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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Wohnanlage hatte garantiert keinen Swimmingpool.
    Hübsch war er nicht gerade, aber er hatte ein freundliches Lächeln, und außerdem gefiel mir das verschmitzte Funkeln in seinen Augen.
    »Ich heiße Fran Johnson«, sagte ich und streckte ihm die Hand hin.
    »Murphy Scott.« Er nahm die Hand und drückte sie so herzlich, als ob wir alte Freunde wären. »Nett, Sie kennenzulernen, Fran. Darf ich fragen, was Sie so früh am Morgen hierherführt?«
    »Ich suche nach meinem Freund. Sein Name ist Tony Romano.
    Kennen Sie ihn vielleicht?«
    »Klar kenne ich Tony.«
    »Er wohnt doch hier, oder?«
    »Ja, aber noch nicht lange. Ich habe ihm erst am Samstag beim Einzug geholfen. Wohnung Nummer sechs, gleich da drüben.«
    Er nickte, und ich murmelte: »Ja, richtig. Nummer sechs, das hat Tony mir gesagt.« Ich blickte über die Schulter zu den Türen auf der anderen Seite des Rasens. Nummer sechs war eine von den dreien, vor denen ein Exemplar der Tribüne lag.
    Ich blickte wieder zu Murphy und sagte: »Nun, Tony ist … wissen Sie, ich mache mir Sorgen um ihn. Wir waren heute eigentlich zum Frühstück verabredet, aber er ist nicht gekommen. Ich habe eine Stunde lang auf ihn gewartet.«
    Murphy runzelte kopfschüttelnd die Stirn.
    »Haben Sie ihn heute früh vielleicht gesehen?«
    »Nein. Aber ich bin eben erst aufgestanden.«
    »Ich habe ihn vor ein paar Minuten angerufen, aber nur seinen Anrufbeantworter erwischt.«
    »Vielleicht geht er nicht ran.«
    »Aber ich habe gesagt, dass ich es bin, und er hat immer noch nicht abgehoben.«
    »Könnte es nicht sein, dass er so früh am Morgen noch ein wenig indisponiert war? So was kommt vor. Vielleicht stand er auch gerade unter der Dusche.«
    »Kann sein, aber …«
    »Es gibt unzählige Gründe für so was«, meinte Murphy und fügte mit einem dümmlichen Grinsen hinzu: »Manchmal ist ein Mann eben …« Er zuckte mit den Schultern. »Sie hatten nicht vielleicht einen Krach?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ist alles in bester Ordnung zwischen uns.

    Meines Wissens zumindest. Sonst hätten wir uns ja nicht zum Frühstück verabredet.«
    Murphy blickte an mir vorbei zu Tonys Wohnungstür und sagte:
    »Vielleicht hat er schlicht und ergreifend verschlafen. Er hat ja noch nicht einmal die Zeitung hereingeholt.«
    »Aber das Telefon hätte ihn doch wecken müssen.«
    »Warum gehen Sie nicht hinüber und klingeln ein paarmal bei ihm?«, schlug Murphy vor.
    »Das habe ich schon getan, aber ich kann es ja noch einmal probieren …«
    Ich ließ Murphy an seiner Tür stehen und ging hinüber zu Tonys Wohnung, wo ich mir dem Knöchel auf die Klingel drückte. Das Schrillen der Glocke ließ mich erschaudern.
    Wenn er nun an die Tür kommt und mir aufmacht?
    In seinem Zustand?
    Aber vielleicht machte ja jemand anderer auf.
    Ein Polizist. Ein Freund. Ein Zwillingsbruder.
    Mach dich auf alles gefasst. Und verlier bloß nicht die Nerven.
    Die Tür blieb zu.
    Ich klingelte noch ein paarmal, bevor ich mich umdrehte und wieder zurück zu Murphy ging. Als ich mich ihm näherte, musterte er mich von Kopf bis Fuß.
    Normalerweise mag ich es nicht, wenn ein Mann so was tut.
    Die meisten Männer sind Schweine.
    Bei Murphy machte es mir nichts aus. Ich kannte ihn zwar kaum, aber er kam mir nicht wie ein Arschloch vor. Außerdem schien ihm das, was er sah, zu gefallen, und das konnte ich ihm nicht verübeln.
    Anstatt der Bluse hätte ich eigentlich lieber ein bauchfreies Top angezogen, aber das ging nicht wegen der Wunde über dem Nabel.
    Um die Sache wenigstens ein bisschen interessant zu machen, hatte ich die obersten paar Knöpfe der Bluse offen gelassen, sodass man ziemlich viel vom Brustansatz sah.
    Weil ich wegen meiner verkratzten Beine nicht meine knappen, knallengen Shorts tragen konnte, hatte ich mich für einen etwas längeren, dunkelgrünen Rock entschieden, der an einer Seite geschlitzt und aus so dünnem Stoff war, dass man in Gegenlicht meine Beine erahnen konnte.
    Meine ganze Aufmachung war darauf ausgelegt, die Blicke der Männer anzuziehen und sie gleichzeitig vom Wesentlichen abzulenken. Wenn sie später jemand nach mir fragte, würden Sie sich nicht an die eher unscheinbare Alice erinnern, sondern an eine aufgetakelte, grell geschminkte Rothaarige mit langen Beinen und tollem Busen.
    Meine Schuhe passten allerdings nicht so ganz zu meinem Outfit.
    Eigentlich hätte ich irgendwelche Pumps aus Goldlamee oder Schlangenleder gebraucht, aber ich hatte mir für den Fall, dass ich rasch von

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