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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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und wandte den Blick ab.
    »Die psychologischen Unterlagen über Sie sind heute Morgen per Fax bei denen eingegangen«, sagte er. »Bei uns ebenfalls. Und außerdem beim
Daily Iberian.
« Bevor ich etwas erwidern konnte, sagte er: »Ich hab sie zerrissen. Aber der Blaukreuzler war etwas außer sich.«
    »Pech gehabt.«
    »Dave, Sie sind jetzt trocken, aber Sie sind zweimal rückfällig geworden, ehe Sie’s gepackt haben. Ich nehm an, dass in der Akte auch allerhand Vietnamzeug gestanden hat. Zivilisten können mit so was nicht umgehen.« Er legte die Pfeife hin und betrachtete seine Handrücken. »Wer hat das Fax geschickt?«
    »Der Therapeut ist vor zwei Jahren gestorben.«
    »Und?«
    »Ich bin nicht allwissend.«
    »Wir wissen alle beide, worauf ich hinauswill.«
    »Er hatte seine Praxis im Oil Center. In der gleichen Suite wie Buford LaRose.«
    »Buford war es aber nicht, oder?«
    »Ich glaube, niemand weiß so recht, wozu Buford fähig ist.«
    »Dave, sagen Sie mal, Sie sind doch nicht etwa draußen bei Karyn gewesen?«
    »Gestern ... Ich war mit Dock Green dort.«
    Der Drehstuhl knarrte, als er sich zurücklehnte. Mit einem lauten Klacken biss er auf das Mundstück seiner kalten Pfeife.
    Tags darauf stellte ich nördlich der LaRose-Plantage den Außenbordmotor ab und ließ das Aluminiumboot in der Morgendämmerung quer durch die Strömung treiben, an dem bis ins Wasser reichenden Stacheldrahtzaun vorbei, der die Grenze von Bufords Anwesen markierte. Die Sonne stand wie ein oranger Klecks hinter den Hartholzbäumen, und durch den Nebel, der über dem Bachbett hing, hörte ich Pferde wiehern. Mit dem Paddel brachte ich das Boot aus der Strömung ins stehende Wasser und ruderte durch die Rohrkolben, die links und rechts an der Bordwand entlangstreiften, bis ich spürte, wie der Boden auf den Schlick stieß.
    Oben an der Uferböschung sah ich die Gruft aus schwarzem Marmor und den spitzen Eisenzaun, der sie umgab, die Silhouette eines Polizisten, der in die andere Richtung schaute, einen Rotschimmelwallach, der den Kopf hin und her warf und rückwärts aus den Spinnweben kam, die zwischen den Stämmen zweier Persimonenbäume hingen.
    Ein Teil des Bachbetts war verschüttet, und das Wasser war über das Ufer getreten und hatte Abflussrinnen gegraben, die sich wie die gespreizten Finger einer Hand über die Uferböschung herunter zum Bayou zogen. Ich stieß das Paddel mit aller Kraft in den Schlick und betrachtete die Bäume, die Zwergpalmen, einen Anlegesteg samt Bootshaus und den mit Piniennadeln bedeckten und von Pferdehufen aufgerissenen Waldboden, der an mir vorüberzog.
    Dann sah ich es, so wie man im tropischen Regenwald erkennt, dass der Tod stets gegenwärtig ist, wenn sich plötzlich die Vögel aus dem Blätterdach aufschwingen oder der Wind dreht und man einen Geruch wahrnimmt, der einen unterbewusst seit jeher begleitet hat wie ein düsterer Gedanke.
    Genau genommen war es nicht viel – mehrere Mulden an der Uferböschung, Gras, das ungewöhnlich grün war, dazwischen vereinzelte Pilze mit giftig wirkenden Hüten. Vielleicht bildete ich mir alles nur ein, weil sich mein Hader mit den LaRoses inzwischen fast zu einer Besessenheit entwickelt hatte. Ich zog eine Ruderdolle heraus, band ein Taschentuch darum und warf sie ans Ufer.
    Dann ließ ich mich von der Strömung lautlos um die nächste Biegung treiben, riss am Starterseil und spürte geradezu schmerzhaft, wie der Motor ansprang.
    Als die Sonne unterging, zog ich Turnhose und Laufschuhe an und joggte anderthalb Meilen weit zur Zugbrücke, winkte dem Brückenwärter zu und machte mich, als die kühle Luft wie Feuer auf meiner Haut brannte, wieder auf den Heimweg. Vor mir zog ein Buick aufs Bankett und hielt an. Ich sah, wie das Seitenfenster heruntergelassen und die Tür einen Spalt geöffnet wurde. Jerry Joe blieb sitzen und stützte die Arme auf die Türkante, als hocke er an einer Bar, hatte eine Dose Budweiser in der einen und eine Flasche Whiskey in der anderen Hand. Er wirkte frisch, so als habe er gerade geduscht, und trug einen weißen Anzug und ein lavendelfarbenes Hemd mit offenem Kragen. Auf dem Ledersitz neben ihm stand ein flacher Pappkarton.
    »Hast du vor, mich festzunehmen, weil ich in aller Öffentlichkeit saufe?«, fragte er.
    »Wäre schon möglich.«
    »Tut mir Leid, dass ich dich gestern so angemacht habe.«
    »Schwamm drüber.«
    »Kannst du dich noch an meine Mutter erinnern?«
    »Klar.«
    »Sie hat mich ständig zur Beichte

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