Nacht ohne Schatten
Weitersprechen als eine Frage.
Die Krieger streicht sich eine ihrer widerspenstigen Locken aus dem Gesicht. »Klausâ Bericht stimmt mit den Obduktionsergebnissen überein: Der Brandanschlag trägt die Handschrift von Profis, was den Obdachlosen Gregor Schmidt als Täter ausschlieÃt. Entweder haben wir es also mit zwei verschiedenen Tätern zu tun, oder Schmidt sagt die Wahrheit und ist nur ein Zeuge.«
»Kann er etwas zu dem Brand aussagen?«, fragt Klaus Munzinger.
Sie schüttelt den Kopf. »Nichts. Angeblich hat er den gar nicht bemerkt, will aber auch nicht sagen, wo er in der Brandnacht war. Wir müssen das dringend rauskriegen, Obdachlosenheime befragen, weiter nach seinem Unterschlupf suchen. AuÃerdem müssen wir Bergers Rucksack finden. Berger hat am 5 . Oktober 23 437 Euro in bar von seinem Sparkonto abgehoben. Von dem Geld fehlt jede Spur. Hat es etwas mit seiner Ermordung zu tun? War es Zufall, dass er sich einen Monat später auf die Strecke der S 5 versetzen lieÃ?«
»Ich glaube nicht an Zufälle«, sagt Manni und merkt,wie sich die Krieger noch mehr versteift. Trotzdem spricht er weiter, sagt endlich, was er schon die ganze Zeit denkt. »Der Dreh- und Angelpunkt ist das Mädchen.«
Ein paar Kollegen nicken. Auch Diddl Makowski stöÃt einen zustimmenden Grunzer aus.
»Und was hat Berger mit ihr zu tun?«, fragt Judith Krieger.
»Vielleicht hat er den Kellerpuff gemeinsam mit unserem Luigi betrieben«, antwortet Makowski. »Damit hätten wir auch gleich ein Mordmotiv: Die Konkurrenz ist hart geworden, seit jeder Idiot quasi ungestraft sein eigenes Bordell eröffnen darf. Nicht jeder Profilude sieht das gern.«
Wieder bemüht sich Judith Krieger vergeblich, ihre Locken in den Griff zu bekommen. »Eine derartige Beteiligung Bergers ist bislang pure Spekulation.«
Makowski nickt. »Ein schwarzer Mann aber auch. Und dass unser S-Bahn-Fahrer der Erotik recht aufgeschlossen gegenüberstand, wissen wir durch seine DVDs.«
»Pornos«, sagt Judith Krieger scharf. »Er hat Pornos geguckt.«
»Sag ich doch.«
»Du hast Erotik gesagt. Das ist ein Unterschied.«
Makowski grinst. »Wenn du das sagst.«
»Im Porno geht es um Erniedrigung, die Erniedrigung von Frauen.«
»Manchmal gehtâs auch um SpaÃ.«
»Jede Studie besagt, dass das alles immer brutaler wird. Gangbang und so weiter, Popstars singen inzwischen davon und machen Millionen damit, die Modefotografie imitiert Vergewaltigungsszenarien â¦Â«
Makowski will widersprechen, aber gegen Judith Krieger in voller Fahrt hat er keine Chance.
»⦠wusstest du, dass regelmäÃiger Pornokonsum impotent macht? Die Konsumenten stumpfen ab, brauchen immer noch stärkere, brutalere Reize. Mit einer realen Frau kommen sie dann nicht mehr klar.«
»Einer Frau wie dir.« Makowski genieÃt diesen Streit, so viel ist klar.
»Ich schlage vor, dass wir sachlich bleiben.« Millstätts Stimme könnte Stein zerschneiden. Die Krieger schluckt hart, auch Makowski reiÃt sich am Riemen, dennoch heizt sich die Atmosphäre im Konferenzraum weiter auf. Eine Art Lauern liegt in der Luft, abschätzend huschen die Blicke der Kollegen zwischen Millstätt, Makowski und der Krieger hin und her.
»Die Handschellen, mit denen Baldi gefesselt war, stammen von dem Erotikversandhaus Orion.«
»Passt doch.« Makowski lehnt sich zurück.
Der Anfänger zeigt zögernd auf, als drücke er noch die Schulbank und hoffe insgeheim, der Lehrer würde ihn übersehen.
»Ich habe eine ehemalige Kellnerin der Pizzeria gefunden«, haspelt er. »Sie hat bis letzten April im Rimini bedient und schwört, zu ihrer Zeit habe es das Kellerverlies noch nicht gegeben. Leere Bierkästen will sie in dem Raum gesehen haben, mehr auch nicht.«
»Warum hat sie aufgehört, für Baldi zu arbeiten?«, fragt Makowski.
»Baldi hat sie entlassen, er hatte Geldprobleme.«
»Und dann lernt er unseren S-Bahn-Fahrer kennen, der ihm Geld leiht, damit sie den Keller zu einem Puff ausbauen können«, sinniert der Kollege von der Sitte.
Der Anfänger nickt enthusiastisch. »Vielleicht kann sich jemand dran erinnern. Ein Handwerksbetrieb zum Beispiel. Oder Baldi selbst hat den Keller ausgebaut, dann muss er irgendwo das Material gekauft haben.«
»In einem Baumarkt.« Judith Krieger schaut
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