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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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kleinsten Anlaß wütend. Plötzlich konnte man kaum mehr mit ihr auskommen. Ein paarmal kam sie sogar betrunken nach Hause, und dann fing sie plötzlich an, ganze Nächte lang auszubleiben. Natürlich paßte das meinem Vater gar nicht, aber er ist geschäftlich sehr viel unterwegs, und außerdem war sie ja noch ein halbes Kind.«
    »Wie alt war sie?«
      »Sie hatte im vergangenen Monat ihren zwanzigsten Geburtstag. Nach einer Weile gab es dann auch an der Akademie Schwierigkeiten mit ihr. Und schließlich kam es zu einem Zusammenstoß mit einer Dozentin, und sie wurde hinausgeworfen.«
    »Und was geschah dann?«
      »Als mein Vater ihr Vorhaltungen machte, führte das zu einem fürchterlichen Auftritt, der damit endete, daß sie ihre Sachen packte und auszog. Sie erklärte, sie wollte ihr Studium in London fortsetzen.«
      »Wie wollte sie das denn finanziell schaffen? Hatte Ihr Vater sich bereit erklärt, ihr einen Wechsel zu geben?«
      »Das war nicht nötig. Joanna hatte eigenes Geld. Etwas mehr als tausend Pfund. Sie hatte es vor zwei Jahren von einer Tante geerbt.«
      »Hatte Ihre Schwester Freunde oder Bekannte? Kommilitonen von der Akademie vielleicht?«
      »Nein. In den zwei Jahren ihres Studiums hat sie nicht ein einzigesmal einen Freund oder eine Freundin mit nach Hause gebracht. Ich sagte ja schon, daß sie ein schüchternes und ziemlich in sich gekehrtes Mädchen war, bevor plötzlich diese schreckliche Veränderung mit ihr vorging. Sie ging ganz in ihrem Studium auf.«
      »Erwähnte sie Ihnen gegenüber jemals einen Mann namens Max Vernon?«
      Harriet Craig zog nachdenklich die Brauen zusammen. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Ich kann mich nicht erinnern. Wer ist das?«
    »Oh, er scheint Ihre Schwester flüchtig gekannt zu haben«, erwiderte Miller ausweichend. »Aber das ist nicht weiter wichtig.« Er zögerte einen Augenblick und fuhr dann fort: »Ihre Schwester war rauschgiftsüchtig, Miß Craig. Wußten Sie das?«
      Die Antwort war unmißverständlich aus ihren Augen abzulesen, als sie mit ungläubigem Entsetzen zu ihm aufblickte. Ihr Kopf bewegte sich hin und her, als wollte sie die Anschuldigung verneinen, ihr Mund war geöffnet, als wollte sie protestieren, doch sie konnte keinen Laut hervorbringen.
      Miller stand auf, als sie das Gesicht in die Hände vergrub und in heftiges Schluchzen ausbrach. Sachte tätschelte er ihre Schulter. Dann wandte er sich nach Brady um und nickte ihm zu.
      »Bringen Sie Miß Craig jetzt nach Hause, Jack. Sie können meinen Wagen nehmen.«
    »Und Sie?«
      »Ich glaube, ich werde Monica Grey noch einmal einen Besuch abstatten und mich ein wenig eingehender mit ihr unterhalten. Diesmal lasse ich mir keinen Bären aufbinden. Sie können mich dann dort abholen.«
    Mit raschem Schritt eilte er aus dem Büro und zog den Gürtel seines Regenmantels zu, während er den Korridor entlanghastete. Sein Gesicht drückte grimmige Entschlossenheit aus, und in seinen Augen funkelte der Zorn.

    5

    Die Tür zu ihrem Zimmer war unverschlossen. Er drückte sachte die Klinke herunter und trat ein. Sie saß auf dem Rand ihres Bettes und lackierte ihre Fingernägel. Ruckartig hob sie den Kopf und blickte ihn an. Miller drehte sich um und schloß die Tür.
      »Sergeant Miller«, sagte sie, und dann versagte ihr die Stimme.
      Miller zog eine der Aufnahmen aus seiner Brusttasche und hielt sie hoch.
      »Joanna Maria Craig.« Er steckte die Fotografie wieder ein. »Warum haben Sie mich belogen?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
      »Joanna Craig studierte fast zwei Jahre lang an der Kunstakademie Malerei. Genau wie Sie. Sie wollen doch nicht behaupten, daß Sie ihr niemals begegnet sind? Sie schrieben sich beide im selben Jahr ein. Das habe ich bereits überprüft.«
      Ihr Gesicht war bleich geworden. Unverwandt starrte sie ihn an, ohne ein Wort zu sagen. Er steckte sich in aller Ruhe eine Zigarette an.
      »Und noch etwas«, fuhr er dann fort. »Mrs. Kilroy erzählte mir, Joanna hätte eines Nachmittags mit Sack und Pack vor ihrer Tür gestanden, und sie hätte das Mädchen aufgenommen, weil sie zufällig gerade ein Zimmer frei hatte. Das war natürlich gar kein Zufall, oder? Joanna Craig wußte, daß ein Zimmer frei war, weil Sie es ihr erzählt hatten.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Das ist nicht wahr.«
      »Nein? Schön, dann versuchen wir's eben anders. Sie arbeiten doch für Max Vernon, nicht wahr?«
      Diesmal gab es

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