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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Diesmal bezahlte er und legte für den ersten Becher noch etwas drauf, obwohl das Haus ihm auch die Bezahlung erlassen hätte. Ich hatte den Eindruck, daß die Menschen von Juniper es gewohnt waren, den Wächtern alles zu geben, was sie verlangten. Bullock hatte einfach einen gewissen Sinn für Ethik, jedenfalls soweit es die Menschen im Stiefel betraf. Er wollte ihnen das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin schon war. Ich konnte nicht umhin, ihn in einigen Zügen zu mögen. »Dann willst du die Sache mit Krage also nicht weiter verfolgen, oder?« »Oh, ja. Natürlich. Die Leichen fehlen. Aber das ist nichts Ungewöhnliches. Wenn sie tot sind, tauchen sie wahrscheinlich in ein paar Tagen auf der anderen Seite des Flusses wieder auf. Oder sie kommen hier an und brüllen nach Blut, wenn sie es nicht sind.« Er tippte auf einen Namen auf seiner Liste. »Dieser Kerl hängt in der gleichen Kneipe herum. Vielleicht unterhalte ich mich mal mit diesem Raven, wenn ich schon dort bin.« Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. »Mit wem?« Er sah mich sonderbar an. Ich zwang mich zur Ruhe und zu einer gelassenen Miene. Seine Augenbrauen senkten sich wieder. »Ein Kerl namens Raven. Der Ausländer, der angeblich Streit mit Krage hatte. Hängt in der gleichen Spelunke herum wie der Kerl auf meiner Holz- sammlerliste. Vielleicht werde ich ihm ein paar Fragen stellen.« »Raven. Ungewöhnlicher Name. Was weißt du über ihn?« »Nur, daß er ein Ausländer ist und angeblich auch ein mieser Kunde. Ist schon ein, zwei Jahre hier. Ein typischer Herumtreiber. Hängt mit der Craterbande zusammen.« Bei der Craterbande handelte es sich um die Rebellenflüchtlinge, die sich in Juniper eingeni- stet hatten.
»Tust du mir einen Gefallen? Es ist ziemlich unwahrscheinlich, aber dieser Kerl könnte das Gespenst sein, das ich vor ein paar Tagen gesehen habe. Halte dich von ihm fern. Tu so, als hättest du nie von ihm gehört. Aber verschaff mir eine Beschreibung von ihm. Und stell fest, ob er irgend jemanden bei sich hat.«
Bullock runzelte die Stirn. Die Sache gefiel ihm nicht. »Ist es wichtig?« »Das weiß ich nicht. Es könnte sein.«
»In Ordnung.«
»Wenn es geht, behalte die ganze Sache für dich.« »Der Typ ist dir ziemlich wichtig, he?« »Wenn es der Typ ist, den ich kannte, von dem ich dachte, daß er tot ist, dann ja. Er und ich hatten miteinander zu tun.«
Er lächelte. »Persönliche Angelegenheit?«
    Ich nickte. Ich tastete im dunkeln herum. Und die Dunkelheit hatte Zähne. Wenn das mein
Raven war, dann mußte ich vorsichtig sein. Ich konnte es nicht riskieren, daß er sich in den Schlingen unseres Vorhabens verfing. Er wußte verdammt noch mal viel zuviel. Er konnte dafür sorgen, daß die Hälfte der Offiziere und Unteroffiziere der Schar einer peinlichen Be- fragung unterzogen wurde. Um danach getötet zu werden. Ich kam zu dem Schluß, daß Bullock am ehesten darauf eingehen würde, wenn ich die Sache verschleierte und Raven per Implikation als alten Feind darstellte. Als jemanden, den ich sehr gerne im Dunkeln überfallen würde, der aber in anderer Hinsicht nicht weiter wichtig war. »Schon verstanden«, sagte er. Irgendwie schien er mich jetzt mit anderen Augen anzusehen, als ob er sich darüber freute, daß ich doch nicht so anders war als die anderen. Verdammt, das bin ich auch nicht. Aber die meiste Zeit tue ich gern so, als wäre ich es. Ich sagte zu ihm: »Ich gehe wieder nach Duretile. Muß mit ein paar Kumpels reden.« »Findest du den Weg?«
»Den finde ich. Laß mich wissen, was du herausfindest.« »Mach ich.«
Wir trennten uns. Ich stapfte den Hügel so rasch hinauf, wie vierzig Jahre alte Beine es zu- ließen.
Ich zog Elmo und Goblin auf die Seite, wo uns niemand belauschen konnte. »Wir haben vielleicht ein Problem, Freunde.«
»Was für eins?« wollte Goblin wissen. Er war ganz versessen auf meine Neuigkeiten, seit ich ihn gefunden hatte. Vermutlich sah ich an den Rändern etwas ausgefranst aus. »Im Stiefel ist ein Typ namens Raven tätig. Vor ein paar Tagen, als ich mit Bullock dort war, hab ich einen Kerl gesehen, der aus der Ferne wie unser Raven aussah, aber da hab ich mich nicht weiter darum gekümmert.«
Sie wurden rasch ebenso nervös wie ich. »Bist du sicher, daß er es ist?« fragte Elmo. »Nein. Noch nicht. Sobald ich den Namen Raven gehört habe, bin ich blitzartig verschwun- den. Bullock soll denken, daß es ein alter Feind ist, den ich mit dem Messer punktieren will. Er

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