Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
is’ innem Pfarrhaus gewesen. Sie is’ damals noch ’n Mädchen gewesen, hat draußen im Pick-up gewartet. Zwei Männer ham aus dem Fenster zu ihr geschaut. Sie ham nicht gewusst, dass Crown direkt hinter ihnen sitzt.
Sagt der eine: ›Ich hab gehört, das soll das beste Alter sein.‹
Sagt der andere: ›Is’ nicht übel. Aber nimm lieber ’ne Zwirnrolle mit, damit du wieder rausfindest.‹
In dem Moment hat Crown ihnen eins mit der Holzbank verpasst. Dann hat er mit den Stiefeln auf sie eingetreten.«
»Man hat ihn aus dem Klan geschmissen, weil er seine Tochter verteidigt hat?«, fragte ich.
Billy Odom brach einen hellen Holzsplitter aus seinem schmierigen, eingedunkelten Schreibtisch und zeichnete sich damit Striche auf die Haut.
»Wenn sie jung sind und die Schlüpfer nicht dranlassen können, steckt irgendwo der Alte dahinter«, sagte er.
»Was?«
»Vermutet ham’s alle. Dann hat ihn ’ne Frau von der Fürsorge dabei erwischt und es in der ganzen Stadt rumerzählt. Deswegen is’ Crown hierher gezogen.«
»Aaron und seine Tochter?«, fragte ich.
Der Mann, der den Unfall gesehen hatte, meldete ihn fast drei Tage später, erst als seine Frau von Schuldgefühlen geplagt wurde, zu einem Priester ging und dann gemeinsam mit ihrem Gatten die Sheriffdienststelle im Bezirk St. Martin aufsuchte.
Helen Soileau und ich standen am Deich neben einem Kanal am Rande des Henderson-Sumpfs und sahen zu, wie ein Taucher in einem Gummianzug den stählernen, an einer Trosse hängenden Stahlhaken hinten vom Abschleppwagen nahm, neben den Pfeilern einer Brücke hinauswatete, immer tiefer in den aufwallenden Schlick einsank und dann im Wasser verschwand. Der Himmel war strahlend blau, das Moos an den abgestorbenen Zypressen wiegte sich im Wind, und auf den Sandbänken und den tiefgrünen Weideninseln tanzten Sonnenkringel. Als ein Deputy in Uniform die Winde anwarf und die Trosse sich spannte, wogte eine dicke graue Schlammwolke auf.
Helen ging hinauf zu der Holzbrücke, die über den Kanal führte, streifte ihren Schuh am Rand ab und kam dann wieder herunter zum Deich. Die Vorderräder des untergegangenen, auf dem Dach liegenden Wagens tauchten inmitten eines Knäuels abgestorbener Wasserhyazinthen auf.
Der Mann, der den Unfall gesehen hatte, saß mit seiner Frau am Deich. Er trug eine schmierige Kappe, die er tief in die Stirn gezogen hatte.
»Gehen wir’s noch mal durch«, sagte ich.
Er musste den Kopf nach oben recken, in die Sonne, als er mit mir sprach.
»Es war dunkel. Ich bin von der Anlegestelle da drüben zurück zum Lager gelaufen. Der Mond hat nicht geschienen. Ich hab nicht alles genau gesehn«, erwiderte er. Seine Frau, die zusammengesunken dasaß und leicht betreten wirkte, schaute auf die Stahltrosse, die unter der Last des Autos straff gespannt war.
»Doch, das haben Sie«, sagte ich.
»Er is’ auf dem Deich ins Schleudern geraten, als er auf die Brücke gekommen is’, und dann is’ das Auto ins Wasser geflogen. Die Lichter sind an gewesen, bis runter auf den Grund vom Kanal.«
»Was ist dann passiert?«, fragte ich.
Er zog die Oberlippe hoch, bis über die Zähne, so als ob er angestrengt nachdachte.
»Der Mann is’ im Scheinwerferlicht aufgetaucht. Dann isser rauf zum Damm gekommen, direkt auf die Straße zu, wo ich gestanden bin. Er is’ klatschnass gewesen und schnell gelaufen.« Er wandte das Gesicht aus der Sonne und versteckte sich wieder unter der Schirmmütze.
Ich tippte ihm mit der Schuhkante an den Hintern.
»Sie haben den Unfall nicht gemeldet. Wenn wir in dem Wagen irgendwas finden, was da nicht hingehört, sollten Sie sich lieber gut mit uns stellen. Sind wir uns da einig?«, sagte ich.
Seine Frau, die ein bedrucktes Kattunkleid trug, das sich über ihren breiten Schultern bauschte, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas zu, während sie nach seiner Hand tastete.
»Er hat gesagt, ich soll vergessen, was ich gesehn hab«, sagte der Mann. »Er hat’s mir aus nächster Nähe ins Gesicht gesagt. Er hat mich gepackt. An einer empfindlichen Stelle, richtig fest.« Betreten senkte er den Kopf.
»Wie hat er ausgesehen?«, fragte Helen.
»Es war ein Weißer, das ist alles, was ich weiß. Er hatte Whiskey getrunken. Ich hab’s gerochen. Ich hab ihn nicht genau gesehn, weil der Mond weg war.«
»Sehen Sie den Strommast da drüben. Da ist eine Lampe dran. Die brennt die ganze Nacht«, sagte ich.
Der Taucher watete durch das seichte Wasser neben dem umgekippten Lincoln
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