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Nacht ohne Erbarmen

Nacht ohne Erbarmen

Titel: Nacht ohne Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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oder zwei eigene Spielregeln hinzufügen.
      Hinter mir spürte ich den Hauch einer Bewegung. Ich fühlte sie mehr, als daß ich sie sah. Dann streckte ich die Hände aus und zog sie an mich. Sie war immer noch nackt und zitterte ein wenig. Die feuchte Luft roch schwer nach Mimosen. Die ganze elektrisch geladene Welt wartete auf ein Zeichen. Als es kam, öffneten sich die Schleusen des Himmels, und senkrecht stürzte
    der Regen auf die Erde hinab.
      Ich atmete die frische Luft ein, die stärker war als ihr fraulicher Duft. Ich ließ sie im Zimmer zurück, trat auf die Terrasse hinaus, hielt mein Gesicht dem Regen entgegen, den Mund halb geöffnet, und lachte, wie ich schon seit langer, langer Zeit nicht mehr gelacht hatte. Ich war bereit, mich wieder der Welt entgegenzustellen und sie in ihrem eigenen, dunklen Ränkespiel zu schlagen.

    5

    Die Karwoche wurde gerade gefeiert, als wir in Palermo eintrafen. Das hatte ich völlig vergessen. Vom Flughafen Punta Raisi bis in die Stadt waren es fünfunddreißig Kilometer. Der schwarze Mercedes, der uns abgeholt hatte, blieb in den überfüllten Straßen stecken. Eine Prozession schob sich durch die Menge, hoch über unseren Köpfen schwebte eine reich geschmückte Madonna auf einer Art Sänfte dahin.
      Schon seit der Abreise aus Kreta war Burke launisch und reizbar gewesen. Nun kurbelte er das Fenster herab und schob mit schlecht verhohlener Ungeduld den Kopf hinaus.
      »Was soll das eigentlich?«
      »Eine feierliche Prozession«, antwortete ich. »So geht das in Sizilien überall in der Karwoche. Alles andere gerät ins Stocken. Die Leute hier sind sehr religiös.«
      »Es scheint nur wenig auf dich abgefärbt zu haben«, meinte er bissig.
      Pete Jaeger warf mir einen besorgten Blick zu. Ich wußte nicht genau, wieviel er von dem kannte, was zwischen Burke und mir gewesen war, aber daß sich in unseren Beziehungen etwas geändert hatte, war in den letzten drei Tagen deutlich genug geworden.
      »Ach, ich weiß nicht«, sagte ich. »Ist euch nicht aufgefallen, daß die Heilige Jungfrau ein Messer im Herzen stecken hatte? Da habt ihr Sizilien: überall der Kult mit dem Tod. Ich würde sagen, daß ich recht gut dazu passe.«
      Er lächelte zögernd. »Vielleicht hast du recht.«
      Ich wandte mich an Pete. »Es wird dir gefallen, eine tolle Gegend. Zu Allerheiligen bekommen die Kinder Geschenke von den Toten. Hier gibt es vermutlich die bestgepflegten Gräber auf der ganzen Welt.«
      Pete grinste und war offenbar erleichtert, aber Legrande, der vorn neben dem Fahrer saß, war verschwitzt und müde. Seine Augäpfel waren gelblich gefärbt, was mir gar nicht gefiel. Vielleicht begann ihn wieder das Fieber zu plagen, das er sich im Gefangenenlager des Vietcong zugezogen hatte.
      »Machen wir hier eigentlich eine Stadtrundfahrt?« fragte er.
      Ich hörte gar nicht hin und beugte mich aus dem Fenster, als der Mercedes sich langsam durch die Menge schob. Die Mädchen waren etwas modischer gekleidet als bei meinem letzten Aufenthalt hier, und die jungen Burschen auch, aber es roch nach Weihrauch und Kerzenwachs, und auf der anderen Seite des Platzes hörte ich vielstimmiges Singen. Die Menge zerstreute sich, und dann tauchten die Sünder auf, die in ihren spitzen Kapuzen und den weißen Roben eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Ku-Klux-Klan aufwiesen.
      Nein, es hatte sich doch nichts verändert. Unter der Oberfläche war alles gleichgeblieben.

    Etwa zehn Kilometer außerhalb von Palermo, an der Küsten straße nach Messina, liegt der Strand von Romagnolo, an den Wochenenden ein beliebter Ausflugsort der Stadtbewohner. Noch drei Kilometer weiter befand sich Hoffers Villa. Allem Anschein nach war sie erst ein oder zwei Jahre alt und so entworfen, daß sie genau an den Hügel paßte, der sich über uns erhob. Drei Etagen übereinander lehnten sich an den Hügel, und eine Art maurischer Dachgarten krönte den obersten Teil.
      Der ganze Besitz war von einer hohen Mauer umgeben, und wir mußten am Tor anhalten, bis uns ein Wachtposten mit einer Maschinenpistole über der Schulter kontrolliert hatte.
      »Wozu die private Armee?« fragte ich Burke.
      »Hoffer ist ein reicher Mann. Seit der Sache mit dem Mädchen macht er sich Sorgen. Vielleicht ist er als nächster dran.«
      Das klang ganz vernünftig. Entführungen gehörten schließlich zu den ältesten Geschäften auf Sizilien, und ich hatte auch schon an Parties in Bel Air

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