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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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gesehen. »Sal.«
»Marron? Ist es soweit?«
»Ja. Ich habe zwanzig Leva in der Kiste gelassen. Damit kommst du gut zurecht, solange die Soldaten weiter zu uns kommen.«
»Ist das da oben die schlimme Sache, die du gemeint hast?« »Darauf lief es hinaus. Wahrscheinlich wird es noch schlimmer werden. Sie sind hier, um die Burg zu vernichten. Falls sie das können.« »Wohin gehst du?«
»Ich weiß es nicht.« Er wußte es wirklich nicht. »Wenn ich es wüßte, würde ich es dir nicht sagen. Sie würden es von dir erfahren können.« »Wann kommst du zurück?«
»Vielleicht nie. Ganz sicher nicht, bevor sie abgezogen sind.« Er bezweifelte, daß die Schar jemals abziehen würde. Oder falls doch, dann würde Ersatz eintreffen. Ihre Lady schien nicht zu der Sorte zu gehören, die irgend etwas wieder aus der Hand gab. Er gab Sal einen Kuß auf die Wange. »Paß auf dich auf. Und laß es dir und den Kindern gut- gehen. Wenn Lisa wieder auftaucht, sag ihr, daß sie gefeuert ist. Wenn Wally wieder auf- taucht, sag ihm, daß ich ihm verziehen habe.« Er ging zur Hintertür. Auf dem Hang tobten Blitz und Donner weiter. Einmal war ein Heu- len zu hören, das auf Duretile zuhallte, aber irgendwo über der Einfriedung erstarb es. Er zog den Kopf ein und den Kragen in die Höhe und lief durch schmale Gassen bis zum Hafen. Nur zweimal begegnete er Streifen. Bei keiner war jemand dabei, der ihn kannte. Die erste achtete nicht auf ihn. Der Feldwebel, der die zweite Streife anführte, befahl ihm, seinen Hin- tern von der Straße fortzuschaffen, und marschierte weiter. Von der Werftstraße aus konnte er die Schwarze Burg durch die Masten und Stangen zahllo- ser Schiffe wieder sehen. Sie schien bei dem Kampf, der mittlerweile abgeflaut war, den schlimmeren Schaden davongetragen zu haben. Aus der Festung quoll dicker schwarzer Rauch, der in einer schmierigen, leicht geneigten Säule mehrere tausend Fuß in die Höhe stieg und sich dort als grauer Dunst ausbreitete. An den Hängen unterhalb der Burg war Aufblitzen und Gewimmel wie bei einem Ameisenhügel auszumachen. Er vermutete, daß die Schar vor- rückte.
Der Hafen befand sich in Aufruhr. Ein Dutzend Schiffe hatten abgelegt und fuhren durch den Kanal hinaus. Jedes zweite Ausländerschiff setzte die Segel. Der Fluß selbst machte einen sonderbar unruhigen, gischtigen Eindruck.
    Shed versuchte es bei drei Schiffen, bevor er eins fand, auf dem Geld laut genug sprach, um
Gehör zu finden. Einem geldgierigen Zahlmeister drückte er zehn Leva in die Hand und such- te sich einen Platz auf Deck, wo er von der Küste aus nicht zu sehen war. Und trotzdem – als die Mannschaft die Leinen löste, kam der Mann namens Pfandleiher mit einem Soldatentrupp über den Anleger gerannt und brüllte dem Schiffsherrn zu, daß er anhal- ten sollte.
Der Kapitän machte eine obszöne Geste, sagte ihnen, wohin sie sich ihren Wunsch stecken könnten, und steuerte das Schiff in die Strömung. Für die Schiffe, die auslaufen wollten, wa- ren nicht genug Schlepper vorhanden.
Für seine Starrköpfigkeit bekam der Skipper einen Pfeil durch die Kehle. Verdatterte Matro- sen und Offiziere hielten schreckerstarrt inne. Pfeilsalven sausten heran und töteten mehr als ein Dutzend Männer, darunter den Maat und den Bootsmann. Shed krümmte sich in seinem Versteck zusammen. Noch nie hatte er solches Entsetzen empfunden. Er hatte gewußt, daß sie harte Männer waren, Männer, die keine Spielchen machten. Er hatte nicht begriffen, wie hart sie wirklich waren, wie rücksichtslos sie sein konnten. Die Männer des Herzogs hätten resigniert abgewunken und wären fluchend davongegangen. Sie hätten kein Massaker angerichtet.
Immer wieder schlugen Pfeile ein, bis das Schiff außer Reichweite war. Erst dann steckte Shed den Kopf aus seinem Versteck und sah die Stadt langsam kleiner werden. Viel zu langsam wurde sie kleiner. Zu seinem Erstaunen war keiner der Seeleute wütend auf ihn. Wütend waren sie zwar schon, aber sie hatten keine Verbindung zwischen dem Angriff und ihrem kurz zuvor erschienenen Passagier hergestellt.
In Sicherheit, dachte er erleichtert. Die Erleichterung hielt so lange an, bis er darüber nach- zudenken begann, wohin sie eigentlich fuhren und was er tun würde, sobald sie dort ankamen. Ein Matrose rief: »Herr, sie kommen uns in einem Boot hinterher.« Sheds Herz rutschte ihm in die Kniekehlen. Er spähte aus und sah ein kleines Schiff ablegen, das gerade Segel setzen ließ. Männer in den Uniformen der

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