Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
»Aber das… Verdammt. Ihr wollt ihm über zwei Monate Vorsprung hinterherlaufen?« »Menschen verbringen viel Zeit damit, sich nicht zu rühren, Croaker. Schweiger kann das überspringen.«
»Klingt immer noch ziemlich langsam.«
»Ist das Beste, was du kriegen kannst. Falls er nicht zu uns kommt. Und das kann er viel- leicht nicht.«
»Schon gut. Schon gut. Was ist mit dem Schiff?« »Frag den Leutnant. Sehen wir noch einmal nach, ob wir deine verdammten Papiere finden können.«
Es waren keine Papiere da. Einauge konnte nirgends etwas Verborgenes finden. Wenn ich den Papieren nachspüren wollte, würde ich mit der Mannschaft anfangen müssen. Jemand hatte Raven dabei helfen müssen, sie zu verladen. Wir verließen das Schiff. Goblin und Pfandleiher entdeckten einen guten Platz, von dem aus sie es im Auge behalten konnten. Schweiger und Otto nahmen Ravens Fährte auf. Wir ande- ren gingen zurück und weckten den Leutnant. Er hielt die Übernahme des Schiffes für eine gute Idee.
Er hatte Raven nie besonders gemocht. Ich glaube, er wurde nicht nur von praktischen Überlegungen motiviert.

ZWEIUNDVIERZIGSTES KAPITEL
Meadenvil: Der Flüchtling
    Rasch breiteten sich die Gerüchte und die unglaublichen Geschichten durch Meadenvil aus. Innerhalb von Stunden nach seiner Ankunft erfuhr Shed von dem Schiff aus Juniper. Er war wie vom Donner gerührt Die Schwarze Schar geflohen? Von ihren Herren zermalmt? Das ergab keinen Sinn. Was zur Hölle ging dort vor? Seine Mutter. Sal. Seine Freunde. Was war aus ihnen geworden? Wenn auch nur die Hälfte der Geschichte stimmte, dann war Juniper völlig verwüstet. Der Kampf mit der Schwarzen Burg hatte die Stadt ausgelöscht.
Er wollte unbedingt jemanden finden, den er nach seinen Leuten fragen konnte. Er kämpfte den Drang nieder. Er mußte seine Heimat vergessen. So wie er diesen Croaker und seine Ban- de kannte, konnte das alles auch nur ein Trick sein, um ihn hervorzulocken. Einen Tag lang hielt er sich in seiner Mietwohnung versteckt und rang mit sich, bis er sich selbst davon überzeugt hatte, daß er nichts tun sollte. Wenn die Schar sich auf der Flucht be- fand, dann würde sie die Stadt auch wieder verlassen. Und schon bald. Ihre früheren Herren würden nach ihr suchen.
Waren die Unterworfenen vielleicht auch hinter ihm her? Nein. Mit ihm hatten sie keinen Streit. Seine Verbrechen waren ihnen gleichgültig. Nur die Wächter wollten ihn haben… Er dachte an Bullock, der des Mordes an Raven angeklagt war und im Gefängnis verrottete. Das verstand er nun überhaupt nicht, aber er war auch zu nervös, um Nachforschungen an- zustellen. Die Antwort war in der Überlebensgleichung des Marron Shed nicht von Bedeu- tung.
Nach seinem Tag in Klausur wollte er seine Suche nach einem Geschäft wieder aufnehmen. Er hielt nach einer Teilhaberschaft an einer Taverne Ausschau, weil er bei dem bleiben woll- te, was er kannte und konnte.
Es mußte eine Kneipe der besseren Art sein. Eine, die ihn nicht in finanzielle Schwierigkei- ten brachte wie die Lilie. Jedesmal, wenn ihm die Lilie einfiel, durchlitt er Momente des Heimwehs und der Sehnsucht nach den alten Zeiten, Momente der grenzenlosen Einsamkeit. Er war sein Leben lang ein Einzelgänger gewesen, aber niemals allein. Dieses Exil war ange- füllt mit Leid.
Er ging gerade durch eine schmale düstere Straße und stapfte aufwärts durch den Schlamm, den nächtlicher Regen hinterlassen hatte, als etwas, das er aus dem Augenwinkel sah, ihm Kälteschauer in die Tiefen seiner Seele jagte. Er blieb so plötzlich stehen und wirbelte herum, daß er einen anderen Fußgänger zu Boden warf. Während er dem Mann unter einem Strom von Entschuldigungen wieder auf die Beine half, spähte er in den Schatten einer Seitengasse. »Wahrscheinlich spielt mir das schlechte Gewissen Streiche«, murmelte er, nachdem er sich von seinem Opfer abgesetzt hatte. Aber er wußte es besser. Er hatte es gesehen. Hatte gehört, wie leise sein Name gerufen worden war. Er ging zu dem Schlund der Lücke zwischen den Häusern. Aber es hatte nicht auf ihn gewartet.
    Einen Block später lachte er nervös und versuchte sich davon zu überzeugen, daß seine Vor-
stellungskraft ihm doch bloß einen Streich gespielt hatte. Was zur Hölle würden die Burg- kreaturen denn auch in Meadenvil suchen? Sie waren ausgelöscht worden… Aber die Kerle von der Schar, die hierher geflohen waren, wußten das nicht mit Bestimmtheit, oder? Sie wa- ren davongelaufen, bevor die Kämpfe geendet

Weitere Kostenlose Bücher