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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Gesichtszügen gestraft ist.
    Zweifellos ein ansprechendes Szenario. Es ließ Fragen offen, das stimmte. Wie kamen sie an das Lösegeld, wo sie doch in der Dunkelheit herumstolperten und versuchten, die tote Frau zu finden, die die Tasche trug? Wie konnten sie die Peilsender überlisten, die die Polizisten zwischen dem Lösegeld versteckt hatten? Wie schafften sie es, im Boot zu fliehen, ohne vom Hubschrauber aus entdeckt zu werden? Wie konnten zwei Kunststudenten sich damals Zugriff auf ein Gewehr verschaffen? Alles gute Fragen, aber sie war sicher, dass sie irgendwie mit ihnen fertig werden würde. Sie musste es schaffen. Diese Geschichte war zu gut, um sie sich wegen ein paar schwierigen Details durch die Lappen gehen zu lassen.
    Sie hatte von Anfang an geahnt, dass sie einer guten Sache auf der Spur war mit ihrem exklusiven Draht zu Brodie Grant, aber das hier war unendlich viel besser, als sie gehofft hatte. Mit einer solchen Story würde sie sich einen Namen machen. Sie würde sie bekannt machen als eine der wenigen Journalistinnen, deren Namen als einziger für eine Story stand. Stanley für die Entdeckung von Dr.Livingstone. Woodward und Bernstein für Watergate. Max Hastings für die Befreiung von Port Stanley. Jetzt würde man Annabel Richmond und das Aufspüren von Adam Maclennan Grant hinzufügen können.
    In der Geschichte gab es zu diesem Zeitpunkt noch jede Menge Lücken, aber die konnten später ausgefüllt werden. Bel musste zunächst diesen jungen Mann ausfindig machen, der unter dem Namen Gabriel Porteous bekannt war. Mit oder ohne seine Mitwirkung würde sie eine DNA -Probe von ihm nehmen, damit Brodie Grant feststellen konnte, ob dies wirklich sein verlorener Enkel war. Und dann war ihr Ruhm gesichert. Features in Zeitungen, ein Buch, vielleicht sogar ein Film. Es war einfach wunderbar.
    Das Büro des Immobilienmaklers war versteckt in einer Seitenstraße nicht weit von der Via Nuova. Im Fenster lagen viele DIN -A4-Blätter mit Fotos und ein paar Angaben zu jedem Anwesen. Die Porteous-Villa war darunter, aber Räume und Einrichtung wurden ohne weiteren Kommentar aufgelistet. Bel stieß die Tür auf und stand in einem kleinen grauen Büro. Graue Aktenschränke, grauer Teppich, helle Wände, graue Schreibtische. Die einzige anwesende Person, eine Frau in den Dreißigern, war dagegen ein Paradiesvogel. Ihre rote Bluse und die Türkiskette leuchteten farbenfroh und zogen den Blick auf ihre dunkle Mähne und ihr perfekt geschminktes Gesicht. Sie machte jedenfalls das Beste aus dem, was sie hatte, dachte Bel, während sie Nettigkeiten austauschten.
    »Ich komme leider nicht als Käuferin von Immobilien in Frage«, erklärte Bel mit einer bedauernden Geste. »Ich versuche, den Besitzer eines Hauses in Costalpino, das Sie zum Verkauf anbieten, zu kontaktieren. Ich bin eine alte Freundin von Gabriel Porteous’ Vater, Daniel. Leider war ich in Australien, als Daniel starb. Jetzt halte ich mich wieder eine Weile in Italien auf und wollte Gabriel besuchen, um ihm mein Beileid auszusprechen. Ist es möglich, dass Sie mich mit ihm in Verbindung setzen?«
    Die Frau rollte mit den Augen. »Es tut mir wirklich leid. Aber das kann ich nicht.«
    Bel griff nach ihrer Börse. »Ich könnte Ihnen Ihre Zeit vergüten«, bot sie an, indem sie sich der traditionellen Floskel für Schmiergeld bediente.
    »Nein, nein, das ist es nicht«, wehrte die Frau ab, nicht im Mindesten beleidigt. »Wenn ich sage, ich kann nicht, dann meine ich das genau so. Nicht dass ich es nicht tun würde. Ich kann nicht.« Sie klang genervt. »Es ist sehr ungewöhnlich. Ich habe weder eine Post- noch eine E-Mail-Adresse von Signor Porteous. Nicht einmal eine Handynummer. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass das sehr ungewöhnlich ist, und er sagte, das sei er schließlich auch. Er erklärte, jetzt, da sein Vater tot sei, wolle er reisen und dabei nicht an seine Vergangenheit gebunden sein.« Sie setzte ein ironisches Lächeln auf. »Junge Männer finden so was ja sehr romantisch.«
    »Und wir anderen finden es unmöglich egoistisch«, ergänzte Bel. »Gabriel hatte immer schon seinen eigenen Kopf. Aber wie sollen Sie denn das Haus verkaufen, wenn Sie keinen Kontakt mit ihm aufnehmen können? Wie kann er einem Verkauf zustimmen?«
    Die Frau breitete die Hände aus. »Er ruft uns jeden Montag an. Ich habe ihn gefragt: ›Was, wenn jemand an einem Dienstagvormittag mit einem Angebot kommt?‹ Er antwortete: ›Früher mussten die Leute auf

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