Nacht-Mähre
ihn befragen. Vielleicht erfahrt ihr dadurch, wer der geheimnisvolle Verzauberer ist.«
Sie nickten ernst. Welch eine grauenhafte Methode, um einen Gegner ausfindig zu machen!
»Jetzt muß ich die Wachzombies vor Schloß Roogna wecken und mit ihnen noch heute nacht zur Spalte marschieren. Unsere einzige Chance besteht darin, dort vor den Nächstwellern einzutreffen. Jetzt kommt alles auf unseren Zeitvorsprung an.«
»Die Zombies sind zum größten Teil bereits auf«, meldete Grundy. »Dor und Irene haben vor knapp einer Woche auf ihrem Friedhof geheiratet.«
»Das hat sie bestimmt geweckt!« meinte der Zombiemeister mit düsterem Lächeln. »Zombies lieben Hochzeiten und ähnlich morbide Zeitvertreibe. So, und jetzt muß ich sie zu einer Armee organisieren. Ihr anderen solltet jetzt erst einmal ausschlafen. Meldet euch gegen Morgendämmerung bewaffnet an der Spalte. Es kann sein, daß ich einige von euch Lebenden als Offiziere brauche, denn Zombies können nicht besonders gut denken.« Dann verließ er den Raum.
»Hauptmann einer Zombiekompanie!« meinte Grundy. »Na ja, warum auch nicht? Zombies sind ja eigentlich ganz nette Leute, wenn man sich erst einmal an den Geruch gewöhnt hat.«
Im Morgengrauen, sie waren alles andere als ausgeschlafen, meldeten sie sich wie befohlen. Der König hatte seine Zombies bereits entlang der Spalte und hinter Bäumen aufgestellt. Die Mundanier konnten die Spalte nur dort überqueren, wo es auch Brücken gab, und da die eine Brücke nur von Süden nach Norden führte, die andere aber unsichtbar war, war es offensichtlich, daß nur die dritte in Frage kam. Diese war sichtbar und stabil gebaut, und ein vielbenutzter Pfad führte zu ihr.
Die Mundanier hatten einen ganzen Tag der Kampfpause gehabt, um sich wieder zu sammeln und ihren Marsch fortzusetzen, und sie hatten die Zeit nicht vergeudet. Am Vormittag trafen sie an der Spalte ein, dem Hauptpfad folgend. Sofort gingen die Zombies in Aktion und bewarfen sie mit faulendem Fleisch und Knochensplittern anstelle von Projektilen.
Die Nächstweller reagierten genau wie erwartet: Sie schrien laut auf und wichen völlig aufgelöst zurück. Mundanier hegten eine Menge Vorurteile gegenüber Zombies, genau wie sie es gegenüber Gespenstern, Ghulen, Vampiren, Werwölfen und ähnlich unschuldigen Wesen taten, und sie zogen es vor, den körperlichen Kontakt mit ihnen zu meiden.
Da erschien Varsoboes und gestikulierte wild. Wieder trommelte er seine flüchtenden Truppen zusammen. Es war offensichtlich, daß er ein guter, starker Anführer war, und sofort wurde aus seiner bunt zusammengewürfelten Schar eine Truppe entschlossener Krieger. Die Mundanier begannen, die Zombies mit ihren Pfeilen unter Beschuß zu nehmen. Natürlich verfehlten diese ihre Wirkung völlig, denn was bereits tot war, ließ sich nicht noch einmal töten. Andere Mundanier hackten mit ihren Schwertern auf die Zombies ein. Das war schon wirkungsvoller, denn ohne Gliedmaßen oder Köpfe funktionierten die Zombies nicht so gut.
Doch die Abneigung der Mundanier gegenüber den Zombies erwies sich als schwerer Nachteil für die Invasoren, und viele Lebende wurden von den wandelnden Toten niedergestreckt. Schon bald war der Boden mit Knochen und Fleisch übersät, Frischtote in einem Durcheinander mit Untoten.
Jetzt führte Varsoboes einen Sturmangriff auf die Hauptbrücke an. Seine überlebenden Männer folgten ihm in einer hastig zusammengestellten Phalanx, die mit ihren überlappenden Schilden die Zombies einfach beiseite drückte. Die Mundanier waren im Begriff, auch diese Schlacht zu gewinnen.
»Wir müssen uns ihren Anführer kaufen«, murmelte der Zombiemeister. »Ohne ihn sind sie ein Nichts; mit ihm zusammen dagegen werden sie siegen.«
Ein Trupp ausgesuchter Zombies bewachte die Brücke. Das waren Zombietiere, die wesentlich kampfkräftiger waren als Zombiemenschen.
Varsaboes traf auf einen Zombieflügeldrachen. Der kleine Drache war in schlechtem Zustand, selbst für seine Art, und mit jeder Bewegung verlor er Schuppen und Fleischteile. Der mundanische Heerführer hackte mit dem Schwert auf seine Schnauze ein. Die Schnauze explodierte wie ein faulendes Stück Holz; Zähne, Zunge, Nüstern und Augäpfel prasselten auf die Mundanier nieder. Dann begann der Flügeldrache sich zu wehren, indem er einen Feuerstoß hervorrülpste. Das Feuer war in keinem viel besseren Zustand als der Drache; es züngelte matt und grünlich nach den Füßen des Heerführers und
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