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Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angélique Mundt
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ahnte niemand, was sich in den Kellergewölben verbarg. Tessa öffnete die Tür und guckte durch die Glasscheibe des Empfangs. Gott sei Dank, der nette Student hatte heute Morgen Dienst. Der Summer, der ihr die Tür zum geschlossenen Bereich öffnete, ertönte, noch bevor sie etwas sagen konnte. Der Student schenkte ihr ein reizendes Lächeln dazu.
    »Sie können gleich runtergehen. Professor Clement wartet auf Sie.«
    Der Chef höchstpersönlich wollte anwesend sein, wenn sie sich von Gabriele Henke verabschiedeten? Bestimmt nicht ihretwegen. Vielleicht war ein Mord in der Psychiatrie sogar für diesen erfahrenen Mann etwas Besonderes.
    Tessa stieg die Stufen in die Kellergewölbe hinunter, und mit jedem Schritt verstärkte sich der schwere süßliche Geruch, der in jede Pore drang. Dann stand sie in der sogenannten Annahmestelle. Hier betteten die Präparatoren die Toten, die die Bestatter brachten, auf Stahlliegen um, registrierten, entkleideten und wogen sie. Dann kamen sie in Kühlkammern, die platzsparend in die Wände eingelassen waren. Manchmal fuhr man die Leichname auch direkt in die gekachelten Sektionssäle. Kein Tageslicht drang herein. Helles Neonlicht blendete die Augen. Keine frische Luft. Nur eine zu kalt eingestellte Klimaanlage.
    Professor Clement kam strahlend auf sie zu, schwang von Weitem ein Klemmbrett mit Formularen. Frohsinn an diesem Ort?
    »Da sind Sie ja. Schön, Sie einmal persönlich kennenzulernen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.« Er grinste und zeigte dabei eine Reihe blendend weißer Zähne. Der rechte Schneidezahn stand ein wenig schief, als habe er die Perfektion nicht ausgehalten.
    »Von mir gehört? Von wem?«, fragte Tessa irritiert. Sie hatte den Chef der Rechtsmedizin bislang nicht persönlich kennenlernen dürfen. Oder: Gott sei Dank nicht. Dabei hatte sein Lachen etwas Gewinnendes, und er wirkte ehrlich erfreut sie kennenzulernen.
    »Ich bin seit Ewigkeiten mit Torben Koster befreundet. Wir haben über den Fall gesprochen. Dabei fiel Ihr Name. Häufig.« Er zog die Augenbrauen hoch und Tessa spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Was um alles in der Welt hatte der Kommissar ihm erzählt? Bevor Tessa ihren Gedanken in eine unverfängliche Frage formulieren konnte, sprach Professor Clement schon weiter.
    »Wir können gleich anfangen. Frau Henke wird gerade zurechtgemacht. Wollen Sie sie sehen?«
    »Ja. Natürlich.«
    Er deutete auf eine geschlossene Tür zu seiner Rechten. Dort ging es in den Verabschiedungsraum. Ein Raum, der für die Angehörigen direkt aus der Empfangshalle über eine Treppe zu erreichen war und in dem sie von ihren Lieben Abschied nehmen konnten. Von den dahinterliegenden Kellerräumen bekamen sie nichts mit. Als die Tür aufging, wirkte der Raum nach dem grellen Neonlicht nahezu heimelig. Sanftes Licht, orangefarbene Wände, ein Kreuz an der Wand. Ein paar Stühle. In der Mitte ein Holzkasten. In diesen Kasten war die Stahlliege geschoben und deren Ränder mit einer Decke verdeckt. So sah es aus, als ob Gabriele Henke in einem Sarg läge.
    Sie trug ein weißes Leichenhemd. Der brutal durchschnittene Hals war mit einem Verband abgedeckt. Nahezu liebevoll hatte sich der Präparator bemüht, die Verletzungen zu verbergen. Er legte gerade ein paar Plastikblumen auf die Leichendecke.
    »Keine Plastikblumen, bitte«, sagte Tessa.
    Gabriele Henke sah friedlich aus. Würdevoll. Tessa trat nahe an sie heran. Die Hände waren unter der Decke versteckt.
    »Können wir die Arme über die Decke legen?«
    Der Präparator nickte wortlos und bettete die Arme vorsichtig um. Er schien zu ahnen, dass sie mehr als nur eine ärztliche Kollegin war. Ein Telefon summte leise in der Kitteltasche des Professors, der neben ihr stand.
    »Torben. Er kommt runter«, sagte er nach einem Blick auf das Display. Schon hörte sie leise Schritte auf der Treppe.
    »Doktor Ravens.« Koster nickte ihr kurz zu, während er dem Rechtsmediziner lächelnd auf die Schulter klopfte. »Die Tochter ist da. Maria Rosenstein.«
    »Gut, gehen wir hoch und erklären ihr, was auf sie zukommt«, sagte Clement.
    Oben angekommen stellte er sich der zerbrechlich wirkenden Frau vor, die ihn aus großen Augen anstarrte. Die Begrüßung fiel leise aus. Die Worte nur ein gemurmeltes Flüstern.
    »Wenn Sie gleich zu Ihrer Mutter gehen, möchte ich, dass Sie auf keinen Fall den Verband an ihrem Hals abnehmen. Die Staatsanwaltschaft hat den Leichnam noch nicht freigegeben, sodass Sie sie bitte nur

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