Nacht ueber den Highlands
tue und die sich von dem unterscheiden, was ihr tut. Nein, ich glaube, unser Assassine war einst einer von euch, der von meinen Leuten ausgebildet und dann auf euch angesetzt wurde.«
Das musste sich Stryder erst einmal durch den Kopf gehen lassen. Er war Sin MacAllister bei mehr als einer Gelegenheit begegnet. Wie von Nassir so richtig festgestellt, war Sin von den Sarazenen ausgebildet worden, um seine abendländischen Landsleute zu ermorden. »Das ergäbe durchaus einen Sinn. Also, wie sollen wir ihn fangen?«
»Du.«
»Ich?«
»Wenn er hinter Bruderschaftsmitgliedern her ist, wer böte ein lohnenswerteres Ziel als unser Anführer?«
»Ich bin nicht euer Anführer.«
»Wir alle haben im Lager auf dich gehört, das weißt du ganz genau. Wenn sie hinter uns her sind, dann wäre es nur logisch, dass du auf ihrer Liste stehst.«
Nassir erhob sich. »Ich werde jetzt gehen, dann wird er hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen.«
»Wünschst mir den Tod, was?«
Nassirs Gesicht wurde ernst. »Nein, mein Freund. Ich wünsche dir die Schnelligkeit einer Kobra.«
Stryder ließ Nassir mit einem Kopfnicken gehen. Als er allein war, nahm er sich einen Kelch Wein und machte sich fertig zum Schlafengehen.
Es war zwar noch früh, aber wenn Nassir Recht hatte, dann wäre es das Beste, dem Assassinen genügend Zeit zu geben, seinen Anschlag vorzubereiten.
Beim Entkleiden wanderten seine Gedanken automatisch zu Rowena, und er musste lächeln, als er an das Gesicht dachte, das sie gemacht hatte, als sie ihn nackt sah.
Er liebte es, sie in Verlegenheit zu bringen.
Als er ins Bett stieg, wurde ihm mit einem Mal klar, wie sehr er wünschte, er hätte sie nicht gehen lassen. Wie sehr er wünschte, sie jetzt, hier, in seinem Bett zu haben.
Ob sie im Bett wohl ebenso verspielt wäre?
Sicherlich. Und während seine Gedanken weiterwanderten, glaubte er ihr Lachen beinahe zu hören, als würde es ihm mit dem Wind ins Zelt getragen.
Stryder drehte sich auf die Seite und stellte sich ihr Gesicht vor.
Es war ein großes Pech, dass er ausgerechnet diesen Moment gewählt hatte, um sich zur Wand zu drehen. So übersah er nämlich den Schatten, der rechts an seinem Zelt vorbeischlich ...
9. Kapitel
Rowena wurde vom Lärm unterhalb ihres Schlafzimmerfensters geweckt. Kaum, dass sie sich schlaftrunken aufgesetzt hatte, wurde auch schon ihre Tür aufgestoßen, und Joanne und Elizabeth platzten herein, um nachzusehen, was dort unten los war. Sie liefen zum Fenster und rissen die Läden auf.
Barfuß und im Unterhemd, das hüftlange Haar offen, stellten sie sich auf die Zehenspitzen und spähten neugierig nach unten.
»Rowena«, rief Elizabeth über ihre Schulter, »komm schnell und schau. Man hat Lord Stryder festgenommen!«
Rowena zuckte erschrocken hoch. »Was? Was?«
Das warme Bett war vergessen, Rowena lief zu ihren Gefährtinnen ans Fenster. Dort unten herrschte ein furchtbares Gedränge. Über fünfzig Menschen waren im Burghof zusammengelaufen. Sie brüllten durcheinander, warfen Stryder Beleidigungen und Anschuldigungen an den Kopf.
Stryder steckte in der Mitte des drängelnden, aufgebrachten Haufens umgeben von einem Ring aus Palast-wachen, die versuchten, ihn sicher durch die blutlüsterne Menge ins Innere der Burg zu schaffen. Das Gesicht des Grafen war zornesrot.
Mit wild hämmerndem Herzen wich Rowena vom Fenster zurück, rannte zu ihrer Kleidertruhe und streifte rasch ein Gewand über. Dann rannte sie aus dem Zimmer.
Sie hörte noch, wie Joanne ihr hinterherrief, sie solle bleiben, doch achtete sie nicht weiter darauf. Sie musste unbedingt herausfinden, was genau passiert war und warum jedermann nach Stryders Kopf verlangte.
Das Gewand hektisch im Rücken zuschnürend, schob sich Rowena durch die Menge, bis sie zusammen mit einem Dutzend anderer vorne auf der Türschwelle stand.
Heinrich und Eleanor standen mit sauren Gesichtern ein wenig abseits.
»Ich habe diese Tat nicht begangen, Sire«, knurrte Stryder, während ihn die Palastwache hineinzuzerren versuchte. »Ihr wisst, dass ich es nicht war.«
Heinrichs Miene war anzusehen, dass er ihm glaubte. »Fügt Euch, Stryder. Das ist im Moment das Beste für alle.«
Doch Stryder wehrte sich nur noch mehr. Es brauchte zehn Männer, um ihn die Treppe hinaufzubekommen.
Der Graf wehrte sich wie besessen. Jedenfalls so lange, bis sein Blick auf Rowena fiel.
Sie zitterte. Ihre Blicke begegneten sich, und da bekam sie den größten Schock ihres Lebens.
Stryder
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