Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
mir meine Waffe wieder?«, fragte ich.
»Kann ich nicht machen.« Dann wurde er ernst und schaute mich offen und unverblümt an. »Ich will mich Buford LaRose stellen, und Sie solln das einfädeln.«
Als ich nichts erwiderte, sagte er: »Sind Sie taub? Sie solln’s doch bloß einfädeln. Irgendwo draußen auf dem Land. Der geht bestimmt drauf ein. Der kommt dabei groß raus.«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann, Partner.«
»Die ham ’n kleinen italienischen Pisser auf mich angesetzt. ’n Mann, mit dem ich im Knast gewesen bin und der gewusst hat, wo ich mein Lager hab. Für manche Leute is’ Wissen wirklich ein Fluch.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
Seine Augen waren weit aufgerissen, wachsam, glühten förmlich, als sei er felsenfest überzeugt, dass auf dieser Welt jeder des andern Feind war.
»Man könnte sagen, ich hab ihm ins Gewissen geredet. Er hat gesagt, dass Sie und ich jemand furchtbar stinken und weggeputzt werden solln, bevor ein bestimmter Gouverneur seinen Amtseid ablegt. Der is’ so weit gewesen, dass er keine Geheimnisse mehr für sich behalten wollt.«
»Das gefällt mir ganz und gar nicht, Aaron.«
»Die harn mich schlimmer behandelt wie jeden schwarzen Sittenstrolch. Mir isses scheißegal, was Ihnen gefällt oder nicht... Hier geht’s um uns beide.«
»Nein, geht es nicht.«
Er drückte mir den 45er unter das Kinn. »Dann gehn Sie in den Schuppen.«
»Allmählich werde ich ernsthaft sauer, Aaron.«
Er drückte mir die Mündung fester an den Hals. »LaRose hat meine Tochter benutzt und weggeschmissen. Danach hat er mich ins Gefängnis gebracht. Wenn Sie zu dem halten, sind Sie mein Feind.«
Sein Gesicht war blutleer, aus seinen aufgeblähten Nasenlöchern wucherten graue Haare. Er war jetzt kein wunderlicher alter Mann mehr, auch nicht mehr das bemitleidenswerte, einfältige Opfer irgendwelcher Ränke. Als ich in seine ausdruckslosen Augen schaute, wusste ich mit einem Mal genau, dass er immer einen Grund gefunden hätte, einen Feldzug gegen die Welt zu führen, für die ein Buford LaRose stand, selbst wenn es Buford nicht gegeben hätte.
»Ich gehe nicht in den Schuppen, Aaron«, sagte ich.
Er atmete laut aus. Seine Zunge wirkte in der Dunkelheit wie ein graues Biskuit.
»Ihre Telefonleitung hab ich schon gekappt. Den hier geb ich Ihnen später zurück. Aber gehn Sie mir nicht nach«, sagte er.
»Sie sind ein Blödmann.«
»Nein, ich bin ein toter Mann. So nennt man die Leute, die in der Todeszelle sitzen, die toten Männer. Warten Sie mal ab, bis Sie der riesige Nigger in die Finger kriegt. Oder eine der Ihm droben im Haus. Mal schaun, wie verständnisvoll Sie dann sind.«
»Was haben Sie da gesagt?«
Aber er war schon weg, hatte sich seitlich in die Büsche geschlagen wie eine Krabbe. Ich hörte nur noch das Laub unter seinen Arbeitsstiefeln knirschen, als er davonrannte.
Ich setzte mich neben der Couch, auf der Bootsie schlief, auf den Boden. Sie schlug die Augen auf und schaute mich an.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Aaron Crown war draußen ...« Ich legte ihr die Hand auf den Arm, bevor sie sich aufsetzen konnte. »Ist schon in Ordnung. Er ist wieder weg. Aber er hat die Telefonleitung gekappt.«
»Crown war ...«
»Ich geb’s auf, Boots. Für Aaron, die LaRoses und alles, was die vorhaben, ist jetzt jemand anders zuständig.«
Sie stützte sich auf den Ellbogen.
»Was ist da draußen passiert?«, fragte sie.
»Gar nichts. Das ist es ja. Ich kann diese Leute nicht ändern, da kann ich machen, was ich will.«
Sie schaute mich unverwandt an, so als wolle sie in mich hineinblicken.
»Soll ich uns was zu essen machen?«, fragte sie.
»Das wäre Klasse. Ich geh runter zum Köderladen und ruf von dort aus in der Dienststelle an.«
Als ich die Haustür hinter mir zuzog, sah ich sie in der Küche stehen. Sie hatte ihren Morgenmantel zugebunden, eine rohe Kartoffel in der einen, ein Reibeisen in der anderen Hand, und bereitete das Frühstück zu, so als sei dies ein ganz normaler Tag in unserem Leben, so wie früher, bevor ich mich auf Aaron Crown und die LaRoses eingelassen hatte.
Am Morgen fand Batist meinen 45er in einer Kentucky-Fried-Chicken-Tüte unter dem Fußabtreter auf seiner Veranda.
27
»Wir haben da einen echten Schatz in der Arrestzelle«, sagte Helen.
Ich folgte ihr den Korridor entlang zum Haftbereich und wartete, bis der Deputy die Zelle aufgeschlossen hatte. Der Biker, der drinsaß, hatte einen goldgelben Bart und Haare wie
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