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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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an.«
    »He, Nancy?«
    »Ja?«
    »Alles Gute zum Geburtstag.«
    Sie lächelte die Wand an. »Mac – du bist großartig!«
    »Viel Glück!«
    »Auf Wiedersehen.« Sie hängte ein und kehrte zum Empfang zurück.
    Der Chefportier lächelte ein wenig herablassend. Sie widerstand der Versuchung, ihn zurechtzuweisen, das würde ihn nur noch weniger hilfsbereit machen. »Ich habe gehört, daß der Clipper in Irland zwischenlandet.« Sie zwang sich, freundlich zu klingen.
    »Das stimmt, Madam. Bei Foynes, an der Flußmündung des Shannon.«
    Sie hätte ihn am liebsten angebrüllt: Warum hast du mir das nicht gleich gesagt, du eingebildeter Gockel? Statt dessen lächelte sie und fragte: »Um wieviel Uhr?«
    Er griff wieder nach seinem Kursbuch. »Dem Plan nach um fünfzehn Uhr dreißig; um sechzehn Uhr dreißig fliegt er weiter.« »Kann ich es rechtzeitig dorthin schaffen?«
    Sein herablassendes Lächeln schwand, und er blickte sie mit etwas mehr Respekt an. »Daran habe ich gar nicht gedacht«, gestand er. »Ein kleines Flugzeug braucht etwa zwei Stunden dorthin. Wenn Sie einen Piloten finden, müßten Sie es schaffen.«
    Ihre Anspannung wuchs. Es sah nun wirklich so aus, als hätte sie eine gute Chance. »Besorgen Sie mir bitte sofort ein Taxi zum Flughafen.«
    Mit einem Fingerschnippen befahl er einen Pagen herbei. »Taxi für die Dame!« Er wandte sich wieder Nancy zu. »Was ist mit Ihren Koffern?« Sie waren inzwischen im Foyer aufgestapelt. »Soviel kriegen Sie nicht in ein kleines Flugzeug.«
    »Senden Sie sie bitte zum Schiff.«
    »Wird gemacht.«
    »Und geben Sie mir so schnell wie möglich die Rechnung.« »Sofort.«
    Nancy nahm ihre kleine Reisetasche vom Stapel. Darin hatte sie ihre wichtigsten Toilettenartikel und Unterwäsche zum Wechseln. Sie öffnete einen Koffer, fand darin eine frische Bluse aus schlichter dunkelblauer Seide für morgen, sowie Nachthemd und Bademantel. Über den Arm hatte sie einen leichten grauen Kaschmirmantel geworfen, den sie bei kaltem Wind an Deck hatte tragen wollen. Sie beschloß, ihn mitzunehmen, vielleicht brauchte sie ihn, um sich in dem Flugzeug warm zu halten.
    Sie schloß Koffer und Tasche.
    »Ihre Rechnung, Mrs. Lenehan.«
    Sie stellte rasch einen Scheck aus und reichte ihn dem Chefportier zusammen mit einem großzügigen Trinkgeld.
    »Vielen Dank, Mrs. Lenehan. Ihr Taxi steht bereit.«
    Sie eilte hinaus und stieg in den engen, kleinen britischen Wagen. Der Portier stellte ihre Reisetasche auf den Sitz neben sie und erteilte dem Chauffeur Anweisungen. Nancy fügte hinzu: »Und fahren Sie, so schnell Sie können!«
    Das Auto kam in der Stadtmitte entsetzlich langsam voran. Nancy trommelte ungeduldig mit ihren grauen Wildlederschuhen. Die Verzögerung wurde durch Arbeiter verursacht, die weiße Linien in die Straßenmitte, an die Bordsteine und um Bäume am Straßenrand pinselten. Irritiert fragte sie sich, was das sollte, dann nahm sie an, daß das Weiß Autofahrern in der Dunkelheit helfen sollte.
    Das Taxi wurde schneller, als es durch die Vororte fuhr und in eine ländliche Gegend kam. Hier schien alles friedlich wie immer. Die Deutschen würden Wiesen und Felder sicher nicht bombardieren, höchstens versehentlich. Ständig blickte sie auf die Uhr. Es war bereits zwölf Uhr dreißig. Wenn sie ein Flugzeug und einen Piloten fand, ihn überreden konnte, sie zu fliegen, und all das ohne Verzögerung, konnte sie um dreizehn Uhr starten. Zwei Stunden Flug, hatte der Portier gesagt. Sie könnte um fünfzehn Uhr dort sein. Aber dann mußte sie natürlich erst vom Flugplatz nach Foynes kommen. Doch das durfte keine allzu große Entfernung sein. Mit etwas Glück kam sie vielleicht so früh an, daß ihr noch ein bißchen Zeit blieb. Würde es dort ein Auto geben, das sie zum Hafen bringen konnte? Sie versuchte die Ruhe zu bewahren. Es hatte wirklich keinen Sinn, sich jetzt schon darüber Sorgen zu machen.
    Natürlich kam ihr auch der Gedanke, daß der Clipper bis auf den letzten Platz besetzt sein könnte.
    Sie verdrängte ihn.
    Sie wollte den Taxifahrer fragen, wie weit es noch war, als er zu ihrer Erleichterung abrupt von der Straße abbog und durch ein offenes Tor auf ein Feld fuhr. Während der Wagen über das Gras holperte, sah Nancy einen winzigen Hangar vor sich. Ringsum waren kleine farbenfrohe Flugzeuge auf der grünen Fläche festgezurrt. Sie sahen aus wie eine Schmetterlingssammlung auf Samt. An Flugzeugen mangelte es jedenfalls nicht, stellte sie befriedigt fest. Aber

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