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Nacht des Flamingos

Nacht des Flamingos

Titel: Nacht des Flamingos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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schüttelte bekümmert den Kopf. »Das ist entsetzlich – wirklich tragisch.«
      Sein messerscharfer Verstand hatte die Lage innerhalb eines Bruchteils von Sekunden abgeschätzt und mit der Geschwindigkeit eines Elektronengehirns auf die einzig mögliche Art und Weise gekontert.
    »Wann lernten Sie sie kennen?«
    Die Antwort kam ohne das geringste Zögern.
      »Vor ungefähr vier Monaten. Irgend jemand brachte sie zu einer meiner Partys mit. Ich entdeckte, daß sie eine sehr begabte Malerin war. Ich wollte einige Wandgemälde für meinen Klub und fragte, ob sie an dem Auftrag interessiert wäre. Sie nahm an. So einfach war das.«
    »Und das war alles – ein geschäftliches Abkommen?«
      »Die Wandgemälde sind im Klub zu besichtigen«, versetzte Vernon. »Was sonst zwischen uns war, geht Sie nichts an. Sie war kein Kind mehr. Sie hatte einen schönen Körper, und sie war den Sinnenfreuden ebensowenig abhold wie die meisten von uns.«
    »Sie hatten also ein Verhältnis mit ihr?«
      »Falls das heißen soll, ob sie meine Geliebte war, so lautet die Antwort ja. Und falls Ihnen das noch nicht genug sein sollte, so kann ich Ihnen versichern, daß sie nicht die einzige war. Allerdings sehe ich nicht ein, was Sie das alles angeht.«
    »Wußten Sie, daß sie rauschgiftsüchtig war?«
    »Lieber Himmel – nein.«
      »Das war schlecht, Vernon. Sie haben nicht einmal versucht, überrascht auszusehen.« Miller schüttelte den Kopf. »Sie sind ein Lügner.«
    Tief in Vernons Augen glomm ein Funke der Drohung.
    »Meinen Sie?«
      Miller umfaßte den Schreibtischrand, um das Zittern seiner Hände zu verbergen.
      »Ich kenne dieses Mädchen, Vernon. Ich sah sie zum erstenmal, als sie tot im Fluß trieb, und doch weiß ich mehr über sie als über meine eigene Schwester. Sie war ein unverdorbenes, scheues junges Mädchen, ein wenig in sich gekehrt, nur an ihrer Arbeit interessiert. Um einen altmodischen Ausdruck zu gebrauchen – sie war keusch. Doch Ihnen bedeutet das gar nichts, trotz Eton, trotz Sandhurst und trotz der Royal Guards.«
      »Was Sie nicht sagen«, versetzte Vernon mit bedrohlicher Milde.
    »Sie sind so ekelhaft wie das Gewürm, das unter einem Stein herumkriecht, Vernon«, sagte Miller hitzig. »Und jetzt will ich Ihnen einmal erzählen, was sich in Wahrheit zwischen Ihnen und Joanna Craig abspielte. Sie wurde von einer ehemaligen Kommilitonin zu einer Ihrer Partys mitgenommen. Im Vergleich zu dem Abschaum, der sich üblicherweise bei Ihnen herumtreibt, muß sie frisch und rosig wie eine Blume im Frühling gewirkt haben. Sie hatten es sogleich auf das Mädchen abgesehen, doch Joanna Craig wollte mit Ihnen nichts zu tun haben. Damit aber ließ sich der große Maxwell Vernon nicht abspeisen, denn was er haben will, das nimmt er sich. Sie machten das Mädchen betrunken und gaben ihm eine Heroinspritze. Und von da an war sie Ihnen verfallen, denn sie brauchte jeden Tag eine Injektion – jeden Tag. Und das hieß, daß sie zu Kreuze kriechen mußte, daß sie Ihre Bedingungen akzeptieren mußte. Das ist ja das Gräßliche – es gibt keine Erniedrigung, die der Süchtige nicht auf sich nimmt, um sich das Gift zu verschaffen. Joanna Craig war von Ihnen abhängig, und tiefer hätte sie nicht sinken können.«
    Vernons Gesicht war weiß. Seine Augen brannten.
    »Sind Sie nun endlich fertig?«
      »Ich lasse es Sie wissen, wenn ich soweit bin. Als Sie genug hatten, warfen Sie das Mädchen hinaus. Sie wollten nicht belästigt werden. Doch gestern abend verschaffte sich Joanna Craig Zutritt zu Ihren Privaträumen, wo Sie eine Party gaben. Sie wollte Sie um Hilfe bitten, weil sie ein Kind erwartete. Sie lachten ihr ins Gesicht, Vernon. Sie meinten, sie könnte ja in den Fluß springen, wenn sie keinen anderen Ausweg wüßte. Nun, sie hat Sie beim Wort genommen.« Miller richtete sich auf und holte tief Luft. »Und dafür werden Sie mir büßen.«
    »Meinen Sie wirklich?« versetzte Vernon gelassen. »Dann lassen Sie mich jetzt mal zu Wort kommen, Sie Wichtigtuer. Ich kannte ein Mädchen namens Joanna Craig. Ich kannte sie genauso gut oder genauso oberflächlich wie viele andere Mädchen. Sie malte mir ein paar Wandgemälde für meinen Klub. Sie können, wie gesagt, jederzeit von jedermann besichtigt werden. Alles andere ist reine Erfindung. Wenn Sie versuchen sollten, Ihre Version einem Gericht aufzutischen, werde ich Sie so niederknüppeln, daß Sie nicht wieder aufstehen. Und jetzt gebe ich Ihnen genau

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