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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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durchtrennen konnte, ohne auch nur daran zu denken, dass er zur Rede gestellt, geschweige denn mit vorgehaltener Waffe in Schach gehalten werden könnte.
    Der Schwarze, der ihm gegenüberstand, war alt, barfuß und ohne Hemd; er trug nur die Latzhose, die er rasch übergezogen hatte, als er gehört hatte, wie Aaron in seine Scheune einbrach.
    »Was machen Sie hier, alter Mann?«, fragte er und richtete die schwere einläufige Schrotflinte auf Aarons Brust.
    »Da draußen braut sich ein Unwetter zusammen. Ich wollt hier unterkriechen.« Aaron hielt die rechte Hand, an der die Fessel baumelte, auf dem Rücken.
    Draußen blitzte es, und der Lichtschein fiel wie eine flackernde Kerzenflamme durch die Ritzen in der Wand.
    »Sie ham Ketten an den Füßen«, sagte der Schwarze.
    »Trenn sie durch.«
    »Wo sind Sie abgehaun?«
    »Ich hab wegen was gesessen, das ich nicht gemacht hab. Trenn die Kette durch. Ich komm wieder und geb dir was dafür.«
    »Sie sind der, der gesucht wird, derjenige, der den Bürgerrechtler umgebracht hat, nicht wahr?«
    »Das ist erstunken und erlogen, weil man mich fertig machen will.«
    »Moment, ich will Ihnen nix zuleide tun ... Bleiben Sie stehn, hab ich gesagt...«
    Aaron riss dem Schwarzen die Schrotflinte aus der Hand, packte ihn an der Gurgel und drückte zu, bis die Knie seines Opfers nachgaben. Dann fesselte er ihn mit Heudraht an einen Stützpfahl, stellte das Haus auf den Kopf und plünderte die Küche.
    Fünf Minuten später verschwand Aaron Crown mit dem Pick-up des Schwarzen im heulenden Sturm; er hatte die Schrotflinte, eine Zigarrenkiste voller Pennys und eine Tüte mit Lebensmitteln neben sich auf dem Sitz stehen.
    »Was glauben Sie, wohin er will?«, fragte ich.
    »Er hat den Pick-up letzte Nacht in Baton Rouge stehen lassen. Eine Querstraße weiter wurde ein Honda von einer Tankstelle gestohlen. Wissen Sie was? Crowns Anwalt, derjenige, der ihn zu einem Schuldeingeständnis bewogen hat, hat beschlossen, dass er lieber ein paar Wochen nach Europa verreist.«
    »Was ist mit dem Richter, der ihn verdonnert hat?«
    »Die Staatspolizei bewacht sein Haus.« Er musterte mein Gesicht. »Was denken Sie?«
    »Wenn ich an Aaron Crowns Stelle wäre, würde ich meine Wut eher an jemandem hier in der Gegend auslassen.«
    »Ich glaube, Sie haben meine Gedanken gelesen, Dave.«
    »Das läuft auf was hinaus, zu dem ich keine Lust habe, Sheriff.«
    »In unserem Revier wird der nächste Gouverneur nicht ermordet werden.«
    »Nicht ich. Nein, Sir.«
    »Wenn Sie mit den LaRoses persönlich nichts zu schaffen haben wollen, ist das Ihre Sache. Aber Sie müssen die Überwachung des Hauses leiten ... Schaun Sie, am Dienstag ist die Wahl. Danach wird der Mistkerl wahrscheinlich Gouverneur. Auf diese Weise sind wir seit jeher die Leute losgeworden, die wir nicht gemocht haben – wir wählen sie in ein öffentliches Amt. Halten wir’s weiter so.«
    »Ich bin nicht der richtige Mann dafür.«
    »Karyn LaRose ist anderer Meinung. Sie hat gestern Abend angerufen und eigens nach Ihnen verlangt ... Könnten Sie mir vielleicht mal näher erklären, was zwischen Ihnen beiden vorgefallen ist?«
    »Aus irgendeinem Grund kommt mir das alles so abwegig vor.«
    »Aha ...« Er saugte an einem Zahn. »Na schön, eine Sache noch ... Vorhin hab ich einen Anruf von der Polizei in Lafayette gekriegt. Jemand ist gegen fünf Uhr morgens in eine Pfandleihe eingebrochen. Der Dieb hat nur ein Beutestück mitgehen lassen – ein Enfield 303 mit Zielfernrohr und Lederriemen. Haben Sie schon mal gehört, dass jemand in ein Pfandleihhaus einbricht und nur ein Stück mitnimmt? ... Ich hab in Korea britische Scharfschützen damit umgehn sehen. Die haben aus fünfhundert Meter Entfernung alles weggeputzt, jede noch so kleine Silhouette, die sich auf einer Anhöhe gezeigt hat ... Betrachten Sie das nicht als lästige Pflichtaufgabe, Dave.«
    Lonnie Feltons dunkelroter Lincoln Continental parkte unter einer triefenden Eiche in meiner Auffahrt, als Clete mich an diesem Abend nach der Arbeit zu Hause absetzte. Ich rannte durch die Regenpfützen im Garten zur Veranda und roch den Zigarettenqualm, der durch das Fliegengitter zog.
    Er saß auf dem Diwan und tippte die Asche in ein Bonbonglas. Selbst jetzt, da er entspannt war, wirkte er drahtig und muskulös wie ein Turner, und mit seinem gespaltenen Kinn, dem Römerprofil und dem braunen, von grauen Strähnen durchzogenen Pferdeschwanz hätte er durchaus ein erstklassiger Hochstapler, ein

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