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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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besuchte Shed einen Bekannten, der sich auf der finsteren Seite des Stiefels betätigte. Für eine gewisse Zuwendung erfuhr er einen Namen. Er suchte den Mann auf, zu dem der Name gehörte und ließ ihn mit zwei Silberstücken zurück. Wieder in der Lilie angekommen, sagte er Lisa, sie sollte ihren besten Kunden erzählen, daß Gilbert sie aus der Lilie vertreiben wollte, indem er Lügen verbreitete und Drohungen aus- stieß. Er wollte, daß der Magistrat späteren Anschuldigungen gegen ihn mit Mißtrauen be- gegnete.
Am Morgen des folgenden Zahltages sagte Shed zu Lisa: »Ich bin den ganzen Tag weg. Falls jemand nach mir sucht, soll er nach dem Abendessen wiederkommen.« »Der Mann, dem ich gefolgt bin?«
»Der besonders.«
Zuerst streunte Shed nur herum und schlug die Zeit tot. Mit der Zeit nahm sein Mut ab. Gil- bert würde ihn durch die Mangel drehen… Aber das würde er doch nicht wagen, oder? Das hätte seinem Ruf geschadet. Sheds Gerüchte hatten ihn in die Defensive gedrängt. Wenn er zu viel Druck machte, würden sich die Leute anderswo Geld borgen. Shed suchte sich eine Frau. Sie war zu teuer, aber sie ließ ihn vergessen. Eine Zeitlang. Bei Sonnenuntergang kehrte er wieder zur Lilie zurück. »War er hier?« fragte er Lisa. »Er kommt auch bald wieder. Er war verärgert. Ich glaube nicht, daß er nett sein wird, Mei- ster Shed.«
»So ist es eben. Ich bin hinten und kümmere mich um den Holzhaufen.« Shed warf einem Kunden, den er noch nie zuvor gesehen hatte, einen kurzen Blick zu. Der Mann nickte und ging durch die Vordertür hinaus.
Im Laternenschein hackte Shed Holz. Ab und zu spähte er in die Schatten, sah nichts. Er be- tete, daß nichts schiefging.
Der Erpresser kam durch die Küchentür gestürmt. »Versuchst du, mir auszuweichen, Shed? Du weißt, was passiert, wenn du dich mit mir anlegst?«
    »Ausweichen? Was meinst du? Ich bin doch hier.«
»Heute nachmittag warst du nicht da. Jetzt macht mir dein Mädchen Schwierigkeiten und versucht, mich abzuwimmeln. Ich mußte ihr fast erst eine kleben, bevor sie mir gesagt hat, wo du bist.«
Sehr einfallsreich. Shed fragte sich, wieviel Lisa wohl vermutete. »Spiel dich nicht so auf. Du willst dein Geld. Ich will deine häßliche Visage von meinem Grund und Boden forthaben. Erledigen wir die Sache.«
Der Erpresser machte ein verdutztes Gesicht. »Du schwingst große Reden? Man hat mir ge- sagt, daß du der größte Feigling im ganzen Stiefel bist.« »Wer hat dir das gesagt? Arbeitest du für jemanden? Dein Ding läuft nicht auf eigene Rech- nung?«
Die Augen des Mannes verengten sich, als er seinen Fehler bemerkte. Shed holte eine Handvoll Kupfer heraus. Er zählte, zählte, zählte noch einmal, steckte ein paar Münzen weg. »Halt deine Hände auf.« Der Erpresser streckte seine hohl aneinandergelegten Hände aus. Shed hatte nicht erwartet, daß es so leicht sein würde. Er ließ die Münzen fallen und packte den Mann an den Handgelenken.
»Hey! Was soll das, verdammt!«
Eine Hand verschloß dem Mann den Mund. Hinter seiner Schulter tauchte ein vor Anstren- gung verzerrtes Gesicht auf. Der Erpresser hob sich auf die Zehen, bog den Rücken durch. Seine Augen weiteten sich vor Angst und Schmerz, rollten dann nach oben. Er sackte nach vorne.
»In Ordnung. Prima. Verschwinde«, sagte Shed. Rasch entfernten sich eilige Schritte.
Shed zerrte die Leiche in den Schatten, bedeckte sie rasch mit Holzspänen, ließ sich dann auf Hände und Knie herunter und machte sich an das Einsammeln der Münzen. Bis auf zwei fand er alle wieder.
»Was macht Ihr denn da, Meister Shed?«
Er zuckte zusammen. »Was machst du hier?« »Ich wollte nachsehen, ob alles in Ordnung ist.« »Mir geht’s gut. Wir hatten uns gestritten. Er hat mir ein paar Münzen aus der Hand ge- schlagen. Ich kann nicht alle finden.«
»Kann ich helfen?«
»Geh wieder an den Tresen, Mädchen. Sonst rauben sie uns aus.«
    »Oh. Sicher.« Sie schlüpfte wieder hinein.
Ein paar Minuten später gab Shed es auf. Er würde morgen weiter suchen. Mit zunehmender Ungeduld wartete Shed ab, bis es Zeit zum Schließen war. Lisa war viel zu neugierig. Er befürchtete, daß sie nach den fehlenden Münzen suchen und die Leiche fin- den würde. Er wollte nicht auch noch ihr Verschwinden auf seinem Gewissen haben. Zwei Minuten nachdem er die Kneipe abgeschlossen hatte, verließ er sie durch die Hintertür und holte seinen Wagen.
    Das lange Wesen war wieder da. Es bezahlte Shed dreißig Silberstücke. Als er den Wagen

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