Nachtblind
Steuerveranlagung gegenüber dem Staat Minnesota bezeichnet er sich jedoch als Appartement-Verwalter, nicht als Besitzer. Ich habe alle seine Steuererklärungen durchgesehen; vor neun Jahren wurde er mit zweiundzwanzigtausend veranlagt, inzwischen sind es neunzigtausend, aber er ist hier bei uns nicht als Eigentümer der Appartementhäuser eingetragen. Das muss er auch nicht, weil sie als Besitz der Immobilienfirma in Florida registriert sind.«
»Das klingt verdammt gut«, sagte Lucas.
Del nickte. »Anlage des Drogengeldes. Aber ich frage mich, warum er noch Stoff verkauft, obwohl er die Häuser besitzt.«
»Er hat sie nach und nach über diese Firma als Strohmann angeschafft«, sagte Lane. »Er kann mit dem Dealen noch nicht aufhören. Wahrscheinlich hat Rodriguez einen hochkarätigen Kumpel bei der Bank, der weiß, dass er ein zusätzliches Einkommen hat, denn er hat den Kauf des ersten Appartementhauses mit einer Barzahlung über diese Bank abgewickelt, und kein Mensch hat damals irgendwelche Fragen gestellt. Das Nettoeinkommen aus diesem ersten Haus hat er dann zur Finanzierung des zweiten verwendet, eine Weile eine Hypothek abbezahlt, dann das Einkommen aus den beiden Häusern zum Kauf des dritten eingesetzt, das Einkommen aus den drei Häusern fürs nächste, und so ging es weiter, bis er dort angekommen war, wo er jetzt ist – bei zwölf Appartementgebäuden. Der veranschlagte Gesamtwert beträgt neun Komma fünf Millionen Dollar, aber bei einem Verkauf könnte er zwölf oder dreizehn dafür kriegen. An eigenem Geld hat er rund eine Million reingesteckt.«
»Aber die Mieteinnahmen decken die Hypothekenzahlungen nicht ab?«
»Oh, im Allgemeinen schon, solange keine Appartements leer stehen«, antwortete Lane. »Aber man kommt kaum mal auf eine hundertprozentige Belegung – jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum. Rodriguez macht das so: Wenn jemand auszieht, gleicht er die Miete gegenüber der Firma in Miami mit seinem Drogengeld aus, bis er einen neuen Mieter gefunden hat. Und ich wette, er lässt die Wartungsarbeiten und Reparaturen an den Häusern von Schwarzarbeitern erledigen, die er in Cash bezahlt. So bleibt sein Drogengeld unentdeckt, und er braucht sich nicht um eine andere Art der Geldwäsche zu kümmern.«
»Und er wird aus Florida als Appartementverwalter bezahlt, und um die Besitzverhältnisse kümmert sich hier in Minnesota keine Sau«, sagte Del.
»So ist es«, bestätigte Lane. »Er bezahlt korrekt seine Steuern aus seinem Verwaltungseinkommen, ist in dieser Hinsicht absolut sauber. Noch ein paar Jahre, dann kann er alles verkaufen. Muss ein paar Kapitalertragssteuern bezahlen, aber er ist Multimillionär.«
»Was passiert, wenn er aufhört zu dealen?«, fragte Lucas.
»Das kann er nicht machen«, antwortete Lane. »Er braucht eine hundertprozentige Belegung der Appartements, um die Finanzierungskosten zu decken, und da das nicht zu erreichen ist, muss er die Miete für leer stehende Appartements selbst weiterzahlen.«
»Komisch, dass niemand hinter diese Schwindelkonstruktion gekommen ist«, sagte Lucas.
»Wie soll man denn dahinter kommen?«, fragte Lane.
Lucas und Del sahen sich an, dachten einen Moment nach, dann zuckte Lucas die Schultern. »Ich weiß es nicht.«
»Ich habe mit ein paar Leuten vom Finanzamt gesprochen, und sie können es auf Anhieb auch nicht sagen.«
Und Del sagte: »Wisst ihr, an was mich das erinnert? An die Pornohäuser von Namiami Entertainment.«
Namiami Entertainment war eine Firma in Naples, Florida, die mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung stand. Sie hatte drei Pornokinos in Minneapolis/St. Paul gekauft. Das kam den Zwillingsstädten durchaus gelegen, da die Firma Geschäftsbedingungen akzeptierte, die weitaus restriktiver waren als bei den vorherigen Besitzern. Namiami hatte die billigen Peep-Buden abgeschafft, den Verkauf von Sexartikeln eingestellt, die Reklametafeln außen an den Gebäuden entfernt, und so passten sich die Gebäude unauffällig in die respektable Nachbarschaft ein, auch wenn man drinnen weiterhin Pornofilme zeigte. Es dauerte einige Jahre, bis das Finanzamt dann doch neugierig wurde, wie Namiami es schaffte, eine Zuschauer auslastung von siebzig bis achtzig Prozent bei den Filmvorführungen zu erzielen; eine kleine Untersuchung ergab, dass die Auslastung eher zehn Prozent betrug. Es stellte sich heraus, dass die Kinos als exzellente Einrichtungen zur Geldwäsche gedient hatten, indem man dem Finanzamt
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