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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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Dumitru warf ihr einen raschen, wissenden Blick zu. Alcy rührte sich nicht von der Stelle.
    »Sie ist jetzt meine Frau, János«, sagte Dumitru. »Und ich will nichts von Ihnen, denn ich gebe sie unter gar keinen Umständen heraus.«
    »Sie ist vernarrt in mich«, erwiderte der selbsternannte Baron hochmütig. »Sie hat mein überlegenes Wesen erkannt. Wenn sie jetzt Ihre Frau ist, dann nur, weil Sie sie dazu gezwungen haben. Ich werfe ihr das nicht vor. Schwäche ist die größte Tugend der Frau und ihr schlimmster Makel zugleich. Wenn sie keinen starken Mann hat, der sie leitet, kann man ihr auch nicht vorwerfen, dass sie auf Abwege gerät.«
    Dumitru verschränkte die Arme vor der Brust, eine Geste, die eher nachdenklich als abwehrend wirkte. Sie gaben ein sonderbares Bild ab, diese beiden – ihr Ehemann und der, der es hätte werden sollen. Sie hatten beide zu langes Haar und ein glatt rasiertes Gesicht, aber damit endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Benedek glühte vor Eifer, Jugend und Ernst, und Dumitru verströmte eine Art altertümliche, emotionslose Geduld; kaltes Quecksilber gegen Benedeks hitzige Rhetorik, als könne er den großen kosmischen Scherz sehen, der auf ihrer beider Kosten ging. Benedek hatte Alcy mit seinen Briefen betört, und in natura war er sogar noch betörender, aber neben Dumitru hatte sein Strahlen etwas Blechernes, es war dünn und absolut wertlos.

    »Sie hat mich geheiratet, nachdem sie herausgefunden hatte, dass Sie ein Schwindler sind, der sich nur als Baron ausgibt und seine Versprechen nicht halten kann«, erwiderte Dumitru.
    Alcy begriff, dass er Benedek absichtlich provozierte, ihn wütend machen wollte, damit er vor Alcys Augen seine übelsten Seiten sehen ließ. Warum sah er sich zu so etwas genötigt? Wusste er denn nicht, dass sie mit ihrer Wahl zufrieden war?
    Da ging ihr mit einem Mal plötzlich auf, dass sich ihr gerade die erste Chance bot, ihrer Ehe zu entfliehen, hätte sie das gewollt – und es konnte gut die letzte sein. Dumitru wusste das genauso gut wie sie: daher die Theatervorstellung, bei der Benedek János ungewollt mitspielte. Dumitru vertraute ihr nicht, vertraute nicht darauf, sie für sich gewonnen zu haben.
    Benedek stellte eine überlegene Miene zur Schau. »Ich brauche keinen Kaiser, der mir bestätigt, dass ich ein Baron bin. Mein Erbe ist Beweis genug für meinen Adel. Ich mache keine leeren Versprechungen – man kann, aus dem was ich geschrieben habe, falsche Schlüsse ziehen, aber ich habe ein durch und durch ehrliches Geschäft abgeschlossen. Wie auch immer, ich glaube Ihnen ohnehin nicht. Sie würde mich nie so leicht vergessen. Sie ist gekommen, um mich zu heiraten, und, bei Gott, das wird sie auch!«
    Waren seine Briefe auch so eitel und pompös gewesen? Alcy glaubte es eigentlich nicht, aber es fiel ihr mittlerweile schwer, sich seiner Worte zu entsinnen. Dumitru, Dumitru, warum musst du uns das antun?, fragte sie sich. Sie fühlte sich in dieser Farce zur Zuschauerin degradiert. Es war Zeit, das zu ändern.

    »Das glaube ich kaum!«, rief sie und ging auf die Männer zu. Benedeks Kopf schoss herum, seine Augen weiteten sich bei ihrem Anblick, und ihm stand der Mund offen. Sie gestattete sich trotz der Bitterkeit der Situation, eine gewisse Befriedigung zu empfinden. Sie wusste genau, wie sie aussah mit ihren vom Ausritt geröteten Wangen, dem tadellosen goldbetressten Reitkostüm, das darauf abzielte, ihre Figur gut zur Geltung zu bringen. Dumitrus Mund blieb zu, doch seine Augen blitzten triumphierend, bevor er seine Miene mit einem nichtssagenden Lächeln kaschierte.
    Alcy bedachte beide mit einem kühlen Blick und blieb ein Dutzend Schritte entfernt stehen. »Ich bin hier, wie Sie sehen können«, erklärte sie. Ihre Stimme hörte sich, selbst in ihren eigenen Ohren, bemerkenswert gelassen an. Sie wandte sich an Benedek. »Es besteht keine Veranlassung, sich meinetwegen weitere Gedanken zu machen, Sir. Mein Gatte sagt die Wahrheit. Ich habe mich für ihn entschieden. Meine Mitgift ist nicht mehr verfügbar.« In einem Tonfall, der Benedek und Dumitru wie auch die ganze Szene mit Verachtung strafte, setzte sie hinzu: »Gehen Sie nach Hause.« Dann drehte sie ihm den Rücken zu und verließ den Raum langsam und mit der Würde einer Königin, selbst wenn sie am liebsten gerannt wäre.
     
    Nach Alcys dramatischem Auftritt dauerte es nur noch einen Augenblick, bis Benedek den Rückzug antrat. Der junge Lackaffe hatte sich eine

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