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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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einem Gegenschlag arbeitete.
Lebendig begraben zu sein und nichts tun zu können, als Wünsche zu hegen und auf Diener
    zu hoffen, die weit außerhalb der unmittelbaren Einflußnahme stehen, muß die Hölle sein.
Eine solche Ohnmacht würde mich innerhalb von Stunden vernichten. Ich erzählte dem Leutnant von Sheds Flucht. Er regte sich nicht darüber auf. Shed bedeutete ihm wenig. Er wußte nichts von Raven und Darling. Für ihn war Raven ein Deserteur und Darling seine Hure. Nichts Besonderes. Ich wollte, daß er über Shed Bescheid wußte, damit er es beim Hauptmann erwähnte. Der Hauptmann wollte vielleicht Maßnahmen ergreifen, die über meine Empfehlung an Elmo hinausgingen. Eine Zeitlang blieb ich bei dem Leutnant stehen, während er die Arbeitsgruppen beobachtete und ich einen Wagenzug bemerkte, der sich den Hügel hinaufbewegte. Darin war wahrschein- lich unser Abendessen. »Allmählich habe ich von kalten Mahlzeiten die Schnauze voll«, brummte ich.
»Ich sag dir, was du tun solltest, Croaker. Du solltest heiraten und dich zur Ruhe setzen.« »Na klar«, erwiderte ich mit größerem Sarkasmus in der Stimme, als ich tatsächlich emp- fand. »Vermutlich gleich nach dir.«
»Nein, wirklich. Das hier ist vielleicht genau der richtige Ort. Du machst eine Praxis für die Reichen auf. Zum Beispiel für die Familie des Herzogs. Wenn dann deine Freundin hier ein- trifft, stellst du ihr die Frage aller Fragen, und dann sitzt du im warmen Nest.« Eismesser fuhren in meine Seele und schnitten darin herum. Ich krächzte: »Freundin?« Er grinste. »Natürlich. Hat dir das niemand gesagt? Sie kommt für das große Feuerwerk her. Kümmert sich persönlich darum. Das ist deine gro- ße Chance.«
Meine große Chance. Aber für was?
Er sprach natürlich von der Lady. Es lag schon Jahre zurück, aber sie zogen mich immer noch mit einigen romantischen Geschichten auf, die ich geschrieben hatte, bevor ich der Lady persönlich begegnet war. Sie ziehen dich mit allem auf, wovon sie wissen, daß es dich ärgert. Gehört alles zum Spiel.
Zur Bruderschaft.
Ich konnte darauf wetten, daß der Hurensohn sich ins Fäustchen lachte, seit er die Nachricht gehört und genüßlich gewartet hatte, sie mir aufzutischen. Die Lady. Auf dem Weg nach Juniper.
Ich dachte allen Ernstes ans Desertieren. Solange noch ein oder zwei Schiffe im Hafen lagen.

SECHSUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Juniper: Feuerwerk
    Die Burg wiegte uns in Sicherheit. Sie ließ uns glauben, daß wir die Tür ohne einen Mucks zuschlagen konnten. Zwei Tage lang hackten die Arbeitstruppen auf den Nordgrat ein, hoben einen schönen tiefen Graben aus, droschen einen netten Anfang für einen Tunnel aus der Wand. Dann ließen die Burgbewohner uns ihren Unmut wissen. Es war ein bißchen chaotisch und ziemlich haarig, und im Rückblick betrachtet mag es nicht als das angefangen haben, was später daraus wurde. Es war eine mondlose Nacht, aber die Mannschaften arbeiteten bei Feuerschein, Fackellicht, Laternenlicht. An den Stellen, wo Graben und Palisade bereits fertig waren, hatte der Leut- nant alle hundert Fuß Holztürme errichten lassen und daneben kleine Katapulte aufgestellt, um sie darauf zu hieven. Ich hielt das für Zeitverschwendung. Welchen Wert hatte gewöhnli- che Belagerungsausrüstung gegen die Untergebenen des Dominators? Aber der Leutnant war unser Belagerungsspezialist. Er war entschlossen, die Dinge nach allen Regeln der Kunst durchzuziehen, selbst wenn die Katapulte niemals zum Einsatz kamen. Sie mußten zur Verfü- gung stehen.
In den schon fast fertigen Türmen hielten sich Angehörige der Schar mit guten Augen auf und versuchten in die Burg zu spähen. Einer stellte fest, daß sich am Tor etwas rührte. Statt ein großes Trara zu machen, gab er eine Nachricht nach unten weiter. Der Leutnant stieg in den Turm hinauf. Er kam zu dem Schluß, daß jemand die Burg verlassen hatte und sich jetzt zu Einauges Seite schlich. Er ließ Trommeln schlagen, Trompeten blasen und Feuerpfeile in die Luft schießen.
Der Alarm weckte mich auf. Ich rannte nach oben, um zu sehen, was los war. Eine Zeitlang gab es nichts zu sehen. Auf der anderen Hangseite standen Einauge und Shaky bereit. Ihre Arbeiter gerieten in Panik. Viele wurden getötet oder verletzt, als sie über den buschbewach- senen steilen Geröllhang zu fliehen versuchten. Die wenigsten hatten genug Verstand, um zu bleiben, wo sie waren.
Die Burgleute wollten einen raschen Ausfall unternehmen, sich ein paar von Einauges Ar-

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