Nacht der Versuchung
bitte!
»Es wird gehen.« Blankers rechnete. »Es ist nämlich so … Ich muß vorher noch einmal nach Spanien. Die neuen Stahleinkäufe machen eine Besprechung mit den spanischen Kunden notwendig. Ich kann dann vielleicht sogar die auf den Markt drängenden Japaner ausboxen. Was sagst du dazu?«
»Ich möchte mit«, sagte Margit leise. Wie ein frierendes Vögelchen kauerte sie im Sessel.
»Was möchtest du?« fragte Blankers überrumpelt.
»Mit nach Spanien.«
»Und Monika? Stell dir die Strapazen für die Kleine vor, Hinflug, Rückflug, zwei Tage Hotel. Länger als drei, vier Tage will ich ja ohnehin nicht in Barcelona bleiben.«
»Trotzdem, ich möchte mit.« Sie sagte es beinahe trotzig. »Auf Monika kann Mama aufpassen, diese vier Tage lang.«
»Du wirst an der Reise wenig Freude haben, Liebling. Ich werde mich kaum um dich kümmern können.«
»Aber am Abend bist du wenigstens da … und in der Nacht …« Margit hob den Kopf. Ihre Augen blickten gequält, sogar eine Spur vorwurfsvoll. »Immer bist du weg, bist du nicht da, wenn ich dich brauche«, sagte sie. »Über ein Jahr sind wir jetzt verheiratet. Hast du einmal zusammengezählt, wieviel Zeit wir davon für uns allein hatten? Ganz allein, ohne Besuch, ohne Verpflichtungen, ohne Partys, Theaterabende und gesellschaftliche Verpflichtungen? Und dann deine vielen Reisen … München, Köln, Schweden, Barcelona …«
»Im November muß ich auch noch nach Warschau«, sagte Blankers kleinlaut.
»Aha!« Sie sprang auf. Jetzt wurde sie richtig zornig. »Und ich sitze währenddessen hier, Klaus, und sehne mich nach dir. Ich bin so oft allein, so schrecklich allein. Allmählich bekomme ich davor Angst.«
Klaus Blankers war überrascht und hilflos. So hatte Margit noch nie mit ihm gesprochen.
»Du hast eben einen vielbeschäftigten Mann geheiratet«, erwiderte er matt. »Erfolge müssen erkämpft werden.«
»Ich weiß es, Klaus. Ich weiß es.« Sie trat auf ihn zu und legte ihre Hände auf seine Schultern. »Nimmst du mich mit nach Spanien?« fragte sie mit merkwürdig rauher Stimme. »Bitte, Liebster!«
»Aber ja, mein Schäfchen.« Er nickte und streichelte ihre Hände. »Nur, wie gesagt, ich habe in Barcelona den ganzen Tag über …«
»Das ist mir egal, Klaus. Ich will nur mal raus hier, eine andere Stadt sehen, andere Menschen. Und vor allem möchte ich in deiner Nähe sein, Klaus. Verstehst du das denn nicht?«
»Natürlich verstehe ich das, Schatz. Natürlich kommst du mit nach Barcelona.« Er zog sie zu sich herunter, auf seinen Schoß. »Also: in drei Tagen fliegen wir. Abgemacht?«
»Abgemacht.« Sie schlang die Arme um ihn und gab ihm einen Kuß. Auf einmal war sie wieder wie sonst, ihre Augen begannen vor Freude zu glänzen.
»Ich werde gleich bei Pommer anrufen«, meinte Klaus Blankers. »Damit er statt einer zwei Flugkarten bestellt.«
»Schon wieder Pommer …«, sagte Margit heiser.
»Er ist schließlich mein Direktionsassistent. Ich bin wirklich froh, daß er mir diesen ganzen Kleinkram abnimmt.«
Er schob Margit behutsam von sich, stand auf und ging hinüber in die Bibliothek, um mit Pommer zu telefonieren.
Margit hörte, wie Klaus mit ihm sprach. Sie sah Fred vor sich, den Hörer am Ohr, mit hochgezogenen Brauen, spöttischem Lächeln und aalglatter Höflichkeit. – Jawohl, Herr Blankers. – Wird sofort besorgt, Herr Blankers. – Geht alles in Ordnung, Herr Blankers …
»Herr Pommer läßt dich grüßen!« rief Klaus von der Bibliothek herüber. »Er wünscht dir viel Vergnügen in Spanien.«
Margit gab keine Antwort. Wie gemein das Leben ist, dachte sie und biß die Lippen zusammen. Und wie feig wir alle sind.
*
Am Abend vor dem Abflug trat Margit im Kinderzimmer an Monikas Bettchen, beugte sich über die Kleine und strich ihr zärtlich über den Kopf. Da erschrak sie. Die Stirn fühlte sich heiß an. Und jetzt bemerkte Margit auch die apathische Haltung des Kindes, die schlaff daliegenden Ärmchen, den seltsamen Glanz in den großen blauen Augen.
Fieber!
Margit fuhr hoch, lief aus dem Zimmer, rief nach Klaus und dem Dienstmädchen.
Minuten später standen sie zu dritt um das Kinderbett. Monika reagierte kaum auf Margits Hände, sie schnaufte leise, verzog immer wieder den Mund.
»Das Fieberthermometer«, sagte Margit zu dem Dienstmädchen.
Dann warteten sie gespannt, zwei Minuten lang, bis das Thermometer richtig anzeigte. 39,1.
Ratlos und deprimiert sah Margit ihren Mann an. Aus, sagte dieser Blick. Nun muß
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