscoeurville, der äußere Rand ist rund siebzig Meilen entfernt. Die Verbrechensquote innerhalb des Rades und rund um Sanscoeurville ist höher, aber nur um weniges höher als unmittelbar außerhalb des Rades.«
    »Wie sonderbar!« sagte Lily.’
    »Reiner Zufall, nichts weiter«, meinte Duffy.
    Zachary schüttelte den Kopf. »Gerade du als Psychiater bist der letzte, der von reinem Zufall sprechen sollte, Duff.«
    »Erstaunlich!« Ward starrte die Karte an. Dann wandte er sich an Jeanne. »Vielleicht hilft uns diese Unterlage bei unserer Studie weiter. Aberglauben ist oft mit Gewalttätigkeit verbunden. Womit sich die Frage ergibt: erzeugt er Gewalttätigkeit?«
    »Aber weshalb dieser Ring um Sanscoeurville, Ward?« fragte Jeanne.
    Ward sah Zachary an. »Hast du eine Erklärung dafür?«
    »Jeder Kriminologe kann dir sagen, daß Sanscoeurville nicht halb so harmlos ist, wie es sich gibt. Und er wird dir weiter sagen, daß sich vorsätzliche Blutverbrechen im allgemeinen nicht in der unmittelbaren Nachbarschaft des Täters selbst ereignen.«
    »Du meinst also, daß jemand, der in Sanscoeurville — oder Umgebung wohnt...« begann Lily.
    ». . . ein vielfacher Mörder ist, der vielleicht auch die Verantwortung für Bonnie Wallaces Tod trägt«, fiel Ward ihr ins Wort.
    »Der hat sich viel zu nahe ereignet«, wandte Jeanne ein.
    »Wenn Zack recht hat, dann haben wir innerhalb des Kreises tatsächlich eine etwas höhere Verbrechensquote als außerhalb«, sagte Ward. »Und wenn dieses Muster die Existenz eines Berufsverbrechers beweist, dann wird unser Mörder eines Tages auch das eigene Nest beschmutzen.«
    »Unser — oder unsere — Mörder«, sagte Zachary leise.
    »Du denkst an mehrere?« fragte Ward überrascht. »Aber das ist doch höchst unwahrscheinlich.«
    »Nicht so sehr, wie du denkst.«
    Sie entfernten sich vom Tisch. Die Diskussion ging weiter. Duffy war sehr froh, daß Roxanne nicht mitgekommen war. Ganz abgesehen von Lilys Gegenwart hätte dieses Gespräch sie nur unnötig erregt. Er sehnte das Ende des Abends herbei. Seit dem Kuß im Auto wußte er, daß diese Zusammenkunft für ihn nichts weiter als ein Vorwand gewesen war, Lily zu treffen.
    Es war nur ein einziger, kurzer Kuß gewesen. Sie hatte sich nicht gesträubt. Er hatte den Mund auf ihre kühlen Lippen gedrückt und erst nach Sekunden eine zaghafte Erwiderung gespürt. Das war alles. Er hatte sie losgelassen. Sie war langsam von ihm abgerückt, und er hatte den Wagen gestartet. Schweigsam waren sie zu den Douglases gefahren. Von dem Kuß wurde nicht gesprochen.
    Die Heimfahrt verlief ebenso schweigsam. Anfangs hatte er befürchtet, ihr Einvernehmen könnte nun gestört sein, aber das stimmte nicht. Sie hatte sich den ganzen Abend nicht reserviert verhalten. Und jetzt lehnte sie in der Dunkelheit des Wagens an seiner Schulter.
    Er hielt vor ihrem Haus an, ohne sich darum zu kümmern, ob die Nachbarn es bemerkten oder nicht. »Geh noch nicht«, flüsterte er vor ihrer Haustür.
    »Gut.«
    Sie setzten sich auf die Gartenschaukel. Er drehte sich halb zu ihr, um sie besser sehen zu können. Sie löste sofort ihre Zöpfe, die als goldene Krone auf ihrem Kopf lagen. Selbst im Dämmerlicht schimmerten sie golden.
    »Du bist nicht böse«, sagte er.
    »Weil du mich geküßt hast? Natürlich nicht.«
    »Du weißt ja, wie es ist. . . mit Roxanne und mir.«
    » Ja .«
    »Wie wird das wohl weitergehen«, murmelte er verzweifelt.
    »Ich weiß es. Du hast es mir gesagt.«
    Schweigend sah er zu, wie sie die letzten Nadeln aus ihren Flechten zog. Dann fiel ihr das Haar wie ein dunkelgoldener Wasserfall auf die Schultern.
    »Ich muß jetzt wohl gehen«, sagte er schließlich.
    Sie antwortete nicht. Sie hatte einen Kamm aus ihrer Handtasche gezogen und fuhr sich damit durchs Haar.
    Genauso unvermittelt wie beim ersten Mal beugte er sich über sie. Seine Hände glitten über ihren Körper, und er küßte sie. Diesmal reagierte sie um eine Spur rascher. Sie

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