Nacht des Begehrens - Cole, K: Nacht des Begehrens
willst als nur einen Kuss. Oder ist das vielleicht nicht der Grund, warum du mich zwingst, bis zum nächsten Vollmond zu bleiben? Damit du mit mir schlafen kannst?“ Na ja, er hatte ja nie einen Hehl daraus gemacht, dass er das wollte.
„Ich werde nicht abstreiten, dass ich dich begehre.“
„Was, wenn ich sage: Bringen wir es einfach hinter uns? Noch heute Nacht? Dann könnte ich morgen gehen.“
Sie spürte, wie er seine Antwort sorgfältig abwog. „Du würdest mit mir schlafen, um mich ein paar Tage eher verlassen zu können?“ Er klang beinahe verletzt. „Dein Körper gegen deine Freiheit?“
„Warum nicht?“, fragte sie. Ihre Stimme war jetzt so leise, dass sie fast einem Zischen glich. „Denk doch nur mal an all die Dinge, die ich unter einer Dusche in Paris getan habe, nur für einen Anruf.“
Sie bildete sich ein, dass er zusammenzuckte, bevor er sich wegdrehte. Er hinkte zum Kamin, senkte den Kopf und starrte in die Flammen. Sie kannte niemanden, der so einen Blick wie er hatte. Stets auf der Hut. Während das Feuer auf die meisten eine eher beruhigende Wirkung hatte, war das bei Lachlain ganz und gar nicht der Fall. Seine wachsamen Augen zuckten und sprangen hin und her, als ob sie einem Schauspiel folgten, das sich in seinem Inneren abspielte. „Du musst wissen, dass ich es bedaure, wie ich dich behandelt habe, aber ich werde dich nicht ziehen lassen. Du darfst jetzt spazieren gehen. Und du wirst bewacht werden.“
Du darfst jetzt spazieren gehen. Die dunklen Ecken und Winkel sollten ihr eigentlich Angst einjagen, und doch konnte sie es kaum erwarten, sie zu erforschen, seit sie die Seeluft geschnuppert hatte. War das nicht genau der Ort, an den sie gehörte? Ohne einen Blick zurück ging sie auf den Balkon, stieg auf die Balustrade und sprang in die Dunkelheit hinaus.
Das Letzte, was sie hörte, war seine raue Stimme. „Und ich weiß, du wirst vor Sonnenaufgang zu mir zurückkehren.“
20
Emma spürte gleich, dass ihr jemand folgte, als sie sich in den Nebel hineinbewegte. Dann hatte er ihr also tatsächlich ein paar Aufpasser auf den Hals gehetzt? Angesichts seiner zudringlichen Art waren es wohl eher so was wie Spione. Eine stolze, unabhängige Frau würde ihm eine solche Einmischung sicher übel nehmen. Und Emma? Wenn dieser Ort doch nicht so sicher war, wie er ihr erzählt hatte, und sie erneut von Vampiren angegriffen würde, müsste Emma zumindest nicht schneller rennen als sie; sie müsste lediglich schneller als die Spione sein, die sich im Gebüsch versteckten.
Unfähig, die eigentlich angebrachte Empörung über ihre Bewachung aufzubringen, kundschaftete sie die Natur eine ganze Weile aus, bevor sie auf einen kleinen Prunkbau stieß. Rund herum wuchsen büschelweise Wildblumen, die den ganzen Tag lang geblüht hatten, jetzt allerdings verwelkt und trist aussahen. Wieder mal verpasst. Das Motto meines Lebens.
Trotzdem war es nett hie r … irgendwi e … mit der Aussicht auf den vom Nebel bedeckten Se e – oder Loc h – oder was auch immer. Es erinnerte sie an zu Hause.
Beim Gedanken an ihr Herrenhaus schloss sie die Augen. Was würde sie nicht darum geben, jetzt dort zu sein. Sie hatte gestern den Xbox-Abend verpasst. Und heute sollte sie eigentlich durch das Bayou reiten.
Sie sprang auf die Balustrade des Pavillons, lief darauf entlang um den kleinen Zierbau herum, immer wieder im Kreis, und überdachte alles, was ihr zugestoßen war. Vor ihrer Reise hatte sie sich immer danach gesehnt, etwas zu erleben. Jetzt, wo ihr der Weg in ihr altes Leben versperrt war, wurde ihr klar, wie gut sie es gehabt hatte. Sicher, sie war einsam gewesen, hatte unter der Abwesenheit eines Lebenspartners gelitten. Aber da sie es nun Tag für Tag mit einem dickköpfigen, überheblichen Kerl zu tun hatte, gar von so einem gefangen gehalten wurde, gelangte sie langsam zu der Einsicht, dass die Sache mit den Partnern doch ziemlich überschätzt wurde.
Ja, sicher, sie hatte sich manchmal wie eine Außenseiterin gefühlt und nicht gewusst, wohin sie blicken oder wie sie sich verhalten sollte, wenn ihre Tanten sich kreischend über Vampire ausgelassen hatten, aber manchmal auch wiederum nicht. Sicher, sie hatten sie manchmal gnadenlos aufgezogen, aber wenn sie so zurückblickte, dann wurde ihr bewusst, dass sie eigentlich jeden aufzogen. Beispielsweise ihre Tante Myst. Vor ein paar Jahren, nach dem Vorfall mit dem Vampirgeneral, hatte der Koven ihr den Spitznamen Mysti die Vampirhegerin verpasst.
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