Nacht ueber den Highlands
ich kein Schurke bin.« »Warum?«
»Denn dann würdet Ihr heute Nacht mir gehören.«
Sie erschauderte heim tiefen, heiseren Klang seiner Stimme.
Er richtete sich auf und blickte auf ihr Gesicht hinab. »Ich bringe Euch jetzt besser zu den anderen zurück, bevor ich nicht mehr richtig denken kann und etwas tue, was wir morgen früh beide bereuen würden.«
Würde sie?
Würde sie es bereuen?
Rowena biss sich auf die Lippe. Sie war gar nicht sicher, ob sie es bereuen würde, bei ihm gelegen zu haben.
Ein beunruhigender Gedanke.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, nahm er sie bei der Hand und führte sie in den großen Saal zurück, wo immer noch fröhlich getanzt wurde.
Sie blickte sich nach ihren Hofdamen um, doch konnte sie weder diese noch Kit entdecken.
Aber ihr Onkel tauchte sogleich an ihrer Seite auf. »Wo seid ihr beiden gewesen?«, erkundigte er sich barsch.
»Ich habe Lord Stryder im Lautenspiel unterrichtet«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
Ihr Onkel zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Dann wollt Ihr bei dieser Albernheit also wahrhaftig mitmachen?«, fragte er Stryder.
Stryder holte tief Luft. »Es scheint so.«
»Dann seid Ihr ein tapfererer Mann, als ich es bin.« Mit einem abschließenden Blick verschwand ihr Onkel wieder in der Menge.
Rowena wollte sich noch nicht von Stryder trennen. Sie wollte bei ihm bleiben.
Die ganze Nacht.
Und das erschreckte sie zutiefst. »Schlaft wohl, Mylord«, sagte sie.
Er nickte und wich einen Schritt zurück. Doch dann trat er noch einmal dicht vor sie hin.
»Danke, dass Ihr mich zum Lachen brachtet, Rowena«, sagte er und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange.
Rowena glaubte im ersten Moment, ohnmächtig zu werden, so zärtlich war diese Geste. »Wann immer Ihr gekitzelt werden wollte Mylord, ich stehe zu Eurer Verfügung.«
Er lachte, und sie musste all ihre Willenskraft aufbieten, um sich davon abzuhalten, seine Grübchen zu berühren.
Einige Frauen in ihrer Nähe warfen ihr mörderische Blicke zu, aber das kümmerte Rowena nicht. Sie mochten sich ja um Lord Stryder reißen, aber in Wahrheit wussten sie nichts über diesen Mann.
Sie dagegen hatte Seiten an ihm kennen gelernt, die er, da war sie sicher, nur wenigen Menschen zeigte.
Und sie gehörte zu jenen wenigen.
Er küsste ihre Hand und ging.
Sie regte sich erst, als er aus ihrem Blickfeld entschwunden war. Aber nicht aus ihren Gedanken. Dort blieb er für den Rest der Nacht.
Stryder schaffte es, relativ unbehelligt zu seinem Zelt zurück zu gelangen. Es gab nur ein paar ganz unermüdliche Damen, denen er ausweichen musste.
Wäre doch nur Rowena darunter gewesen ...
Er musste bei diesem Gedanken lächeln. Ja, seine kleine Hexe konnte richtig amüsant und charmant sein, sobald sie einmal ihre kühle Fassade abgelegt, ihrer scharfen Zunge Zügel angelegt hatte.
Wer hätte gedacht, dass sie so warmherzig und charmant sein konnte?
Als er zu seinem Zelt zurückkehrte, wurde er bereits von Swan, Nassir und Zenobia erwartet.
»Und? Glück gehabt?«, erkundigte er sich bei den beiden Sarazenen.
Die schüttelten die Köpfe. »Wenn der Assassine hier ist, dann hat er jedenfalls nicht vor, Kontakt mit uns aufzunehmen«, entgegnete Nassir ruhig.
»Was sagt dir dein Gefühl?«, erkundigte sich Stryder bei Zenobia.
Diese schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich wünschte, ich könnte meine Gabe nach Belieben einsetzen, aber das kann ich nicht.«
»Schon irgendwelche Nachrichten von Christian?«
»Nein, auch nicht.«
»Ich werde noch einmal in den Saal zurückkehren«, verkündete Zenobia und erhob sich. »Männerzungen lösen sich leichter, wenn sie ein wenig Alkohol gekostet haben. Und wenn ein Frauenlächeln im Spiel ist. Vielleicht verrät ja jemand versehentlich etwas.«
»Ich werde dich begleiten«, verkündete Swan und erhob sich ebenfalls.
Nassir sagte nichts, bis sie allein waren.
»Was denkst du?«, wollte Stryder wissen.
»Ich denke, dass unser Assassine einer von deinen Leuten ist und nicht einer aus meinem Volk.«
Stryder runzelte die Stirn. »Wie kommst du darauf?«
Nassir streckte Stryder zur Erläuterung seine Hände hin. »Ich passe nicht unter euresgleichen.«
Stryder tat dies mit einem Schnauben ab. Sein abend-ländisch gekleideter Freund sah gut und gerne aus wie ein europäischer Adeliger. »Du passt besser dazu, als du denkst. Deine Haut ist nicht dunkler als die meine.«
»Kann sein, aber die Hautfarbe ist es nicht allein. Es gibt Dinge, die ich ganz automatisch
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