Nacht ohne Ende
Dendy seine volle Aufmerksamkeit. Er nahm stark an, dass Dendy blau war. Er hatte den ganzen Abend hindurch in kurzen Abständen aus seiner Taschenflasche getrunken. Er wirkte extrem verstört und durcheinander, so als wäre er kurz davor, die Kontrolle über seine Gefühle zu verlieren. Er war nicht länger der aggressive, kampflustige Großkotz, der allen auf den Wecker ging.
»Ich höre, Mr. Dendy.«
»Holen Sie Sabra einfach heil dort raus. Das ist das Einzige, was jetzt noch für mich wichtig ist. Sagen Sie Sabra, dass sie das Baby behalten kann. Ich werde mich nicht in ihr Leben einmischen. Dieses Videoband von meiner Tochter...« Er rieb sich mit dem Handrücken über seine tränenfeuchten Augen. »Das hat mich irgendwie fertig gemacht. Alles andere spielt jetzt keine Rolle mehr. Ich will nur, dass meine Tochter heil und unversehrt dort rauskommt.«
»Das ist auch mein Bestreben, Mr. Dendy«, versicherte Calloway ihm.
»Erklären Sie sich mit allen Bedingungen des Jungen einverstanden.«
»Ich werde den besten Handel für ihn herausschlagen, der mir möglich ist. Aber erst einmal muss ich ihn dazu bringen, mit mir zu sprechen.«
Das Telefon klingelte unentwegt weiter.
»Ronnie?«
Der junge Mann merkte nicht, dass Doc jetzt im Besitz des Revolvers war. In all der Aufregung und Verwirrung hatte Ronnie offensichtlich überhaupt nicht mehr an Cains versteckte Waffe gedacht. Doc hob die Hand, und als der jüngere Mann den Revolver sah, zuckte er zusammen. Donna stieß einen erstickten Angstschrei aus, bevor sie sich beide Hände auf den Mund presste.
Aber Doc bedrohte Ronnie nicht etwa mit der Waffe, sondern schloss seine Finger um den kurzen Lauf und hielt sie Ronnie mit dem Griff voran hin. »Daran können Sie sehen, wie viel Vertrauen ich zu Ihnen habe, dass Sie die richtige Entscheidung treffen.«
Ronnie sah schrecklich jung, unsicher und verletzlich aus, als er den Revolver nahm und in den Taillenbund seiner Jeans steckte. »Sie kennen meine Entscheidung bereits, Doc.«
»Selbstmord? Das ist nicht die Entscheidung eines erwachsenen Mannes. Das ist der feige Rückzieher eines verdammten Schlappschwanzes.«
Der Junge blinzelte, verdutzt über die derbe Ausdrucksweise, aber sie diente dazu, seinen Entschluss zu erschüttern, was Docs Absicht war, wie Tiel vermutete. »Ich will nicht darüber reden. Sabra und ich haben unsere Entscheidung getroffen.«
»Gehen Sie ans Telefon«, forderte Doc ihn mit ruhiger, beredtsamer Stimme auf. »Erklären Sie Calloway und seinen Leuten, was hier drinnen passiert ist. Sie haben die Schüsse gehört. Sie wissen nicht, was zum Teufel hier los ist, aber sie nehmen wahrscheinlich das Schlimmste an. Zerstreuen Sie ihre Befürchtungen, Ronnie. Sonst könnte jede Sekunde ein bewaffnetes Sondereinsatzkommando hier hereinstürmen, und jemand wird blutig enden, womöglich sogar tot.«
»Was für ein Sondereinsatzkommando? Sie lügen doch!«
»Würde ich Sie belügen, nachdem ich Ihnen eine geladene Waffe in die Hand gedrückt habe? Wohl kaum. Ich habe zufällig gesehen, wie draußen Scharfschützen in Stellung gegangen sind, während Sie damit beschäftigt waren, diese beiden Mexikaner zusammenzuschnüren. Das Sondereinsatzkommando steht dort draußen bereit und wartet nur auf ein Signal von Calloway. Liefern Sie ihm keinen Grund, die Männer zu mobilisieren.«
Ronnie blickte nervös durch die Glastür nach draußen, aber er konnte nichts außer der wachsenden Anzahl von Dienstfahrzeugen sehen, die aus der ganzen Umgebung zusammengeströmt waren und einen Verkehrsstau auf dem Highway verursachten.
»Lassen Sie mich ans Telefon gehen«, schlug Tiel vor und trat einen Schritt vor, um seine Unentschlossenheit auszunutzen. »Hören wir uns an, was Calloway und die anderen zu dem Video zu sagen haben. Es kann ja durchaus sein, dass ihre Reaktion auf die Aufnahmen positiv ausgefallen ist. Vielleicht rufen sie an, um zu sagen, dass sie mit allen Ihren Bedingungen einverstanden sind.«
»Okay«, murmelte Ronnie und winkte sie zum Telefon.
Tiel war heilfroh darüber, endlich das infernalische Geklingel abstellen zu können. »Hier ist Tiel«, sagte sie, als sie den Hörer abnahm.
»Miss McCoy, wer hat diese Schüsse abgefeuert? Was geht dort drinnen vor?«
Calloways Schroffheit ließ deutlich erkennen, wie beunruhigt er war. Um ihn nicht länger im Ungewissen zu lassen, erklärte sie ihm so kurz und bündig wie möglich, wie es dazu gekommen war, dass Doc mit Agent Cains
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