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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hatten…?
    »Ist noch ein weiterer Schaden zu finden?« fragte sie schüchtern.
    »Scheint nicht. Also gute Fahrt.« Der Mann klappte die Motorhaube wieder zu. Queenie fuhr vorsichtig an. Der Motor gehorchte wieder.
    »Stop«, befahl jedoch der Mann, als er umherschaute. »Es geht los. Das warten Sie hier ab.«
    Queenie wußte, was er meinte, denn die ersten Hagelkörner prallten bereits auf die Scheiben. Sie blieb im Wagen, der Mann sprang in seine Bude. Das Unwetter prasselte mit der Gewalt herab, die für das Indianermädchen nichts Neues war. Wasser und Hagel schlugen und klatschten. Es war durch die Scheiben nichts mehr zu sehen, auch der Scheibenwischer kam durch Wasser und Hagel nicht mehr durch. Wie blind saß Queenie auf ihrem Führersitz und hörte das Heulen, Klatschen, Prasseln des mächtigen Unwetters, das nahezu auch das Gehör verschlug.
    Als die Panne eintrat, hatte sie ihren Wagen noch etwas zur Seite fahren können, etwa anderthalb Meter, so daß er nicht vom Verkehr gefährdet war. Es zeigte sich, daß sie damit Glück gehabt hatte. Denn in dem völlig unsichtigen Wetter raste jetzt ein anderer Wagen mit hoher Geschwindigkeit an dem ihren vorbei.
    Sie hatte das Gefühl, daß eine Gefahr an ihr vorübergezogen war, und wartete mit Ruhe, bis das Wetter sich ausgetobt hatte.
    Der Mann in der Cowboykleidung schaute aus seiner Bude heraus und nickte noch freundlich hinterher, als Queenie mit ihrer alten Karosse in einen immer sanfter werdenden, bald ganz nachlassenden Regen hineinfuhr und auf der nassen Straße sicher steuerte.
    Nach dieser Begegnung konnte Queenie erst wieder Menschen treffen, wenn sie die Agenturgebäude erreichte, von denen aus sie dann noch viele Meilen bis zu der väterlichen Ranch zu fahren hatte. Das Land war öde und leer.
    Queenie wagte nicht mehr, ein hohes Tempo aufzunehmen. Sie fuhr fast gemächlich auf der einsamen Straße, die durch die einsame Prärie führte, vorbei an Bachbetten, in denen plötzlich wieder Rinnsale flossen, vorbei an den abgestorbenen Bäumen, die der Winter mit Sturm und Kälte getötet hatte, über eine kleine Brücke mit dem Blick auf einen Zaun, der ein Ranchgelände abgrenzte. Vieh war nicht zu sehen. Es hatte vor dem Unwetter in den Bodensenkungen Schutz gesucht. Das Hagelwetter schien nur ein Vorbote weiterer Stürme gewesen zu sein. Queenie schaute nach dem Unheil verheißenden Horizont. Ein Fasan kreuzte die Straße. Die Tiere einer verlassenen Fasanerie hatten sich auf der freien Prärie fortgepflanzt. Das Mädchen hatte rücksichtsvoll gebremst.
    Der Motor stuckerte wieder einmal. Queenie fuhr noch langsamer. Aber da so lange alles gut gegangen war, ließen sich ihre Nerven nicht mehr aufstören. Die Agentur war schon nahe.
    Am späten Nachmittag lenkte Queenie in die Straße mit den Vorgärten, den Einfamilienhäusern und den einstöckigen Bürohäusern ein, in denen der Superintendent und seine Verwaltung sowie der Stammesrat und das Stammesgericht arbeiteten. Jetzt waren die Büros allerdings schon geschlossen. Die Straße lag fast leer. Zwei Fußgänger verschwanden auf Nebenwegen. Queenie hatte nicht erkannt, wer es war.
    Als Queenie mit ihrem Wagen an dem kleinen Laden mit dem tönenden Namen »Supermarket« vorbeikam, meldete sich ihr Hunger, und sie erinnerte sich, daß sie etwas Geld bei sich trug. So hielt sie an, schloß den Wagen wieder ab, steckte den Schlüssel zu sich – alles dies mit mehr Bedacht als sonst – und trat ein. Außer ihr befanden sich nur noch drei Kunden in dem Selbstbedienungsladen. Sie nahm einen der Handwagen mit Einkaufskorb, fuhr damit um den einzigen Warenstand herum, bewunderte leckere Dinge und kaufte schließlich etwas tiefgekühltes Fleisch für Eltern und Geschwister und ein Päckchen Vollkornbrot für sich selbst. Als sie bezahlte, begrüßte die Kassiererin sie offensichtlich erfreut. Queenie kannte die Frau an der Kasse flüchtig von früheren Einkäufen her. Sie war eine Weiße, allerdings nur beinahe eine Weiße, da sie ein paar Tropfen Indianerblut in den Adern hatte.
    Als Queenie sich zum Gehen wandte, stockten ihr plötzlich die Glieder und alle Sinne. Sie konnte für eine Sekunde nichts wahrnehmen und nichts denken. Als sie wieder bei sich war, erkannte sie durch die große lichte Scheibe hindurch die Gestalt von Joe King, genannt Stonehorn. Er schaute nicht in den Laden hinein, sondern am Laden vorbei nach Osten, wo die Straße auf einem Hügel zu enden schien und der Himmel darüber

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