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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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einmal mehr ein großer Bruder für mich gewesen war. Ich hatte ihn an die Glitzerwelt des Reichtums und der Macht verloren.
    Nur wenn ich an Luke dachte, wurden meine Gedanken froh und hoffnungsvoll. Ich würde ihm meine Gefühle und meine Ängste mitteilen. Ob ich wohl zuviel von ihm verlangte? Ob es ihn überfordern würde, für das Wohlergehen und die Sicherheit eines Menschen verantwortlich zu sein, der einsam und verzweifelt war?
    Tante Fanny half mir dabei, in ein Nachthemd zu schlüpfen und mich ins Bett zu legen… in mein eigenes, daunenweiches Bett, dessen Laken nach Flieder duftete. Mrs. Avery kehrte zurück, um meine Sachen aufzuräumen. Dann flatterte sie umher, zog hier etwas glatt, staubte dort etwas ab, bis Tante Fanny sie endlich ermahnte, mir ein wenig Ruhe zu gönnen.
    »Luke und ich werden morgen losziehen und ‘n paar Sachen für dich besorgen. Zum Beispiel so’n hübsches kleines Nachttischchen.«
    »Und eine Gehhilfe. Ich möchte morgen anfangen.«
    »Klar. Also, Liebling, willkommen zu Hause, wo du hingehörst.« Sie küßte mich auf die Stirn und wollte schon gehen.
    »Tante Fanny.«
    »Ja?«
    »Danke, Tante Fanny, daß du mich nach Hause geholt hast.«
    Sie schüttelte den Kopf, und als sie aus dem Zimmer eilte, standen Tränen in ihren Augen.
    Ich starrte auf die Schlafzimmertür, hin- und hergerissen zwischen Erwartung und vergeblicher Hoffnung. Ach, wenn Mammi doch nur noch ein einziges Mal durch diese Tür käme und wir noch einmal wie früher miteinander sprechen könnten!
    Wie sehr sehnte ich mich jetzt danach, von ihr getröstet und ermutigt zu werden! Wenn ich meine Augen schloß, würde ich vielleicht ihre Schritte im Flur und ihr sanftes, freundliches Lachen vernehmen… Und dann würde sie zur Tür herein treten.
    Sie würde die Fenster aufreißen, die Rouleaus hochziehen und rufen: »Steh auf und sei glücklich, daß du lebst und gesund bist. Verschwende keinen Augenblick deines Lebens, denn jeder Augenblick ist ein Geschenk, und du möchtest doch nicht undankbar sein, oder?«
    »O Mutter, aber ich bin doch immer noch gelähmt!«
    »Unsinn«, hörte ich sie sagen. »Du sagst deinen Beinen jetzt, daß sie lange genug Ferien gemacht haben und daß es Zeit ist, wieder an die Arbeit zu gehen!«
    Hörte ich mich da nicht selbst lachen? Ich konnte spüren, wie sie mit ihren Händen über meine Beine strich und ihnen auf magische Weise ihre Kraft zurückgab.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie, als sie sich von meinem Bett erhob. Dann entfernte sie sich und schien zu einem Schatten zu werden… »Mammi? Mam… Mammi!« Sie war
    verschwunden, und die Sonne war von einer riesigen, dunklen Wolke verdeckt. Mein Zimmer war plötzlich fahl und düster; tiefe Schatten hüllten mich ein…
    »Mammi!«
    »Annie?«
    »Was… wer… Luke?«
    Er stand neben meinem Bett.
    »Ist alles mit dir in Ordnung? Ich hörte dich schreien.«
    »O Luke… bitte halt mich, halt mich fest«, schluchzte ich.
    Rasch setzte er sich auf mein Bett und nahm mich in die Arme. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und schluchzte, während er mir zärtlich übers Haar strich und flüsterte: »Es ist alles in Ordnung. Ich bin doch bei dir.«
    Dann spürte ich seine Lippen auf meiner Stirn. Seine tröstenden Küsse und sein warmer Atem auf meinen Wangen lösten in meinen Brüsten ein Prickeln aus. Ich spürte, wie unsere Herzen gegeneinander schlugen…
    »Ich glaube, ich habe einen Alptraum gehabt«, stammelte ich beklommen. »Und als ich aufwachte, dachte ich, Mrs.
    Broadfield würde dastehen. Sie war so häßlich zu mir, Luke!
    Stell dir vor, sie hat mich gezwungen, in kochendheißem Wasser zu baden!«
    Er berührte meinen Hals und nickte.
    »Meine arme Annie. Wie furchtbar mußt du gelitten haben!
    Und ich war nicht an deiner Seite um dir zu helfen. Ich hasse mich dafür, daß ich so dumm war!«
    »Es war nicht deine Schuld, Luke. Du konntest es nicht wissen.«
    Wir hielten uns noch immer eng umschlungen. Schließlich löste er sich von mir und ließ mich sanft in die Kissen sinken.
    »Annie, ich – «
    Ich berührte seine Lippen, und er küßte meine Finger. Mein Blut geriet in Wallung, und mein Herz pochte wild…
    »Ich werde jetzt besser schlafen gehen«, sagte er.
    »Halt! Bleib noch ein Weilchen bei mir. Bleib, bis ich eingeschlafen bin. Bitte!«
    »Also gut. Schließ die Augen.«
    Das tat ich. Er zog die Bettdecke über meinen Busen bis zum Kinn und strich sie glatt. Ich fühlte seine Finger über mein

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