Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Schule mitbringen sollten, weil wir sonst in Versuchung kämen.«
    »Zu wem hat er das gesagt?«
    »Er hat es gesagt. Das wissen alle.«
    »Gerede ist kein Beweis, Louis.«
    »Ich werde dir gleich beweisen, was ich Sage. Er hat eine Probe gemacht und hat fünfzig Dollar im Lehrertisch liegenlassen. Er wollte prüfen, ob ein Indianer…«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Es ist aber so.«
    »Nein, das glaube ich wirklich nicht. Er hatte das Geld wohl vergessen.«
    »Der und vergessen!«
    »Aber sicher. Er denkt an seine Mathematik und seine Geschichte und an die Ordnung bei den Schülern.«
    »Und an die seine nicht?!«
    »Louis, ich kann es nicht leiden, wenn ein Mensch nur deshalb beschuldigt wird, weil ihn keiner mag. Die Abneigung ist doch kein Beweis.«
    »Was du nur mit Teacock hast! Keiner verteidigt ihn außer dir. Und das Geld…«
    »… hatte er also vergessen, nehmen wir an.«
    »So. Vergessen! Und wie kam es dann auf einmal in die 7. Klasse?«
    »Wie lange ist denn das alles her?«
    »Sieben Jahre. Wir sind damals in der 6. Klasse gewesen und du in der 5. Klasse. Du kennst doch die ganze Geschichte!«
    Queenie wurde braunrot, ohne zu antworten.
    »Und wie kam das Geld von der 12. Klasse in die 7. Klasse? Willst du mir das erklären, Queenie?«
    »In der 12. hatte er es liegenlassen?«
    »Ja, das haben wir jetzt herausbekommen.«
    Der Nachmittagsunterricht begann. Queenie war anfänglich etwas zerstreut, obgleich es um den Zeichenunterricht ging, in dem sie die unbestritten Beste war und der ihr viel Freude machte. Allmählich erst fand sie sich hinein.
    Am nächsten Tag wartete sie gespannt auf den Mittagstisch.
    »Du hast mir deine Geschichte noch nicht fertig erzählt, Louis.«
    »Du glaubst ja doch nichts.«
    »Ich prüfe nur.«
    »Wenn du diesen Teacock eben leiden magst?«
    »Das ist es nicht. Aber wir müssen gerecht sein.«
    »Ist er’s?«
    »Willst du ihm nacheifern und ein Teacock werden?«
    »Das fehlte! Der hinterlistige Mensch! Also hör zu: Er hatte das Geld in der 12. Klasse liegenlassen. Zwei Tage, bevor du zu uns gekommen bist, kam es heraus. Er war wieder einmal wütend auf unsere ganze Klasse und besonders auf Yvonne und sagte, wenn wir nichts lernen, würden wir eines Tages im Gefängnis landen, weil Nichtskönner auch schlechte Menschen werden – ›und hier!‹ hat er gerufen und hat die Hand wie eine Schwurhand auf sein Lehrerpult gelegt, ›hier hatte ich jenes Geld hingelegt, das zur Schande unserer ganzen Schule gestohlen worden ist!‹«
    »Da hatte er es hingelegt. Und wie ist es dann in die 7. Klasse gekommen? Was meinst du, Louis?«
    »Dort hatte er die nächste Stunde. Wissen die Geister, die bösen oder die guten, wie es dann dorthin gekommen ist. Aber dahinter steckt eine Gemeinheit.«
    »Von Teacock? Wieso?«
    Die Köpfe der Schüler und Schülerinnen fuhren auseinander. Sie hatten im Eifer des Gefechts ihre Stammessprache gebraucht. Das war in der Schule verboten. Sie sollten stets englisch sprechen, um sich darin zu üben. Eine Schülerin, die Speisesaaldienst hatte, räumte die Teller ab und warf dabei einen bedeutsam-warnenden Blick auf die Gesprächsteilnehmer.
    Diesmal fanden sich Louis, Yvonne und Queenie aber schon zu Ende des Schulunterrichts zusammen, ehe der Schulbus abging.
    »Den Ordnerdienst hatte jedenfalls in der 12. Klasse Harold Booth von der Ranch«, fing Louis sofort wieder an, »und der hat Teacock das Geld in die 7. Klasse nachgetragen – ist klar! Aber Teacock hat es dann Joe King…«
    »Ja. Joe King«, sagte Queenie ruhig. »Meinem Mann.«
    »Das ist wahr!« rief Louis. »Also mußt du dich darum kümmern. Harold hat das Geld also für Teacock in die 7. Klasse getragen – und Teacock hat es auf das Schülerpult von Joe…«
    »Aber das ist unmöglich. Das tut Teacock nie.«
    »Was du mit Teacock immer hast! Harold Booth hätte so etwas niemals getan, das ist ein guter Kerl. Aber einer von beiden muß es gewesen sein. Teacock oder Harold. Wenn nicht dein Mann doch der wirkliche Dieb ist!«
    »Mein Mann hat nie gestohlen.«
    Der Schulbus gab das Hupensignal. Queenie mußte sich von den anderen trennen. Als ihr Bus schon abfuhr, machte Louis noch mit den Händen das Zeichen eines Hahnes, Queenie aber, die aus dem Fenster schaute, schüttelte den Kopf.
    Als die Gespräche diesen Stand erreicht hatten, unterrichtete Queenie des Abends in der Hütte ihren Mann. Er hörte ihr aufmerksam zu und dachte einige Zeit nach, wie es seine Art und Weise war, wenn

Weitere Kostenlose Bücher