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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kutscher und hielt die Schimmel im leichten Trab.
    »So fahren wir noch zwei Stunden lang, Margit.«
    »Bis ans Ende der Welt.«
    »Fast. Unser Heidehof ist wirklich das letzte Stück Zivilisation. Um uns herum wird nur noch der Himmel sein und vielleicht ab und zu ein Schäfer, der seine Schafherde an uns vorbei treibt.«
    »Auch der ist schon zuviel. Ich will mit dir allein sein … ganz allein … immer allein …«
    Klaus Blankers hielt mit einem Zügelruck die Schimmel an. Er ließ die Lederriemen fallen, legte den Arm um Margit und zog sie an sich.
    »Sag das noch einmal!« Seine Stimme schwankte.
    »Ich möchte immer mit dir allein sein.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte Blankers das Gesicht Margits zu sich und küßte sie. Es war ein langer, zärtlicher Kuß, ganz anders als der verzweifelte Kuß, mit dem Margit ihn im Krankenzimmer überraschte. Es war ein Kuß, der ein heiliges Versprechen bedeutete: Ich gehöre dir. Ich liebe dich.
    Klaus Blankers sprang nach diesem Kuß vom Kutschbock, hob Margit herunter und holte aus der Tasche seiner Jacke einen kleinen, flachen Kasten. Er ließ ihn aufschnappen und hielt ihn Margit hin.
    Auf einem roten Samtpolster lagen zwei breite, ziselierte Verlobungsringe.
    »Du Gauner!« lachte Margit und griff nach dem kleineren Ring. »Du hast alles vorbereitet.«
    »Bis ins letzte.«
    »Und wenn ich dir nicht gesagt hätte, daß ich …«
    »Dann hätte ich es getan. Spätestens hinter diesem Hügel dort. Von dort oben kannst du nämlich unser Haus sehen. Fern am Horizont. Ein langes, grau gewordenes Strohdach. ›Dort ist es‹, hätte ich gesagt. ›Aber betreten darf es nur ein Liebespaar, so will es die Sage dieses Landes.‹ Margit, ich liebe dich!« Blankers seufzte. »Wie gut, daß ich es nicht zu sagen brauchte. Ich hatte eine solche Angst davor.«
    »Warum Angst, Liebster?« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Nase. »Hattest du erwartet, ich würde nein sagen?«
    »Ich bin ein alter Esel, ich weiß!« Er lachte und streifte seinen Ring über den Finger. »Meiner paßt! Und deiner?«
    »Wie angemessen.«
    »Ist er auch. Ich habe mir von deiner Mutter einen deiner Ringe als Größenmuster geben lassen.«
    »Sie wußten also alle Bescheid?« Margit stemmte die Hände in die Hüften. Wie eine junge, wunderhübsche Marktfrau sah sie aus in ihrem Dirndlkleid, den Söckchen und den Sportschuhen. »Ihr habt mich also alle für ein Dummerchen gehalten? O du, das sollst du mir büßen!« Sie hob beide Arme und breitete sie weit aus. »Hierher, du Verbrecher! Küß mich, sonst zerkratze ich dir das Gesicht!«
    Mit einem Jauchzer flog sie auf Blankers zu.
    Ich zerplatze vor Glück, dachte sie. O Gott, ich explodiere!
    Als sie eine Stunde später in den Hof der einsamen Heidekate einfuhren, sang Klaus Blankers mit lauter Stimme ein Wanderlied. Er mußte einfach singen; irgendwie muß der Mensch zeigen, wie unendlich glücklich er ist.
    *
    Drei Wochen blieben Margit und Klaus in der Heide. Sie lebten zusammen wie Schwester und Bruder, ein seltsames Zusammensein, aber sie waren glücklich. Klaus Blankers, angefüllt mit Sehnsucht wie ein überlaufender Krug, bedrängte sie nie; sie muß den Schreck überwinden, dachte er. Ich muß sie ganz vorsichtig wieder zu sich selbst führen. Einmal wird die Nacht kommen, in der wir zueinander finden und die Vergangenheit im Feuer unserer Liebe endgültig verbrennt.
    So lebten sie in einem selbstgeschaffenen Paradies. Niemand sah sie, keiner hörte von ihnen. Nur der Laufbursche des Wirtes von Wulfbüttel kam jeden dritten Tag mit dem Rad zur Kate und brachte frische Butter, Eier, Wurst, Gemüse, Fleisch, Backwaren und Brot; eben alles, was man zum Leben braucht. Einen Kühlschrank gab es ja nicht im Haus. Das Zeitalter der Elektrizität war hier so weit entfernt wie der Mond.
    Nach drei Wochen fuhren Klaus und Margit wieder zurück nach Hamburg, braungebrannt, mit leuchtenden Augen, zwei fröhliche Menschen, die wußten, wie ihre Zukunft aussieht.
    »Wir heiraten!« sagte Margit deshalb auch als erstes, als sie ihre Mutter umarmt und geküßt hatte. »Wir heiraten ganz schnell. Wir haben gar keine Zeit mehr.«
    »O mein Kleines«, sagte Lisa Bernhardt und drückte Margit an sich. »Wie froh bin ich, wie froh. O madre de Dios.«
    Hubert Bernhardt nickte mit glücklichem Lächeln. »Sie spricht spanisch, Klaus!« Er klopfte Blankers auf die Schulter. »Du hast auch ihr Herz erobert. Aber nun kommt erst mal richtig ins

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