Nacht-Mähre
verzauberten Könige zu durchbrechen; allerdings hat er auch befürchtet, daß es dir nicht gelingen könnte. Du mußt König werden und die Mundanier aufhalten…«
»Welche Mundanier?«
»Die Invasion der Nächstweller«, warf Grundy ein.
Bink lachte freudlos. »Ich muß feststellen, daß ich wohl tatsächlich eine Menge nachzuholen habe. Ist der fliegende Teppich groß genug für zwei? Dann könnten Chamäleon und ich…«
»Nein«, sagte Grundy, »das ist ein Einsitzermodell. Und Ihr könnt Euch auch nicht zwei Tage Zeit lassen, um nach Süden zu reiten, denn dann würdet Ihr wahrscheinlich erst auf Schloß Roogna eintreffen, nachdem die Mundanier es bereits eingenommen haben. Außerdem ist die Hauptbrücke über die Spalte zerstört, und überall wimmelt es von Wellern, so daß…«
»Ich lasse dich nicht allein reisen!« protestierte Chamäleon mit einigem Temperament. »Ich habe schon meinen Sohn verloren, kurz nachdem er geheiratet hat. Ich werde nicht zulassen, daß mit dir dasselbe geschieht!«
»Aber Xanth braucht einen König«, sagte Bink. »Obwohl ich für dieses Amt alles andere als geeignet bin, muß ich versuchen, meine Pflicht zu erfüllen. Wie kann ich sonst noch rechtzeitig dort eintreffen?«
»Imbri kann dich mitnehmen«, sagte Chamäleon. »Sie ist eine Nachtmähre und kann dich bis zum Morgen aufs Schloß bringen. Und unterwegs kann sie dir alles sagen, was du wissen mußt. Dann bist du wenigstens richtig vorbereitet.«
»Die Sache ist mir zwar reichlich schleierhaft«, meinte Bink. »Aber ich bin sicher, daß du es am besten weißt, Dee. Ich hatte mir unser Wiedersehen zwar etwas anders vorgestellt, aber…«
»Ja, ich auch«, sagte sie tapfer. »Bis ich dich eingeholt habe, werde ich schon wieder ziemlich häßlich sein.«
»Für mich bist du nie häßlich«, sagte er galant. Doch er konnte seine Enttäuschung nur schwer verbergen. Er hatte sie lange nicht mehr gesehen, und sie war ganz offensichtlich eine Frau, die man zur rechten Zeit zu schätzen hatte.
»Reite du auf Imbri«, sagte sie. »Wir folgen euch in unserem eigenen Tempo.«
Wieder umarmten sie sich. »Und ihr anderen? Kommt ihr denn auch in Sicherheit nach?« fragte Bink, während er auf Imbri zuschritt.
»Klar«, meinte Grundy.
»Das Tagpferd weiß schon, wie es sich von Mundaniern fernhält, und ich habe für Notfälle den fliegenden Teppich dabei. Ich werde auf Arnolde reiten und dafür sorgen, daß er nicht in Schwierigkeiten gerät.«
»Zweifellos«, meinte der Zentaur und lächelte schief.
»Ich muß dich über alles aufklären, bevor ich zum Schloß des Guten Magiers Humfrey zurückfliege«, fuhr Grundy fort. »Denn nach Bink wirst du König werden, Arnolde.«
Chamäleon furchte die Stirn. »Grundy, du bist mal wieder die Diplomatie in Person«, sagte sie mit sanfter Ironie.
»Weiß ich doch«, meinte der Golem selbstzufrieden.
Bink bestieg die Nachtmähre und winkte seiner Frau zum Abschied. Imbri merkte an seinem Sitz, daß er Reiterfahrung haben mußte, anders als Chamäleon. Wahrscheinlich hatten die Zentauren dafür gesorgt. Außerdem war Bink oft in Mundania gewesen, wo er möglicherweise auch mit Pferden in Berührung gekommen war.
Imbri sandte den anderen einen Traum vom traurigen Abschied und steuerte dann das nächste Kürbisfeld an. »Was war das gerade über die Heirat meines Sohnes?« fragte Bink.
Imbri schickte ihm einen kleinen Traum, der die Bräutigamentführung und die anschließende Trauungszeremonie auf dem Zombiefriedhof wiedergab. Dann zeigte sie ihm, wie es König Trent ergangen war und klärte ihn auf diese Weise über alle Geschehnisse auf, so daß Bink gar keine Zeit hatte, auf die Dinge in der Kürbiswelt zu achten. Als sie in der Nähe von Schloß Roogna den Kürbis verließen, wußte Bink über alles Bescheid, was Imbri selbst wußte.
»Du bist mir eine Mähre!« sagte er bewundernd. Sie kamen gerade pünktlich zur Morgendämmerung und betraten das Schloß. Königin Iris empfing sie.
»Dem Schicksal sei Dank, daß Ihr gekommen seid, Bink. Wir haben gerade erst entdeckt, daß König Humfrey verzaubert worden ist. Ihr…«
»Ich bin jetzt König«, sagte Bink mit überraschender Selbstsicherheit. Er hatte Imbris Informationen gewissenhaft gelauscht und sie verarbeitet, und nun nahm er die Sache mit unerwarteter Entschlossenheit in die Hand. Bink war in Xanth immer so etwas wie eine Unperson gewesen, ein Mann ohne Eigenschaften, dem man insgeheim stets mit einer gewissen
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