Nacht
lieber bleiben. Weil ich ihn aber auch nicht mitnehmen wollte, steckte ich ihn in das trocken gebliebene Hosenbein und versteckte ihn im Gebüsch neben dem Haus.
Das war so ziemlich das Ende der Aufräumarbeiten.
Tony kehrt heim
Noch nass vom Abspritzen, klebten mir Tonys Jeans und Hemd auf der Haut. Nachdem ich auch noch in seine Slipper geschlüpft war, stieg ich ins Auto.
Es startete sofort, und ich musste etwas rangieren, bis die Kühlerhaube zur Straße zeigte.
Bevor ich die Ausfahrt verließ, blickte ich mich noch einmal um.
Der Rasen sah okay aus.
Bei Tageslicht würde die Stunde der Wahrheit schlagen, aber ich hatte schließlich vor, gleich nach Sonnenaufgang das Gelände noch einmal gründlich abzusuchen und alle Spuren, die dann noch zu sehen waren, zu beseitigen.
Ich war müde, aber zufrieden. Das Schlimmste hatte ich hinter mir, und meine Aufgabe war fast schon erledigt. Ich fuhr los und bog nach links auf die Landstraße ab.
Weil weit und breit kein anderes Auto in Sicht war, schaltete ich die Scheinwerfer nicht ein. Das Mondlicht war hell genug, um die Straße zu sehen, und die durch das offene Fenster hereinströmende Nachtluft fühlte sich großartig an und roch einfach herrlich: süß und feucht und ein wenig nach Wald.
Beinahe hätte ich das Radio angemacht. Es wäre wirklich angenehm gewesen, mit einem sommerlichen Song im Ohr durch die Dunkelheit zu gleiten, aber irgendwie passte das doch nicht zu meiner Mission. Und so lauschte ich stattdessen den Geräuschen des Motors und der Reifen und dem Brausen des Fahrtwindes.
Es war so schön, dass ich direkt Lust bekam, jede Nacht so spazieren zu fahren – wenn auch nicht unbedingt mit einer zerstückelten Leiche im Kofferraum.
Einfach
im
Mondschein
die
verlassenen
Landstraßen
entlangrollen, die Düfte der Nacht riechen, den Wind auf meinem Gesicht spüren. Ziellos ins Blaue fahren, und zwar ohne dieses kleine, kribblige Angstgefühl, das ich jetzt tief im Inneren spürte.
Oder war es gerade dieses Angstgefühl, das meiner Reise erst das gewisse Etwas gab?
Manchmal liegen Angst und Euphorie nah beieinander.
Wie auch immer, der schöne Teil des Wegs dauerte nur ein paar Minuten. Als ich die Stadtgrenze erreichte, musste ich langsamer fahren und die Scheinwerfer einschalten. Die Little Oak Lane vermutete ich im neuen Wohngebiet auf der anderen Seite der Stadt.
Hätte ich nicht in Tonys Auto gesessen (mit Tony im Kofferraum), wäre ich auf der Central Street quer durch die Stadtmitte von ehester gefahren. (Den Namen ehester habe ich der Stadt zu Ehren des hinkenden ehester aus »Rauchende Colts« gegeben. Damit will ich zum Ausdruck bringen, was für ein schrecklich lahmes Kaff sie doch ist.)
Die Innenstadt strotzt nicht gerade vor Sehenswürdigkeiten und besteht genau genommen nur aus fünf Häuserblöcken rechts und links der Central Street. Aus irgendwelchen mir schleierhaften Gründen ist die Straße tagsüber ziemlich belebt. Eigentlich möchte man nicht glauben, dass so viele Leute billige Lampen oder irgendwelche spießigen Schuhe kaufen wollen. Ich jedenfalls fahre, wenn ich vernünftig einkaufen will, woandershin. Zu Ralph’s Supermarkt zum Beispiel, oder zum Wal‐Mart oder zum Home Depot im Einkaufszentrum, das weit draußen vor der Stadt liegt.
Jetzt, in den frühen Morgenstunden, war die Central Street zwar gut beleuchtet, aber fast leer. Trotzdem sah ich ungefähr ein Dutzend geparkte Autos, und zwei oder drei Fußgänger, die wohl aus einem Nachtlokal kamen. Und dann kam mir sogar ein Auto entgegen.
An der nächsten Kreuzung bog ich von der Hauptstraße ab.
In den Nebenstraßen hatten keinen Lokale mehr offen. Weder Fußgänger noch Autos waren unterwegs. Und wenn sich zwischen den Häusern etwas bewegte, war es eine Katze, die ihre nächtlichen Runden durchs Revier drehte.
Eigentlich hatte ich nur vor einem Angst: Dass jemand Tonys Auto erkennen und sich später daran erinnern würde, dass ich am Steuer gesessen hatte.
Beides geschah – soweit ich das beurteilen konnte – auf meinem Weg durch die Stadt aber nicht.
Ein paarmal, wenn mir ein Auto entgegenkam, bog ich rasch in eine Seitenstraße ab, und einmal stellte ich den Wagen sogar in eine Parklücke, schaltete das Licht aus und duckte mich, bis das Fahrzeug an mir vorbeigefahren war.
Als mir ein nächtlicher Jogger entgegenkam, drehte ich mein Gesicht weg, und an einer Kreuzung musste ich anhalten, weil eine zerzauste Stadtstreicherin ihren mit leeren
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