Nacht in Angst
trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Boden. »Was treiben die denn da oben?«
»Es sind erst ein paar Minuten vergangen«, versuchte Morton ihn zu beruhigen. Wütend schlug der Erste Detektiv mit der Faust gegen die Wand. »Wenn wir doch nur aus diesem verfluchten Fahrstuhl herauskämen! Wenn wir nur –« Er verstummte. War da nicht ein Geräusch gewesen? Horchend stand er auf. Da war es wieder: Das gleiche Schaben und Quietschen, das er schon einmal gehört hatte. »Jemand ist über uns!«, flüsterte er. »Justus? Morton?«
»Wir haben Einbrecher im Haus, Justus«, hallte die leise Stimme des Zweiten Detektivs durch den Aufzugsschacht. »Sie wollen –«
»Wissen wir alles!«, fiel Justus ihm ins Wort. »Bob hat dafür gesorgt, dass wir alles mithören können, was im Sicherheitsbüro besprochen wird.«
»Mithören? Wie denn? – Nein, erklär's mir später. Wir haben nicht viel Zeit. Sie wollen Bob umbringen, wenn ich nicht in sechs Minuten im Büro auftauche.«
»Umbringen?«
»Ja, verdammt. Wie lautet dein Plan?«
Justus stutzte. »Plan? Ich habe keinen Plan!«
»Du hast keinen? Du hast immer einen Plan, Justus!«
»Du musst auf jeden Fall hingehen, Peter. Wer weiß, was sie sonst mit Bob anstellen!«
»Das ist mir klar«, erwiderte Peter gereizt. »Ist das alles? Sonst fällt dir nichts ein?« Justus überlegte fieberhaft. »Sie wollen nur den blauen Diamanten. Vielleicht lassen sie euch gehen, wenn sie ihn haben. Schlag ihnen einen Handel vor: eure Freiheit gegen den Stein.«
»Ich habe den Stein aber nicht mehr!«
»Du hast … du hast den Stein nicht mehr?«
»Nein, Elroy, der Nachtwächter, hat ihn.«
»Du hast ihn ihm gegeben?« Justus konnte nicht glauben, was er hörte. »Er hat ihn sich einfach genommen. Es ging alles so schnell!«
»Und wo ist er jetzt?«
»Wer? Der Nachtwächter oder der Stein?«
»Beide, Peter!«, brummte Justus ungehalten.
»Ich habe keine Ahnung! Er wird den Diamanten versteckt haben und danach sich selbst. Er kennt dieses Museum wie seine »Na schön. Geh jetzt ins Büro. Hoffentlich glaubt man dir, dass du nicht weißt, wo der Stein ist.«
»Das hoffe ich auch«, murmelte Peter. »Und was macht ihr? Könnt ihr nicht rausklettern?«
»Leider nicht«, mischte sich nun Morton ein. »Diverse körperliche Einschränkungen erlauben uns nicht, diesem Gefängnis zu entkommen.«
»Mach dir um uns keine Sorgen«, sagte Justus. »Wir kommen schon irgendwie klar. Aber verplapper dich bloß nicht! Niemand darf wissen, dass wir hier sind!«
»Hältst du mich für blöd?«
»Du machst das schon, Peter. Viel Glück!«
»Ebenso.« Der Zweite Detektiv schloss die Fahrstuhltür, dann herrschte wieder Stille. »Das sieht nicht gut aus«, seufzte Justus. »Jetzt haben die Verbrecher Bob, Peter und Direktor Peacock in ihrer Gewalt. Wir sind die Einzigen, die übrig bleiben. Aber das hilft uns nicht weiter.«
»Da ist immer noch dieser Nachtwächter«, überlegte Morton. »Ja. Der Nachtwächter … Irgendwas stimmt an dieser Geschichte nicht.«
»Was meinst du?«
»Die Polizei hätte längst hier sein müssen.«
»Wie das? Die Polizei weiß nichts von alledem.«
»Und genau das macht mich stutzig«, setzte Justus seine Überlegungen fort. »Der Nachtwächter muss einen Schlüssel für alle wichtigen Räume und Ausgänge haben. Wie sagte Peter? Er kennt das Museum wie seine Westentasche. Wieso ist ihm dann noch nicht die Flucht gelungen? Für ihn dürfte die verschlossene Tür, durch die wir gekommen sind, kein Problem sein. Aber offenbar hält er sich immer noch im Gebäude auf, »Er hat wahrscheinlich zu viel Angst.«
»Nein, Morton. Ich glaube, es steckt mehr dahinter.« Mit klopfendem Herzen stieg Peter hinauf in die Höhle des Löwen. Und der Löwe erwartete ihn, gierig und bereit, über ihn herzufallen. An der kleinen Treppe angelangt, stieg er über die Absperrung und schlich hinauf. Nach ein paar Stufen rief er sich selbst zur Ordnung. Was hatte es für einen Sinn, sich anzuschleichen? Er wollte sich schließlich ausliefern. Da konnte er auch erhobenen Hauptes ins Büro marschieren. Der Diamant war weg. Dagegen konnte auch die Bande nichts mehr tun. Sein Herz pochte mit jeder Stufe lauter. Die Treppe führte auf einen Flur, an dessen rechtem Ende eine Tür geöffnet war. Dort standen sie im Schein einer blassen Neonröhre: Die vierköpfige Verbrecherbande – der Fünfte hielt vermutlich noch immer im Foyer Wache – starrte ihn an und machte keine
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