Nacht ohne Ende
er seiner Frau Sterbehilfe geleistet?«
»Er hätte vermutlich ausreichend Gründe dafür gehabt, aber er hat es nicht getan.«
»Siehst du? Wir haben bereits einen provozierenden Dialog in Gang gesetzt. Du könntest diese Diskussion als Überleitung benutzen, um auf seine Rolle bei dem Geiseldrama zu sprechen zu kommen. Es würde genial sein! Wir könnten diese Pilotsendung den Muftis in der Chefetage zeigen. Sie vielleicht an einem Abend als Sondersendung im Anschluss an die Nachrichten ausstrahlen. Sie würde deine Eintrittskarte sein, um den |ob als Gastgeberin bei Nine Live zu kriegen.«
»Vergiss es, Gully.« Tiel drückte die schwere Glastür auf, die zum Parkplatz der Angestellten führte. Der Asphalt war so heiß wie eine Herdplatte.
»Aber wieso denn?« Er folgte ihr nach draußen. »Das ist doch das, was du immer gewollt hast, Tiel. Du solltest diese Chance besser sofort beim Schopf ergreifen, sonst könnte sie dir noch immer von jemand anderem weggeschnappt werden. Sie könnten die Sendung auch Linda geben, besonders wenn sie jemals dahinter kommen, dass du von Anfang an über Stanwick Bescheid gewusst hast. Verschiebe deinen Urlaub, bis diese Sache unter Dach und Fach ist.«
»Und dann würde ich überhaupt nicht mehr wegkommen, weil ich an all den Produktionsbesprechungen teilnehmen müsste.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Gully, kommt nicht in Frage. Ich fahre.«
»Ich verstehe dich einfach nicht. Was ist bloß mit dir los? Kriegst du deine Tage, oder was?«
Sie weigerte sich, Anstoß an seiner Bemerkung zu nehmen, und lächelte. »Ich habe es ganz einfach satt, diesen Affentanz mitzumachen, Gully. Ich habe das ständige Gerangel um einen Spitzenjob satt und die Paranoia, die das erzeugt. Die Senderbosse wissen, was ich kann. Sie wissen um meine Popularität bei den Fernsehzuschauern, die jetzt größer ist als je zuvor. Sie haben meine langjährige Arbeit, meine Einschaltquoten und meine Auszeichnungen, um zu wissen, dass ich die beste Wahl für diesen Job bin.«
Sie öffnete die Tür ihres Wagens und warf ihre Tasche hinein. »Sie werden von meinem Agenten hören, während ich fort bin. Ich mache Nine Live zu einer Bedingung meines Vertrags. Wenn ich die Sendung nicht bekomme, werde ich meinen Vertrag nicht mehr verlängern. Und ich habe diese Woche mindestens hundert andere gute Angebote bekommen, um diese Forderung zu untermauern.«
Sie beugte sich vor und küsste Gully auf die Wange, die vor Verblüffung schlaff geworden war. »Ich liebe dich, Gully. Und ich liebe meine Arbeit. Aber es ist Arbeit, nicht mehr und nicht weniger; es ist nicht länger mein einziger Lebensinhalt.«
Auf ihrer Fahrt aus der Stadt hielt sie einmal kurz an - bei einem Müllcontainer hinter einem Supermarkt. Sie warf zwei Dinge in den Container. Das eine war eine Tonbandkassette. Das andere war das zweistündige Videoband aus Gladys' und Verns Camcorder.
Tiel verfluchte ihre hoffnungslos verhedderte Angelschnur. »Verdammtes Mistding!«
»Wollen sie nicht anbeißen?«
Sie zuckte erschrocken zusammen, weil sie geglaubt hatte, ganz allein zu sein, und drehte sich dabei gleichzeitig hastig um. Und sie bekam prompt weiche Knie, als ihr Blick auf Doc fiel. Er lehnte lässig gegen einen Baumstamm, seine große, schlanke Gestalt und seine Cowboykluft in vollkommenem Einklang mit der wilden, zerklüfteten Gebirgslandschaft.
»Ich wusste gar nicht, dass du angeln kannst«, bemerkte er.
Er war den ganzen weiten Weg gekommen, um sich übers Angeln zu unterhalten? Okay, soll mir recht sein, dachte Tiel. »Offensichtlich kann ich das nicht«, sagte sie laut. Sie hielt die verhedderte Schnur hoch und runzelte die Stirn. »Aber da es anscheinend das ist, was man tun sollte, wenn man einen klaren Gebirgsbach hinter seiner Ferienwohnung hat... Doc, was machst du hier?«
»Ich habe gute Nachrichten über Ronnie.«
Ronnie Davisons Gesundheitszustand, der bei seiner Einlieferung in die Klinik äußerst kritisch gewesen war, hatte sich ganz entscheidend gebessert. Wenn seine Genesung weiterhin so große Fortschritte machte, würde er in ein paar Tagen nach Hause entlassen werden. »Sehr gute Nachrichten. Und auch über Sabra. Sie ist schon wieder nach Fort Worth zurückgekehrt. Ich habe gestern Abend mit ihr telefoniert. Sie und ihre Mutter werden Katherine großziehen. Ronnie wird ein uneingeschränktes Besuchsrecht haben, aber er und Sabra haben beschlossen, sich mit dem Heiraten doch noch ein paar Jahre
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