Nacht ueber den Highlands
ihrer Herzen betraf... Ganz zu schweigen davon, dass Damien ein Prinz war. Kultiviert, belesen. Er teilte sogar Rowenas Leidenschaft für Gesang und Poesie.
Zähneknirschend verscheuchte Stryder alle weiteren Gedanken zu diesem Thema. Er konnte ohnehin nichts tun. Das Einzige, was er unternehmen konnte, war, mit Rowena zu reden, wenn sie heute Abend käme. Dann würde er schon sehen, ob etwas Wahres an Damiens Behauptungen war.
Rowena merkte sofort, als sie Stryders Zelt betrat, dass etwas nicht stimmte. Er saß mit tief gefurchter Stirn am Schreibtisch, vor sich ein Stück Pergament.
Er war derart in seine Aufgabe vertieft, dass er sie gar nicht hereinkommen gehört hatte, das allein verriet ihr mehr als alles andere, wie sehr er konzentriert war.
Neugierig geworden - sie wusste ja, dass er nicht lesen konnte - trat sie leise hinter ihn und spähte über seine Schulter.
Als sie sah, was er tat, stockte ihr unwillkürlich der Atem. Er mühte sich, Buchstabe für Buchstabe einen Brief abzuschreiben.
»Stryder?«
Er fuhr erschrocken herum und zerknüllte das Pergamentpapier mit seinen Schreibübungen. Dabei ging er so hastig vor, dass er das Tintenfass umstieß. Fluchend stellte er es wieder auf, doch die Bescherung war geschehen: ein großer Tintensee hatte sich über den Schreibtisch ergossen.
Stryder nahm das nächstbeste Tuch und begann die Pfütze aufzutupfen.
Rowena beeilte sich, ihm zu helfen.
»Was hattest du denn vor?«, fragte sie ihn, während sie zusammen die Tinte aufwischten.
»Ich ... ich ...« Er seufzte tief auf, als sei er zu erschöpft, um sich irgendwelche Ausflüchte ausdenken zu können. »Ich habe versucht, mir das Schreiben eines Briefes beizubringen.«
Als sie das hörte, zog sich ihr Herz zusammen und ihr kamen fast die Tränen. Einen Mann in seinem Alter zu sehen, wie er versuchte, sich das Schreiben beizubringen, rührte sie zutiefst. »Warum?«
Er zuckte die Achseln und steckte die Schreibfeder in den hölzernen Federhalter zurück. »Ich hatte etwas zu sagen und ich bin’s einfach leid, immer jemanden bitten zu müssen. Ich dachte, es wäre allmählich Zeit, dass ich selbst schreiben lerne. Es reicht mir schon, dass Simon mich einmal hereingelegt hat, als ich darauf vertraute, dass er das schrieb, was ich diktierte.«
Sie hatte keine Ahnung, wer dieser Simon war, und es interessierte sie auch gar nicht. Alles, was sie interessierte, war Stryder. »Was wolltest du denn schreiben? Vielleicht kann ich dir ja helfen.«
Aus irgendeinem Grund schien ihm dies unangenehm zu sein.
»Worum geht es denn?«, versuchte sie es aufs Neue. »Möchtest du ein paar Befehle schriftlich festhalten, die du für deine Männer hast oder für die Bruderschaft?«
»Nein, es ist was Persönliches.«
Kein Wunder, dass er nervös war. Stryder war ein sehr diskreter Mensch, wenn es um seine Privatsphäre ging. »Wäre es dir denn lieber, wenn ich einen deiner Männer hole?«
Er schnaubte. »Denen würde ich in dieser Sache nicht über den Weg trauen.«
»Und mir? Würdest du mir vertrauen?«
Er schaute sie mit einem Ausdruck an, den sie, hätte sie es nicht besser gewusst, als ausgesprochen verlegen bezeichnet hätte.
Stryder schien mit sich zu ringen. Dann trat er einen Schritt zurück und bot ihr seinen Schreibtischsessel an.
Rowena nahm Platz. Sie nahm einen frischen Bogen Pergament aus einer Schublade und legte ihn vor sich hin. Dann nahm sie die Feder aus dem Federhalter und tunkte sie ins Tintenfässchen. Erwartungsvoll blickte sie zu ihm auf. »Ich bin bereit, Mylord. An wen geht der Brief?«
»Lassen wir das vorläufig offen. Ich habe vieles zu sa-gen und wäre dir dankbar, wenn du wenigstens einiges davon zu Papier bringen würdest. Ich kann das dann später abschreiben, damit die Person, für die der Brief ist, auch weiß, dass ich ihn eigenhändig geschrieben habe. Es ist wichtig, dass diese Person das weiß.«
Wie seltsam. Da er jedoch schon verlegen genug zu sein schien, beschloss sie, ihn nicht weiter zu fragen. Sie zückte die Feder. »Also gut. Dann mal los.«
Stryder rieb sich die Augen und begann nervös im Zelt auf und ab zu gehen. Rowena wartete still ab.
So hatte sie Stryder noch nie erlebt. Er wirkte unsicher wie ein unreifer Jüngling und gar nicht so wie der selbstbewusste, respekteinflößende Krieger, als den sie ihn kannte.
Nachdem er einige Zeit lang auf und ab gegangen war, begann er endlich zu diktieren. »Seid gegrüßt. Ich hoffe, dieser Brief findet Euch
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