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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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hatte ich das Gefühl, daß ich etwas tat, was er mißbilligen würde. Es gefiel mir überhaupt nicht, daß ein harmloses Telefongespräch plötzlich ein solches Abenteuer war.
    »Miß?«
    »Ja?«
    »Luke Casteel hat gerade eine Vorlesung. Sein Mitbewohner sagt jedoch, er würde ihm ausrichten, daß Sie angerufen haben.«
    »Oh, aber… bitte, sagen Sie ihm noch etwas. Bitte«, flehte ich.
    »Ja, natürlich. Was soll ich ihm denn sagen?«
    »Sagen Sie ihm… sagen Sie ihm, daß ich Luke sehr dringend brauche und daß er sofort nach Farthy kommen soll – ganz gleichgültig, was ihm irgend jemand anders erzählt.«
    »Farthy?«
    »Ja, er versteht das schon. Aber vergessen Sie nicht, ihm mitzuteilen, daß er sofort kommen soll. Es ist sehr, sehr wichtig.«
    Ich legte auf. Mein Herz pochte so wild, daß ich glaubte, meine Brust würde zerspringen. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter.
    Ich richtete mich in meinem Rollstuhl auf, holte tief Luft und zwang mich, wieder ruhiger zu werden. Wo war Tony? Er hatte mir gesagt, er würde hier in seinem Büro einige geschäftliche Dinge erledigen. Vielleicht war er zu der Agentur gegangen, um eine neue Krankenschwester zu engagieren. Ich fuhr wieder in den Korridor und lauschte. Es war totenstill.
    Ich bewegte mich zur Eingangstür und öffnete sie. Das Sonnenlicht flutete herein wie eine Woge warmen Wassers.
    Ich blinzelte, dann schloß ich die Augen und ließ mich zurücksinken, als wäre ich an einem Strand. Es war so wundervoll, die frische Luft und die Wärme zu spüren, nachdem ich so lange in meinem Zimmer eingeschlossen gewesen war! Meine Kraft wuchs, und als das Blut rascher in meinen Adern pulsierte, war es mir so, als seien meine Beine wieder gesund.
    Ich richtete mich auf und rollte meinen Stuhl hinaus in den Säulengang. Und da war sie, genau wie Tony sie beschrieben hatte: eine hölzerne Rampe. Aber sie sah entsetzlich steil aus.
    Sollte ich es wagen, ohne Hilfe hinunterzufahren?
    Zaudernd hielt ich inne. Die Worte des Arztes fielen mir ein.
    War ich nicht dabei, mich zu übernehmen? Doch dann, während ich die Rampe noch anstarrte, dachte ich an Luke und seine Worte: »Strebe nach den höchsten Gipfeln.« Sollte ich jetzt etwa umdrehen und niedergeschlagen in mein Zimmer zurückkehren?
    Ich bin stark genug, sagte ich zu mir. Mein Körper würde mich nicht enttäuschen. Langsam näherte ich mich der Rampe.
    Wie laut mein Herz schlug! Aber ich weigerte mich, klein beizugeben. Ich mußte es schaffen.
    Die Räder rollten vorwärts. Direkt vor der Rampe zauderte ich noch einmal und dann… begann ich hinunterzufahren.
    Meine Arme hatten kaum genug Kraft, die Räder unter Kontrolle zu halten. Es war schwieriger, als ich gedacht hatte.
    Doch ich kam wohlbehalten unten auf dem Kiesweg an. Ich hatte es geschafft!
    Ich sah einen Arbeiter am Pool. Er trug einen Gegenstand ins Gartenhaus, der wie ein Liegestuhl aussah. Sonst schien niemand da zu sein. Einige Augenblicke lang starrte ich auf den großen Pavillon und dachte an Luke. Vielleicht war es ein schrecklicher Fehler gewesen, daß ich so häßliche Dinge über ihn gedacht hatte. Hatte ich Drakes Erklärungen zu schnell akzeptiert – daß Luke sich nur deshalb verändert hatte, weil er jetzt auf dem College neue Freunde – und vor allem Mädchen
    – kennenlernte? Er würde sofort hierherkommen, ich wußte es.
    Wie sehr wünschte ich mir, ich würde jetzt auf den Pavillon in Winnerrow blicken und Luke würde dort auf mich warten!
    Ein Stück weit hinter dem Pavillon befand sich der Irrgarten.
    Als ich ihn jetzt aus meiner sitzenden Position heraus sah, erinnerte ich mich daran, was mir Drake über ihn erzählt hatte: Er war ihm so riesig erschienen, als er ihn zum ersten Mal gesehen hatte; damals, als er selbst noch ein kleiner Junge gewesen war. Der Irrgarten wirkte furchteinflößend und geheimnisvoll…
    »Würdest du gerne hineinfahren?« fragte mich plötzlich eine Stimme. Vor Schreck fiel ich beinahe aus meinem Rollstuhl.
    Ich versuchte umzudrehen, um zu sehen, wer da hinter mir stand. Es dauerte einige Zeit, denn der Fremde rührte keinen Finger, um mir zu helfen. Ich fuhr einige Male rückwärts und dann schräg vorwärts, bis ich den Rollstuhl schließlich gewendet hatte. Zuerst sah ich niemanden und dachte schon, ich hätte mir die Stimme nur eingebildet.
    Dann trat er hinter einer hohen Hecke hervor.
    Noch verhüllten Schatten sein Gesicht, doch ich wußte es sofort: Vor mir stand der Mann, der

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