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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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verpulverte seine Ersparnisse, als kämen sie aus einer Kiste ohne Boden. Seine Kisten leerten sich indes. Zwei Wochen, nachdem er Sue das erste Mal begeg- net war, nahm er einen Kredit bei Gilbert, dem Geldverleiher, auf. Dem folgte ein weiterer Kredit, dann noch einer. Innerhalb eines Monats steckte er tiefer in Schulden, als es während des Winters der Fall gewesen war.
Und es scherte ihn nicht. Die Frau machte ihn glücklich, und damit hatte es sich. Seine nachteiligen Eigenschaften wurden noch verstärkt durch einen Hang zur vorsätzlichen Dummheit und die unbewußte Überzeugung, daß Geld nie wieder zu einem Problem für ihn werden konnte.
Eines Morgens suchte Wallys Frau Sal die Lilie auf. Sie machte ein finsteres und auch leicht beschämtes Gesicht. »Marron«, sagte sie. »Können wir etwas besprechen?« »Was gibt es?«
»Du wolltest uns doch mit der Miete und anderen Dingen aushelfen.« »Sicher. Wo liegt das Problem?«
»Nun, ich will ja nicht undankbar sein, ich habe ja auch nicht das Recht, zu erwarten, daß du uns unterstützt, aber unser Vermieter droht, uns rauszuwerfen, weil die Miete seit zwei Wo- chen nicht bezahlt worden ist. Wir haben keine Arbeit, weil niemand irgendwelche Näharbei- ten braucht.«
»Die Miete ist noch nicht bezahlt? Aber ich war doch gerade erst…« Es war nicht gerade erst gewesen. Er hatte es vergessen. Seine Mutter ebenfalls. In ein paar Tagen waren die Ge- hälter ihrer Bediensteten wieder fällig. Nicht zu vergessen auch das von Lisa. »Ach herrje«, sagte er. »Es tut mir leid. Ich habe es vergessen. Ich kümmere mich darum.« »Shed, du bist gut zu uns gewesen. Das hättest du nicht sein müssen. Es gefällt mir nicht, in was für Schwierigkeiten du hineingerätst.« »Welche Schwierigkeiten?«
»Mit dieser Frau. Sie versucht, dich zu vernichten.« Er war zu verdutzt, um wütend zu werden. »Sue? Warum? Wie denn?« »Gib sie auf. Es tut weniger weh, wenn du Schluß machst. Alle wissen, was sie dir antut.« »Was tut sie denn?« Sheds Stimme wurde weinerlich.
    »Vergiß es. Ich habe schon mehr gesagt, als ich hätte sagen sollen. Wenn es etwas gibt, das
wir für dich tun können, sag uns Bescheid.« »Das werde ich. Das werde ich«, versprach er. Er ging nach oben zu seiner versteckten Geldkiste und stellte fest, daß sie leer war. Im gesamten Haus, weder oben noch unten, war nicht ein Gersh mehr zu finden. Was war hier los? »Lisa. Wo ist das ganze Geld?« »Ich habe es versteckt.«
»Was?«
»Ich habe es versteckt. So wie du dich im Augenblick verhältst, wirst du dieses Geschäft verlieren. Wenn du regelrechte Ausgaben hast, sag mir Bescheid. Ich bezahle sie.« Shed riß die Augen auf. Er stotterte. »Für wen, verdammt, hältst du dich eigentlich, Göre?« »Für die Göre, die dich im Geschäft hält, ob du nun willst oder nicht. Für die Göre, die dich davor bewahren wird, dich mit Gilberts Weibsstück vollständig zum Narren zu machen.« »Gilberts Weibsstück?«
»Ja. Was dachtest du denn, was hier los ist?« »Raus«, fauchte Shed. »Du arbeitest hier nicht mehr.« Lisa zuckte die Achseln. »Wenn es das ist, was du willst.« »Wo ist das Geld?«
»Tut mir leid. Komm zu mir, wenn du wieder bei Verstand bist.« Shed tobte durch den Schankraum. Die Gäste klatschten und feuerten ihn an. Er drohte. Er schmeichelte. Nichts wirkte. Lisa blieb hart. »Es ist meine Familie!« protestierte er. »Geh los und beweise mir, daß diese Frau nicht Gilberts Hure ist. Dann werde ich dir das Geld geben und verschwinden.«
»Das werde ich beweisen.«
»Was ist, wenn ich recht habe?«
»Das hast du nicht. Ich kenne sie.«
»Einen feuchten Kehricht kennst du. Du bist doch total verknallt. Was ist, wenn ich recht habe?«
Er war unfähig, diese Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen. »Mir doch egal.« »In Ordnung. Wenn ich recht habe, dann übernehme ich die Geschäftsführung. Du läßt mich uns wieder aus den Schulden herausziehen.« Shed nickte einmal und stürmte hinaus. Damit setzte er nichts aufs Spiel. Sie irrte sich.
    Welches Spiel spielte sie eigentlich? Sie verhielt sich, als sei sie seine Teilhaberin oder so
etwas. Genau wie seine Mutter, als sein Vater gestorben war und bevor sie ihr Augenlicht ver- loren hatte. Behandelte ihn, als ob er nicht zweimal soviel Geschäfts- oder Lebenserfahrung hätte wie sie.
Eine halbe Stunde lang wanderte er umher. Als er wieder aus seiner Niedergeschlagenheit auftauchte, bemerkte er, daß er sich in der Nähe der

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