Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
dieser riesige Nigger, der die eine Seite von seim Kopf rasiert hat, is’ zwischen den Bäumen rausgepaddelt. Es is’ am selben Morgen gewesen, an dem du den Mann mit dem Licht draußen bei unserm Bootsanleger gesehn hast, Dave. Fat Daddy sagt, der riesige Nigger hat goldene Zähne gehabt, und seine Arme warn so dick wie Telefonmasten. Im Bug von seim Boot is’ ’n Gewehr gewesen, und als Fat Daddy es gesehn hat, hat ihm der Nigger so ’n bösen Blick zugeworfen, dass Fat Daddys Frau ins Auto gewollt hat. Das is’ der Mann, der bei unserm Laden gewesen is’, nicht?«
»Klingt ganz danach.«
»Das ist noch nicht alles. Als Fat Daddy und seine Frau den Uferdamm runtergelaufen sind, ham sie denselben Nigger wieder gesehn. Diesmal hat er mit dem Fuß den Boden von der Piroge kaputtgemacht. Er hat Riesenlöcher reingetreten und sie mitten im Kanal versenkt. Was bezweckt er denn damit?«
»Wer weiß? Vielleicht will er keine Fingerabdrücke hinterlassen.«
»Das is’ noch nich’ alles. Er hat gesehn, dass sie ihm zuschaun, und is’ den Damm hochgelaufen und hat sich zwischen Fat Daddy und Fat Daddys Auto gestellt. ›Warum geht ihr mir nach?‹, hat er gesagt.
›Wir sind zum Fischen hier‹, sagt Fat Daddy. ›Wir kümmern uns nicht drum, was andre machen.‹
Darauf sagt der Nigger: ›Willst du jemand erzähln, dass du ’n Mann gesehn hast, der Alligatoren wildert? Weil du nämlich ’n gottverdammter Lügner bist, wenn du das tust.‹
Sagt Fat Daddy: ›Wir wissen nix von ’nem Gator. Also lassen Sie uns in Ruh. Wir machen Ihnen kein Ärger. ‹
Darauf lächelt der Nigger. ›Du bist ’n hübscher fetter Kerl. Weißt du, warum ich meine Piroge kaputtgemacht hab? Weil sie Löcher gehabt hat.‹ Und die ganze Zeit hat er mit der Hand an seinem Gemächt rumgedrückt, wie wenn’s ihn juckt, wie wenn’s ihm wurscht war, dass eine Frau dabei is’. Fat Daddy sagt, wenn man dem Nigger ins Gesicht geschaut hat, hat man genau gewusst, was der im Sinn hat. Der hat bloß drauf gewartet, dass man ein falsches Wort sagt, damit er seine ganze Boshaftigkeit an einem auslassen kann.
Fat Daddys Frau hat sich ins Auto gesetzt und sich keinen Zentimeter von der Stelle gerührt, hat vor lauter Angst kaum mehr Luft geholt und die ganze Zeit gebetet, dass Fat Daddy einsteigt und sie fortbringt.
Dann nimmt der Nigger Fat Daddy seine Angel und den Eimer ab, schmeißt sie auf den Rücksitz, macht die Vordertür auf und hilft Fat Daddy beim Einsteigen. ›Ich zeig euch mal was‹, sagt er, ›aber ich bin mir nicht sicher, ob ich’s noch kann. Passt mal auf.‹
Er hat mit beiden Händen unter die vordere Stoßstange gegriffen und sich so angestrengt, dass es ausgeschaut hat, wie wenn ihm sämtliche Adern im Gesicht platzen, und er hat dabei mit seinen Goldzähnen gegrinst, und die Spucke is’ ihm aus dem Mund gelaufen. Dann hat er das Auto vorn hochgehoben, sodass es mit den Hinterrädern fast vom Damm gerollt war, eh er’s wieder fallen gelassen hat.
Er kommt zum Seitenfenster, grinst immer noch, wie wenn er was Tolles gemacht hätt, und lässt die Spucke auf sein Finger tropfen. Er nimmt Fat Daddy den Sonnenhut vom Kopf, steckt ihm den Finger ins Ohr und setzt ihm den Hut wieder auf. Hat kein Wort gesagt. Hat Fat Daddy bloß seine Spucke ins Ohr geschmiert und is’ weggegangen.
Was für ein Mann macht denn so was, Dave? Ich komm mir dabei richtig schlecht vor. Ich wünschte, ich hätt irgendwas gegen den unternommen, als er in unsern Laden gekommen is’. Lieber Gott, wirklich wahr.«
Batist schüttelte den Kopf. Die Suppe und den Löffel, der neben dem Teller lag, hatte er vergessen.
Ein Therapeut erklärte mir mal, dass Träume überhaupt nicht rätselhaft seien. Sie stünden für unsere Ängste und Hoffnungen, sagte er. Leider konnte ich beides noch nie richtig auseinander halten.
Ich sehe eine Laube auf einer grasbewachsenen Böschung am Bayou Teche. Die Baumstämme wirken hart und weiß im Mondschein, wie Steine, doch voller Kraft, so als ob durch das kalte Licht eine flackernde Energie in der Borke gebannt werde. In der Laube stehen ein Weidenkorb voller Trauben und Bananen, eine verkorkte grüne Flasche mit Burgunderwein, eine in ein weiches Handtuch eingeschlagene Flasche Jack Daniel’s Black Label und ein Eimer mit gestoßenem Eis, in dem zwei beschlagene Chrombecher liegen.
Ich koste den nach Holzkohle und Eiche schmeckenden Whiskey, der wie flüssiger Rauch über meine Zunge rinnt. Ich spüre die
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