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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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die Hitze ins Gesicht. Hastig ergreift sie ein Hühnerbein und dreht sich zur Bühne, weg von Sanders. Sie will allein sein, will ihm auf keinen Fall Einblick in ihre Ermittlungen geben. Und vor allem will sie herausfinden, was sie so irritiert. Als ichhereingekommen bin, denkt sie wieder, irgendetwas habe ich da gesehen.
    Â»Was trinken Sie? Sekt?«
    Â»Kölsch.« Sie angelt sich ein Stück Spinatpizza und eine Handvoll Oliven, behält die Fabrikhalle weiter im Blick. Nacheinander klettern weitere Künstler auf die Bühne, stellen sich vor, berichten von ihrer Arbeit, doch Nada ist nicht darunter, und soweit Judith das beurteilen kann, ist sie auch sonst nirgendwo zu sehen.
    Â»Alexander Nolden.« Gero Sanders reicht ihr eine von zwei Flaschen Kölsch und deutet auf die Bühne. »Wichtiger Mann, Rheinbank-Vorstand und sehr an Kunst interessiert.«
    Sie muss in Nadas Atelier, heute noch, gleich. Sie hat sich schon viel zu lange vertrösten lassen. Sanders prostet ihr zu. »Man munkelt, dass Nolden bereit ist, die Kunstfabrik sehr großzügig zu unterstützen.«
    Â»So großzügig, dass die Ateliers erhalten bleiben?« Judith betrachtet den drahtigen Mann mit dem maßgeschneiderten Anzug, der jetzt allein mit Paul Klett auf der Bühne steht, scherzt und sich über den Segen der Kunst auslässt.
    Sanders beißt in einen Hähnchenschenkel. »Möglich. Er liebt es, Gutes zu tun, vor allem, wenn Presse anwesend ist. Und seine Mutter war Malerin.«
    Â»Sie sind gut informiert.«
    Â»Ich war mal Lokalschreiberling.«
    Â»War?«
    Er lächelt. »Ich habe vor ein paar Jahren einen Reportagepreis gewonnen, dann ein Buch geschrieben, was dazu führte, dass ich heute als freier Journalist leben kann. Gefällt mir besser als der ewig gleiche Trott in der Redaktion.«
    Â»Kennen Sie die Performancekünstlerin Nada?«
    Â»Natürlich. Wer kennt sie nicht.«
    Â»Ich sehe sie nirgends.«
    Sanders trinkt einen Schluck Bier, betrachtet Judith nachdenklich. Sie dreht sich eine Zigarette, zündet sie an.
    Â»Sie sollten nicht rauchen, das tut Ihnen nicht gut.«
    Judith bläst den Rauch haarscharf an dem Journalisten vorbei. »Es ist nicht gesund, stimmt, das hab ich schon mal irgendwo gehört.«
    Er lacht. »Bevor Sie kamen, hieß es, Nada sei überraschend erkrankt.«
    Das Programm auf der Bühne wird jetzt unterbrochen. Musiker bauen ihre Instrumente auf, die Gäste nutzen die Pause und drängen zum Buffet. Judith schlängelt sich nach vorn durch, zu Thea Markus, die sich seitlich der Bühne mit Alexander Nolden unterhält.
    Â»Frau Markus?«
    Falls die Bildhauerin gehofft hat, Judith an diesem Abend nicht wiederzusehen, verbirgt sie es geschickt.
    Â»Alexander Nolden, unser wichtigster Gönner – Hauptkommissarin Krieger, mit den Mordermittlungen vor unserer Haustür betraut.«
    Nolden hat dunkle Haare, ist aber bestimmt über fünfzig, jetzt aus der Nähe erkennt Judith das. Ein Mann, der weiß, was er will, und weiß, wie er es bekommt, und es nicht nötig hat, damit zu prahlen, denkt sie. Er gibt ihr die Hand, erkundigt sich nach den Ermittlungen, ohne Sensationslust, ohne Arroganz.
    Â»Ich hatte eigentlich gehofft, heute Abend endlich eine Kostprobe von Nadas Können zu erhalten«, sagt Judith.
    Noldens Blick streift ihre Frisur. Ein Lächeln spielt in seinen Mundwinkeln.
    Â»Eine Polizistin mit Geschmack.«
    Â»Sie mögen Nadas Kunst?«
    Â»Ich verehre sie! Die reinste Frischzellenkur für die manchmal doch etwas satte Szene.«
    Auf einmal ist das Gefühl aus Judiths Albträumen wieder da. Das haltlose Fallen ins schwarze Nichts. Sie hätte das Bier nicht so schnell trinken dürfen, überhaupt keinen Alkohol. Es ist viel zu warm in Pullover und Mantel. Sie tastet nach der Bühne, stützt sich ab. Unauffällig, wie sie hofft.
    Â»Wissen Sie, wo Nada jetzt ist?«
    Â»Erkrankt, wie ich höre.« Nolden mustert sie aufmerksam.
    Â»Paul hat mit ihr telefoniert.« Thea Markus berührt Judiths Arm, sichtbar entschlossen, das Geplänkel mit dem Kunstfabrik-Retter nicht in ein Polizeiverhör ausufern zu lassen. Doch selbst wenn Judith dies vorgehabt hätte, macht die nun einsetzende Musik der Band jedes weitere Gespräch in Bühnennähe unmöglich. Sie entdeckt Paul Klett am anderen Ende der Halle, kämpft sich zu ihm

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