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Nacht ohne Schatten

Nacht ohne Schatten

Titel: Nacht ohne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Klönne
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durch.
    Â»Nada. Ich muss mit ihr sprechen. Jetzt. Sofort.« Sie zieht den Künstler auf den Flur, froh, dass es dort deutlich kühler ist. Ihr Schwindel lässt nach.
    Â»Nada ist krank.«
    Â»Sie haben mit ihr telefoniert, und Sie haben ein Verhältnis mit ihr.«
    Â»Hören Sie …«
    Â»Wo ist Nada, von wo hat sie Sie angerufen?«
    Klett betrachtet den Boden, längst nicht mehr so selbstsicher.
    Â»Ich möchte eigentlich ungern Ihr Telefon überprüfen.«
    Â»Nada hat nicht angerufen.«
    Â»Wo ist sie?«
    Er schüttelt den Kopf, sieht ehrlich verzweifelt aus. »Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Bitte, die Gala …«
    Er lehnt sich an die Wand, streift dabei eine der Vitrinen, die anlässlich des Benefizabends auf den Flur gerückt wurden. Die Vitrine schwankt, Paul Klett stabilisiert sie. Messer liegen darin, gebogen und gerade, einschneidig und zweischneidig, Messer mit gewellter Klinge und mit glatter. Ein Messer mit Griffschutz. Thea Markus besitzt ein solches Schnitzmesser, Judith hat es bei ihrer ersten Befragung der Bildhauerin gesehen.
    Sie hastet nach draußen, in die feuchtwarme Nacht. Wählt Millstätts Handynummer, dann, als sie ihn nicht erreicht, die Holger Kühns.
    Â»Ich brauche einen Durchsuchungsbeschluss«, sagt sie, als er sich meldet. »Jetzt sofort.«
    Fernsehgeräusch ist im Hintergrund zu hören, während sie dem stellvertretenden Soko-Leiter den Sachverhalt schildert. Die mögliche Tatwaffe, ein verschlossenes Atelier, eine verschwundene Künstlerin. Warum das so dringlich sei, will Kühn schließlich wissen, verlangt einen schriftlichen Bericht, bevor er etwas entscheidet, verweist auf die Russin als heißeste Spur.
    Die Wut macht Judith ruhig, ganz anders als sonst, führt sie wieder in die Fabrik, hoch zu Nadas Atelier. Die Tür ist verschlossen, kein Laut dringt heraus, kein Licht, kein Geruch, die Sicherheitsschlösser wirken unversehrt. Judith denkt an Swetlana und an Bergers Blick, als er auf den Gleisen lag. Sie stellt sich Luigi Baldi vor, wie er versuchte, seine Fesseln zu sprengen, zu entkommen, während das Feuer sich vorwärtsfraß. Ist Nada dafür verantwortlich, oder versteckt sie sich, weil sie als Zeugin um ihr Leben bangt? Hat Thea Markus etwas damit zu tun?
    Das Atelier der Bildhauerin steht offen. An seinen Wänden hängen nun statt der Treibholzmodelle großflächig-abstrakte Ölgemälde, die eine junge Frau argwöhnisch bewacht. Judith betrachtet die Bilder, einige wirken eher wie hastige Entwürfe denn wie ausgereifte Gemälde. Auf einem glaubt Judith Flügel zu erkennen, luftige Schwingen, Schwingen der Nacht, wie in den Anfangsphasen ihrer nächtlichen Träume. In der Spiegelung des Fensters erkennt sie ihre absurd schiefe Frisur. Sie zieht eine Grimasse, entdeckt den hölzernen Werkzeugkasten in einem Regal.
    Sie hat sich gerade erst rehabilitiert, kann sich keinen Ärger mit ihren Vorgesetzten leisten, wenn sie jemals befördert werden will. Eine Gruppe Besucher schlendert über den Gang, Schritte, Gelächter und Stimmen ertönen, verschwinden dann in einem anderen Atelier. Kühn wollte einfach seine Ruhe haben, deshalb unternimmt er nichts. Er hatte keine Lust auf eine nächtliche Diskussion mit dem Staatsanwalt. Judith denkt anden Jungen, den sie im letzten Sommer beinahe nicht mehr hätten retten können, weil sie die falsche Spur verfolgten. Sie strafft die Schultern, geht auf die junge Frau zu.
    Â»Ich will dieses Bild dort kaufen, sofort.« Die Frau reißt die Augen auf, begreift, hastet los.
    Â»Ich hole die Künstlerin, warten Sie hier.«
    Judith reißt ein Stück Plastikfolie aus einem Regal, kniet sich vor den Werkzeugkasten, öffnet ihn. Sie atmet tief durch, als sie das Messer sieht. Nimmt ihr Handy und fotografiert. Erst dann hebt sie das Messer mithilfe der Folie heraus. Es entspricht wirklich exakt den Beschreibungen Karl-Heinz Müllers: einschneidig mit Metallgriffschutz, die Klinge etwa zehn Zentimeter lang. Sehr sauber sieht es aus, beinahe neu.
    Die Stimmen vom Flur werden wieder lauter, sind schon zu nah. Judith hält das Messer ans Licht, erkennt, dass sein Griff Gebrauchsspuren aufweist. Hektisch verbirgt sie es hinter ihrem Rücken, als ein Schatten in den Türrahmen fällt.
    Â»Haben Sie etwas verloren?«
    Der Journalist Gero Sanders. Ausgerechnet. Judith

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