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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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drückte sie lange. »Ich weiß jetzt, daß ich wirkliche Freunde habe. Das macht mich glücklich.«
    »O Gott, auch das noch«, sagte Dr. Wolff leise. »Jetzt panzert er den Pommer ein.«
    »Und jetzt trinken wir einen!« sagte Blankers fröhlich. »Und bitte nicht so offiziell, das ist ja schrecklich. Ich komme mir vor wie eine zurückgebrachte Mumie, die vom Museumsvorstand begrüßt wird. Wenn Sie wüßten, wie ich mich wieder auf die Arbeit freue!«
    Am Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen waren Margit und Klaus allein mit ihrem Kind Monika Lisa. Der Gärtner hatte eine riesige Tanne aufgestellt, der Diener hatte sie mit bunten Kugeln und goldenem Lametta geschmückt. Echte Wachskerzen brannten in einem milden Licht, es roch nach Wald, heißem Honig und Pfeffernüssen.
    Klaus trug sein Kind herum, als habe er die verlorenen Wochen an diesem Heiligen Abend nachzuholen. Nach der Bescherung lag er neben Monika auf dem Teppich und spielte mit der Holzeisenbahn, ließ eine Watschelente durch das Zimmer spazieren und sang mit dem Glockenspiel einer Spieluhr um die Wette. Erst als das Kindermädchen die kleine Monika ins Bettchen brachte, gönnte er sich Ruhe, warf sich in den tiefen Kaminsessel und streckte die Beine von sich.
    »O Himmel, ist es schön, zu Hause zu sein!« sagte er aus tiefster Seele. »Manchmal kommt mir alles unwirklich vor, weil es so schön ist. Und daß du da bist, Margit, daß du meine Frau bist – ich glaube, es gibt kein größeres Glück für mich auf dieser Welt. Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?«
    »Ich weiß es, Klaus.« Margit stand hinter ihm und legte ihr Gesicht auf seine stoppeligen Haare. Alle Schatten waren in diesen Stunden von ihr genommen, alle Erinnerung an Pommer, alle Angst vor der Zukunft. Alle Widerwärtigkeiten versanken. Diese Tage gehören uns ganz allein, dachte sie. Es sind Tage, wie sie nie wiederkommen werden. Tage, von denen ich immer träumte.
    »Ich habe dir dieses Jahr nichts schenken können, Liebling«, sagte er und hielt mit beiden Händen ihren Kopf fest.
    »Du hast mir alles geschenkt, was es auf der weiten Welt geben kann: Dich!«
    »Ich habe nie zu hoffen gewagt, daß du mich so lieben könntest.«
    »Ich habe auch noch niemals eine solche Liebe gekannt.«
    Die Kerzen an dem großen Weihnachtsbaum waren niedergebrannt. Halbdunkel lag in dem weiten Raum, im Kamin knackte das Buchenholz.
    »Willst du noch etwas trinken?« fragte er, und seine Stimme war dunkler als sonst.
    Margit schüttelte stumm den Kopf.
    »Sollen wir warten, bis der Kamin …«
    Wieder schüttelte sie den Kopf. Dann beugte sie sich vor und küßte ihn auf den noch blassen Mund und legte die Arme um seine Schulter.
    »Komm!« sagte sie leise. »So viele Nächte war ich einsam … es war schrecklich, Liebster.«
    Gegen halb zwölf Uhr nachts löschte der Diener das Feuer im Kamin und räumte die Gläser ab.
    Er war der letzte im Haus, der noch nicht schlief.
    *
    Es dauerte nicht bis Ende Januar, daß Klaus Blankers wieder an seinen Schreibtisch im ›Chefzimmer‹ zurückkehrte. Vielmehr ließ er sich schon gleich nach den Feiertagen zum Werk fahren, schenkte dem Portier eine Kiste Zigarren und stieg in den Paternosteraufzug. Dies alles kam so unerwartet, daß der Portier die Meldung: ›Chef im Haus‹ erst an Dr. Preußig durchgab, als Blankers schon sein früheres Chefzimmer betreten hatte.
    Diese Schreckminuten entschieden, ohne daß es der Portier ahnen konnte, über die ganze weitere Zukunft der Blankers-Werke. Denn als Blankers sein Zimmer betrat, ohne anzuklopfen – denn wer klopft schon an sein eigenes Zimmer –, saß hinter dem Schreibtisch Fred Pommer, hatte die Beine auf den Tisch gelegt und rauchte eine Virginiazigarre. Dabei studierte er die Morgenpost.
    Auch hier erzeugte das plötzliche Erscheinen von Blankers eine Schrecksekunde, aber es war eben nur eine Sekunde, dann hatte sich Pommer schon wieder gefangen. Er nahm die Beine vom Tisch, warf die Post weg und sprang wie ein Ball auf. Sein einen Augenblick lang verblüfftes, leeres Gesicht wurde freundlich, dienerisch, aalglatt.
    »Guten Morgen, Herr Blankers!« sagte er, wieselte um den Tisch herum und half Blankers aus dem Mantel. »Ich habe nicht gewußt, daß Sie heute schon …«
    Klaus Blankers überblickte sein Zimmer, ging hinter seinen Schreibtisch und warf einen Blick auf die Post.
    »Guten Morgen, Herr Pommer«, sagte er etwas rauh. »Ich sehe, die Post. Aber wieso lesen Sie die Post? Ich

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